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Georg Gottfried Gervinus an Karl Hegel, Frankfurt am Main, 19. Oktober 1835

Lieber Erich.2

Meinen herzlichen Dank für Ihre geneigten Zusendungen. Ich habe nur die Bitte daß Sie das nun kommende nach Darmstadt unter meiner bloßen Adresse schicken wollen. Donnerstag den 29ten October 1835 werde ich wieder nach Heidelberg kommen; sollte etwas in den letzten Tagen anlangen so behalten Sie es an sich. Ihre verschiedenen Zusendungen haben mit nichts gebracht was Sie interessiren konnte als einen Brief von Beseler. Er schreibt heiter und vergnügt, steht besonders mit de Wette wie es scheint sehr gut, der nur unglücklicherweise eine böse Frau hat, was dann das Familiäre ihn vor Bekanntschaft hindern wird, und was ich sehr bedaure. Beseler rühmt de Wettes Eingehen auf unsere Sachen bei größerer Mäßigung, und das würde für Beseler so heilsam sein wenn er mit einem reiferen Manne dieser Art und Umgang hätte, der ihm wie Dahlmann imponirte. Bei unser einem fühlt er sich zu übermüthig und hat immerhin noch Noth zu lernen und zu regeln. Sie3 heißt er mich hoch in Ehren halten und freut sich daß ich Sie habe, versichert Sie seiner ganzen Liebe und verspricht Ihnen nächstens einen Briefe. Er wünscht auch vom jungen Erich […]4 zu hören, ich glaube wenn Sie ihm Ihre Nachrichten von ihm mittheilen so werde ihn das Entgegenkommen recht freuen. Auch mir hätten Sie von Ihrem Bruder ein mehreres erzählen dürfen, ich bin doch begierig wie es ihm zusagt in Berlin, obwohl ich immer dachte, er werde sich viel leichter finden und sei auch von Natur mehr preußisch als Sie. Ich wünsche herzlich daß wir den Winter5 recht heimlich mit einander verbringen; Gott gebe nur daß ich dazu allen Muth und alle Heiterkeit mitbringe. Ich habe noch keine Nachrichten aus Osnabrück und hange und bange. Das fühle ich ganz deutlich, daß mein Winter ein sehr sanft behaglicher oder ein schwer unglücklicher sein wird6, mediam non datur7 – Den Muth8 läßt Beseler grüßen und auch ich. Sehen Sie daß Sie den Tisch eingerichtet haben bis ich komme. Für die Abende hab ich bereits ½ lb Thee angeschafft.9 Hab ich Sie von Dahlmanns gegrüßt? Ich sollte das thun.

Von hier aus Frankfurt reise ich morgen ab. Ich hatte stille schöne Tage und manchen Trost für manchen gehabten Kummer. Vielleicht können Sie Einlage10 anschlagen lassen; schicken Sie sie nur zu Ritter11; allein nur dann, wenn Sie die Localnummern auszufüllen im Stande sind. Dieß aber wird davon abhängen, ob Sie auf meinem 4 eckten Schreibtisch12 oben in den Gefächern, unter Briefen und Papieren eine Rechnung finden, auf deren Kehrseite ich mir die Locale bemerkt habe, wo Sie sie dann abschreiben können. Finden Sie es nicht so lassen Sie es. Im Voraus dankbar für all Ihre freundlichen Gefälligkeiten bin ich in alter Freundschaft Ihr

Gervinus.

P. S. Ich sehe eben daß ich die Collegienanzeige doch lassen / muß; ich weiß nicht an welchen Tagen ich lesen kann.