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Christian Philipp Köster an Karl Hegel, Heidelberg, 5. Juni 1836

Lieber Hegel!

Ihr freundliches Briefgen das ich verstehtsichermaßen2 im Hörngen3 mitgetheilt habe ist uns recht erfreulich gewesen, indem es uns, neben dem Gehalt von Allerley Neuen Dingen, den alten guten Grund lebhaft darstellte wozu dann auch die Äußerung gehörte: daß Sie sich freiwilligen Genuß nur selten erlauben. Dagegen lieber Hegel muß ich fortwährend wenigstens in so weit protestiren, als das ununterbrochene Denken Ihrer Gesundheit nachtheilig ist oder werden wird. Wenn Sie auch iezt noch direkt nichts davon wahrnehmen so kann ich und ein befreundetes Frauenzimmer welche mit mir übereinstimmt, doch recht haben darin daß es Ihnen leiblich gesünder wäre sich jener so großen geistigen Anstrengung etwas mehr enthalten, denn in zu so vielem Löblichen die Gesundheit Grundlage ist, leuchtet ein. Gott behüt‘ der Köster schreibt mir da eine Predigt werden Sie sagen. In der That ist es heute Sonntag4 und ich bitte im Fall der Noth den 5 nur dem Eindruck des Tags zuzuschreiben. Aber auch außerdem ist meine Stimmung ernsthaft, durch das große Übelbefinden meiner Cousine. Nachdem die Operation glücklich bestanden war und deren Heilung gut von Statten gieng, ihr Leiden sich sehr vermindert hatte und wir Alle der besten Hoffnung waren, kahmen ihre Schmerzen dennoch wieder und sind seit vielen Wochen in hohem Grad anhaltend geblieben, so daß nun ihr Zustand ganz hoffnungslos zu sein scheint und ist eben ein rechtes Elend; die Ärzte retiriren sich allmählig, wollen aber doch noch dies und jenes versuchen perge perge. Unter diesem häuslichen Druck müssen Sie mir es zu gut halten, daß ich Ihnen keinen fröhlichen Brief schreibe, wozu ich gewiß bereit wäre, weil ich außer dieser Sorge gesund bin und in Gott vergnügt, auch zufrieden insoweit ein Künstler das hier sein kann in dem gelehrten 6 von Heidelberg. Was also Stadt und gegendliche7 Neuigkeiten anbelangt (Musikfest hier8; Herrn Eslaire in Manheim perge) so hoffe ich daß Sie noch außer mir mit irgend einer Seele brieflich verknüpft sind, die Ihnen mittheilt, was vielleicht in der Ferne interessanter ist als in der Nähe – So leben Sie wohl, viele Herzensgrüße der lieben Mutter und Emanuel von Ihrem treuen Freund

Köster.

P. S. Bitte mich Herrn Professor Hotho zu empfehlen, Schlesinger zu grüßen, dem ich dieser Tage selbst schreibe. Vielleicht macht es Ihnen Vergnügen den Magnus ein wenig zu besuchen, ich lege deshalb ein Billet an ihn hierbey –


Heidelberg den 5 Junj 1836.