XML PDF

Georg Beseler an Karl Hegel, Rostock, 12. Mai 1838

Liebster Hegel!

es hat mich überrascht, bei meiner Rückkehr aus der Heimath2 keinen Brief von Dir vorgefunden zu haben; denn mich verlangt sehr, etwas von Dir zu hören. Ich schreibe Dir daher nun wenig Worte, um Dich selbst aufzustacheln. – Dahlmanns und Grimms Schriften3 werden nicht weniger auf Dich eingeschlagen haben, wie auf mich, und ich kann wohl sagen auf alle hiesigen, die nicht jedes Gefühles baar sind. Mein Opus, das Du durch den Verleger wirst erhalten haben, tritt dann nun bescheiden zurück; die Ketzereien, die ich hineingemischt, mögen ihren Lauf machen.4 – Ich bin jetzt sehr beschäftigt, lese deutsches Privatrecht zuständig nur einem sehr anständigen und eifrigen Auditorium, und bin eifrig bei dem deutschen Theile der Erbverträge5, um mir diese Last aus dem Wege, und Muße für eine größere Arbeit zu schaffen. Neulich las ich einmal Göthes und Schillers Briefwechsel, das einzige Denkmal deutschen Strebens und deutscher Freundschaft. Ach! Wie wehmüthig wars mir da, wenn ich bedachte, daß weiteres Zusammenseyn mit Dir und Gervin mir so noth thäte und so förderlich seyn würde! So wie Du eine Sendung von Gervinus erhältst, schickst Du sie mir. Auch Deinen Brief von ihm; meinen kannst Du gleichfalls lesen.

Wann gehst Du nach Italien?6 Wir müßen uns noch vorher sehen. Willst Du mich auf Pfingsten7 besuchen, so triffst Du mich frei und wohlgelaunt. Sonst müßen wir uns in den Hundstagsferien sehen: meine Reise nach Helgoland habe ich aufgegeben. Schreibe mir, wann es Dir am besten paßt; vielleicht könnten wir uns einige Wochen in einem Ostseebad zusammen aufhalten.

Ist der Herr von Rochow noch Minister? – Antworte bald.

Dein GB.