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Immanuel Hegel an Karl Hegel und Maria Helena Susanna Hegel, geb. Tucher, Linz, 13. September 1839

Liebe Mutter und Karl!

Freilich sitze ich noch in Linz; ich selber möchte fast verzweifeln und mich packt zuweilen die Ungeduld, wie einst der Wahnsinn den großen Held Rolando1, doch sind es leider keine Liebesabentheuer, die mich hier zurückgehalten; um solche möchte mich die Zeit wohl nicht verdrießen; sondern es ist der leidlich gefräßige Magen, oder wichtiger diesmal die etwas befindlichen Gedärme, die sich rebellisch zeigen und durch kein Mittel sich besänftigen lassen wollen. – Doch wozu der Worte viel! Der kurze Verlauf ist der, daß ich mir in Wien eine Diarrhöe zugezogen, welche durch eine heftige Erkältung auf der nächtlichen Fahrt hierher verschlimmert worden, und nachdem ich für einige Tage vernachläßigt, ungeachtet aller ärztlichen Mittel, wie Pulver, Arzney, Umschläge, Klistiere und andere ähnliche Dinge, nicht weichen wollte. Sie war und ist durchaus nicht bedenklicher Natur, hatte weder den Karakter der Ruhr, noch war sie mit Fieber begleitet, aber sie schwächte mich, und noch mehr als die mir vom Arzt auferlegte Diät. Auch jetzt hat sie nicht ganz aufgehört, indessen kann und will ich nicht länger mehr hierbleiben, auch hofft der Arzt, daß durch Veränderung der Luft sie gänzlich vertilgt werde. – Also morgen früh fahre ich mit dem Dampfboot nach Passau, und übermorgen weiter nach Straubing, von wo ich den Abstecher nach Mankhofen machen werde; mich beunruhigt auch das, daß Mithauers mich bereits seit einer Woche erwarten. –

Vom Onkel und der Tante bin ich mit der freundlichsten Liebe aufgenommen worden. Am Sonnabend den 31. August kam ich am Nachmittag mit dem Kurier hier an, kehrte im Wirthshaus ein und verfügte mich dann sogleich zum Onkel; ich traf nur die Tante zu Hause an; sie mußte, am Rothlauf im Gesicht leidend, das Zimmer hüten, während die Andern am schönen Tage eine Spazierfahrt unternommen hatten. Zu meiner größten Freude erfuhr ich, daß Benoit und Luise mit der Lina ebenfalls hier seien; ebenso waren diese nicht wenig überrascht, als sie mit der Rosenhayn und dem Onkel heimkehrend mich bei der Tante antrafen. Die Rosenhayn ist im Aussehen, Befinden, Leben und Benehmen ganz unverändert; ewig jung und ewig frisch. Dasselbe muß man von der Luise sagen; diese ist ungeachtet ihrer großen Tochter, ihrer dicken Buben und des zu erwartenden Sprossen so jung und so anmuthig, wie das jüngste Weibchen; wirklich zum Verlieben; dabei so gut, verständig, liebenswürdig, daß sich meine alte Zuneigung nur auf das gründlichste hat bestätigen können. Lina wird sehr bald erwachsen sein; sie hat ein rundes frisches Kugelgesicht und hat sich ziemlich herausgemacht. – In der Familie des Onkels wird es einem recht wohl; er ist so gut und brav, verhält sich zwar still und spricht sich wenig aus, doch bedarf er dessen auch nicht, man ist von vorne herein seiner freundlichen und herzlichen Theilnahme gewiß. Zwar hört er ein wenig schwer, doch ist er sonst noch sehr rüstig und kräftig, und daher hat ihm die Pensionierung sehr weh gethan, um so mehr als sie nur geschehen ist, damit sein Hintermann, der jetzt allmächtige General-Adjutant des Kaisers, Clam-Martinitz avanciren könne. Nun ist er bei frischen Kräften ohne Beschäftigung und dadurch etwas gedrückt und bekümmert. – Die liebe Tante hat den Kopf immer in der Höhe, stets tapfer und entschlossen, eine sehr lebendige und energische Frau, die ihr großes Hauswesen mit großer Ruhe und wenig Anstrengung in der besten Ordnung erhält. Offen, einfach, gerade steht man sogleich mit ihr auf dem besten Fuß.

Für mich hat sie mit der größten Aufmerksamkeit und mütterlicher Sorgfalt gesorgt und mich auf das Beste gepflegt; und wenn ich noch 4 Wochen hier krank bliebe, so würde es ihr Freude machen, in dieser Pflege fortfahren zu können. Der älteste Sohn, der uns bekannte Siegmund, ist jetzt Lieutenant bei dem hier stationierten Regiment: groß gewachsen, ein schöner Mensch, auch ein guter Kerl, der sogar bei mehr Bildung und ernsterer Beschäftigung sehr tüchtig und liebenswürdig sein würde, jetzt aber noch etwas läppisch und wie früher ein Schwadronneur und Aufschneider; doch wird sich das auch noch bessern; ich war erstaunt, daß so viel aus ihm geworden. – Die Tochter Wilhelmine ist erst 13 Jahr alt, fein, lebendig und aufgeweckt; dann kommen noch die beiden Knaben, von 10 und 8 Jahr, Georg und Rudolph; der Georg ist ein lieber braver Junge, von vielem Talent und großem Eifer und Fleiß; der andere ist kränklich und schwächer und matter als der ältere. – Zu diesen Kindern kommt noch eine Nichte Anna, von 19 Jahren, eine Gouvernante, und nächstens auch ein Hofmeister für die Knaben, der besonders den Religionsunterricht besorgen soll; denn ein protestantischer Geistlicher befindet sich nicht in der Stadt, da es den Protestanten, obgleich 800 an der Zahl bisher noch nicht gestattet worden, hier eine Gemeinde zu bilden. Früher waren sie diesem Ziele sehr nahe, aber die kirchlichen Streitigkeiten in Preußen haben auch hier in Oesterreich auf die Stellung der Protestanten einen sehr nachtheiligen Einfluß gehabt. –

