Nürnberg den 14 April 1831.
Mein lieber Carl.
So wie es mir überhaupt ein unbeschreiblich wohlthuendes Gefühl ist, mich von den Meinen geliebt zu wißen, so ist mir auch jeder Beweis davon eine wahre Freude – und so war’s mir auch Dein und des lieben Emanuels Brief. Wenn ich – und wie das so oft geschieht – an Euch meine lieben Enkel denke, so vermiße ich recht schmerzlich Euer liebes Bild welches wenn ich es nach dem was ich an Euch kannte, auch noch so in die Länge ziehe, mich doch im Zweiffel läst, ob die ausgebildetern Züge nicht ein ganz Anderes geben. Dießen Mangel mein lieber Carl wünschte ich bald ergänzt zu wißen; und wenn ich gleich | die liebe Mutter nicht bereden will, den Sommer statt mit Euch im Garten in Beringersdorf zuzubringen; so will ich Dir mein lieber Carl meine Einladung für den Herbst, für Vater und Mutter, und für die beiden lieben Söhne recht an’s Herz legen. Dir mein guter fleißiger Sohn wird der Gartenauffenthalt von besonderm Nutzen seyn, weil er Dir den Vortheil einer täglichen, Dir gewiß recht nothwendigen Bewegung gewähren wird.
Von Deinem Fleiß, von Deinem ernsten regen Streben in die Wißenschaft einzudringen höre ich recht viel Gutes und wie innig ich darüber erfreut bin, kann ich Dir nicht genug beschreiben. Ich wünschte Dir meine Freude | so recht ausdrücken, Dir gleichsam in’s Herz reden zu können, damit Du auch meiner Sorge daneben gedächtest, ob Du nicht vertieft in’s Lernen Deine Gesundheit darüber vernachläßigst, durch das viele Sitzen, durch Mangel an der dem jugendlichen Körper so nöthigen Bewegung Anlas zu Unterleibsbeschwerden giebst, welche später von den übelsten Folgen seyn und einem das Leben recht verbittern können. – Vergiß nicht mein lieber Carl daß Du nur dann mit Freuden ernden wirst, was Du jetzt säest, wenn Du gesund bist. Gesundheit ist die Hauptbedingung unter welcher man nur glücklich seyn kann. Der schönste, beste, glänzendste Erfolg des Wißens, kan den körperlich Leidenden nicht froh und glücklich machen; eben so wenig wie Geld und Ehre | ohne Gesundheit. Nimm mir diese meine treue Mahnung nicht übel, möchtest Du sie aus Liebe zu mir, und meiner Erfahrung ein wenig beherzigen. Leise habe ich schon gehofft ein früher gegebenes Versprechen Deines lieben würdigen Vaters durch Dich in Erfüllung gehen zu sehen. Philosophie der Geschichte versprach Er einmal heraus zugeben, ein Buch was auch Frauen in die Hand nehmen und verstehen können. Ich meyne der liebe Vater liest heuer darüber, wenn nun sein lieber Sohn aus diesen Vorlesungen Hefte sammelte, welche zur Erleichterung der Bearbeitung für die Herausgabe benüzt werden könnten, – wie schön wäre es, wenn Meister und Lehrling sich so fänden.
Ich hoffe das Fieber hat die liebe Mutter nun ganz verlaßen, und ihr auch die garstigen Chatarre mitgenommen. Deinen lieben Emanuel grüße ich recht von Herzen, und bin und bleibe mit inniger Liebe Deine treue Großmutter
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Stadtarchiv (StadtA) Nürnberg
Rep. E 29/II, Familienarchiv Tucher; Historischer Verein für Mittelfranken, Nachlass Georg Martin Thomas Nr. 280 (Altsignatur: Nr. 127).
Stadtarchiv Nürnberg
1900
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Georg Wilhelm Friedrich Hegel’s Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, hrsg. von Eduard Gans. Zweite Auflage besorgt von Karl Hegel (= Georg Wilhelm Friedrich Hegel’s Werke. Vollständige Ausgabe durch einen Verein von Freunden des Verewigten, Bd. 11), Berlin 1840
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Georg Wilhelm Friedrich Hegel’s Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, hrsg. von Eduard Gans. Zweite Auflage besorgt von Karl Hegel (= Georg Wilhelm Friedrich Hegel’s Werke. Vollständige Ausgabe durch einen Verein von Freunden des Verewigten, Bd. 11), Berlin 1840.
1840
Neuhaus
, Helmut: Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert. Unter Mitarbeit von Katja Dotzler, Christoph Hübner, Thomas Joswiak, Marion Kreis, Bruno Kuntke, Jörg Sandreuther und Christian Schöffel (= Erlanger Studien zur Geschichte, Bd. 7/Katalog zur Ausstellung des Instituts für Geschichte der Universität Erlangen-Nürnberg vom 20. November bis 16. Dezember 2001), Erlangen, Jena 2001.
Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert
2001
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Hegel, Georg Wilhelm FriedrichGeorg Wilhelm Friedrich Hegel https://www.deutsche-biographie.de/sfz28648.html#ndbcontent11854773917701831 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770–1831), Philosoph, Ehemann Maria Helena Susanna Hegels, geb. Tucher (1791–1855), Vater Karl und Immanuel Hegels , von 1808 bis 1816 Gymnasialrektor und Schulrat in Nürnberg, ordentlicher Universitätsprofessor für Philosophie von 1816 bis 1818 an der Universität Heidelberg und von 1818 bis 1831 an der Universität Berlin.
Behringersdorf (Beringersdorf)49.4840197,11.1996494Etwa zehn Kilometer nordöstlich von Nürnberg gelegener alter Herrensitz, der seit dem Jahre 1514 im Besitz der Familie Tucher war. Zu dem mittelalterlichen „Alten Sitz“ wurde 1716 das „Neue Schloß“ erbaut.