XML PDF

Georg Gottfried Gervinus an Karl Hegel, Darmstadt, 27. Dezember 1835

Lieber Erich.

Da ich weiß daß Sie sich so theilnehmend für meine „Victoriensache“, wie es Frau Dahlmann nennt, interessiren, so will ich Ihnen (auch weil Sie es überdieß verlangen) sagen, daß ich nun alle Ursache habe, auf den besten Ausgang zu hoffen, und daß ich – wie es Schwester Margrete nennt – immer nur Geister sehe. Victorie schreibt mir wieder; sie schreibt wirklich mit Einwilligung des Onkels2 und ohne einen Gedanken an eine Änderung in unserem Glücke. Vetter Edmund3, der Advocat, fordert sogar auf, ich solle kräftig gegen den Vormund bei der Obervormundschaft Klage führen, ich könne ihn gerichtlich zur Einwilligung zwingen. Ich will nichts übereilen und mir erst persönlich festen Fuß fassen; aber dann könnte mich mein antiker talionischer Sinn verführen, dem Pfarrer jeden Streich zu spielen, wenn er sich nicht ganz gutwillig fügt. Meine Victorie blüht in Wohlgefühl und Glück auf, daß es mich bis hier durchdringt; im Hause dort denkt man nicht allein das beste von mir, man erwartet sogar meinen Besuch und meine Briefe im Interesse für Victorie, man macht unter den Cousinen Plane4, wie man uns die Zeit meines Daseins hübsch bräutlich einrichtet und die Zusammenkünfte unter 4 Augen fördert. Kurz hier hab ich schon festen Fuß, scheint es, und ich will nun auch nicht länger säumen als grade nöthig ist, um nach Osnabrück und H.5 zu kommen. Beseler wird sich noch freuen. Daß Sie mir von ihm nicht bald einen Brief nachschicken konnten wundert mich. Der Brief aus Hannover war von Stralenheim + hannoverscher Minister.; noch kein Decret dabei. Auch dieser Brief höchst ehrenvoll und freundlich.

Ans Arbeiten bin ich noch nicht viel gekommen. Auch hab ich noch keine Antwort von Engelmann, die mich erst mehr treiben wird. Sie bringen wohl stille Tage hin jetzt?

Sein Sie herzlich gegrüßt und lassen Sie von sich hören. Sie werden oft Gelegenheit haben.

Ihr
Gervin.