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Georg Gottfried Gervinus an Karl Hegel, Frankfurt am Main, 13. Oktober 1835

Lieber Hegel.

Vielen Dank für Ihre prompte Besorgung der Briefe. Fahren Sie fort die nachfolgenden sicher zu senden bis auf weiteres. Dieser Wisch hier soll eine Antwort auf Ihr Briefchen, oder kein Brief sein, der Anspruch mocht mit mehreren solcher Couverten2 vergolten zu werden. Ich habe nur die eine Bitte, Sie möchten mir durch den genauen Titel der Ausgabe des Hans Sachs aufschreiben, die auf meiner Stube liegt und mir ihn ungezögert zuschicken, damit ich die Ausgabe die ich brauchte citiren kann.

Von Dahlmanns3 soll ich Sie freundlichst grüßen, sie erinnerten sich Ihrer sehr mit Wohlgefallen und Beifall. Sie müssen nicht versäumen, sie in ttingen zu besuchen, wenn Sie durchkommen. Ich war mit ihnen in Mannheim, Mainz und hier in Frankfurt, von wo sie heute, Montag den 134, abreisten. Sie bewährten sich mir als wirklich neugewonnene Freunde und beschämten mich vielfach mit allen Zeichen liebender Zuneigung. Ich fühle mich in meinen gedrückten Umständen dadurch auf’s innigste erquickt und danke es meinem guten Geschicke – ne dicam der Vorsehung – daß ich grade in diesen schweren Augenblicken auf sie treffen müßte, die mich zu zerstreuen ich darfs sagen, gewissermaßen zu entschädigen wußten. Sie wissen (die Dahlmanns meine ich) von Victorie und trösteten mich vielfach. Ich hatte es so nöthig. In Mannheim wohnte Pfarrer Cl.5 in Einem Gasthause mit mir, aber Victorie privatim. Ich sah sie nicht; aber ihr leerer Mantel hing in der Wirthsstube mir unter den Augen ½ Tag lang; denken Sie, wie wüst mir zu Muthe war und wie öde! Ich hatte alle Mühe mich den ersten Tag vor ausbrechenden Thränen zu hüten.6

Von Beseler + der kürzlich nach Basel berufen worden war. war jener Brief nur adressirt, ich habe nichts Neues seitdem über ihn erfahren außer durch Dahlmanns, die ihn in seiner Glorie sehen. Er soll einige schöne Bekanntschaften haben und sich im Ganzen wohl finden. Grüßen Sie Schlossers, ich hatte ja schnell abreisen müssen, um sie noch zu besuchen.

Herzlichst Ihr
Gervinus.