Die Stadt Linz ist weder alt in der Bauart, noch auch schön oder interessant: dagegen muß man die Gegend genießen; ich habe sie zwar wenig kennen gelernt, da ich mich meist zu Hause gehalten, um mich vor Erkältung in Acht zunehmen. Linz liegt an dem Ufer der Donau, an einer Stelle, wo sie aus einem engen Gebirgspaß zwischen schroffen Felsen in eine weite Landschaft heraustritt: auf dem rechten Ufer, wo die Stadt gelegen, entfernen sich die Hügel von der Donau; man übersieht eine fruchtbare Ebene und hinten bei klarem Wetter die Salzburger Gebirge. Auf dem linken Ufer begleiten die Berge die Donau in einiger Entfernung und zu ihnen hin und über sie hinweg geht die Eisenbahn nach Budweis; ebenso führt von Linz aus eine Eisenbahn nach dem Gemunder See im Salzkammergut. Diese Eisenbahnen, welche zwar nur mit Pferden, nicht mit Locomotiven benutzt werden, erleichtern den Linzern, verschiedene Ausflüge in der Umgegend zu machen. So sind wir auf der Eisenbahn nach St. Magdalena gefahren, welches an dem Berge auf dem linken Donau Ufer gelegen ist: man hat von hier aus die schönste Aussicht auf Linz und das ganze Land ringsum nach den Salzburger Alpen hin. Heute morgen sind alle Tanten und Onkels auf der Eisenbahn nach Gmunden gefahren, indem sie eine Partie nach Ischl und Hallstadt machen wollen; mich haben sie allein im Hause zurückgelassen, wo ich nun wie ein Herr schalte und morgen früh werde ich mich still wie ein Dieb von hier fortschleichen. Wenn meine Gesundheit mir zu reisen erlaubt, so ist es meine Pflicht, die Reise fortzusetzen und nach Hause zurückzukehren; darum habe ich an dieser Partie keinen Theil genommen, obwohl mich meine Sehnsucht nach den Alpen hinzog, um von ihnen auf lange – ach wohl auf lange Zeit Abschied zu nehmen. Ach, wenn ich nur noch einmal die Felsen hinaufklimmen und hoch auf Bergesgipfel stehen könnte, um den reinen Aether dieser Höhen zu athmen; dort gesundet man und fühlt sich froh und frei: hier im tieferen Lande bei drückender Luft wird die Brust beschwert und die Gesundheit getrübt. –

Der Onkel ist nach Linz gezogen, weil das Leben hier verhältnißmäßig billig, auch einige alte Freunde, ebenfalls pensionirte Militairs, sich hier niedergelassen haben; Marrianz2, Kamutzze3 haben wir früher schon in Prag kennen gelernt. Doch kommt mir das Leben hier sehr dürftig vor; das Treiben besteht aus Spaziergehen, Abwarten der Ankunft der Dampfboote, Spielpartien, und dem fast täglichen Besuch eines miserablen Theaters. Andere Unterhaltungsmittel scheint man überhaupt in Oestreich nicht zu kennen; mit Kunst und Litteratur beschäftigen sich die Leute nicht; deutsche Interessen, ins besondere deutsche Politik liegen ihnen fern; so sehr die Menschen hier eine deutsche Natur haben, so sieht man doch klar ein, daß sie nicht mehr zu Deutschland gehören. Sie wissen davon nichts oder machen sich seltsame Begriffe; sehr wenige sind hinaus gekommen, und wenn sie auch Ungarn, Böhmen, Italien durchreist haben oder vielleicht gar nach Konstantinopel gekommen sind, so haben sie doch nicht einmal den Rhein gesehen. – Ich könnte es in diesem Lande nicht lange aushalten, denn abgesehen von dem Jagen nach sinnlichem Genuß begegnet man überall einem anmaaßenden verschwenderischen liederlichen Adel, im Besitze aller Rechte und aller Ehre; einer zweckwidrigen Administration, die nur dadurch sich erhält, daß die Mehrzahl der Unterthanen von ihren Mißbräuchen Nutzen zieht, und endlich wurde auf jedem Schritt die Nase beleidigt von dem stinkenden Schwefelgeruche schleichender Pfaffen. Die Ligorianer, denen vor allen anderen Orden bedeutende Privilegien zugestanden worden, treiben aller Orten ihr Wesen; ebenso nisteten sich die Jesuiten überall ein und weben wie die Spinnen ihr unsichtbares Netz. Oberhalb der Stadt sieht man auf dem Berge einen sehr geschmakvoll und elegant im gotischen Styl verzierten Thurm mit einer kleinen daran stoßenden Kirche, der der Jesuiten; es war ein Probethurm, erbaut nach der neuen, des Erzherzogs Maximilian von Este Idee4, hernach zu nichts Weiterem nutz, wurde er aber für die Jesuiten eingerichtet. Zugleich umgeben ihn ringsum freundliche Anlagen, dem Publikum geöffnet, von denen aus man nun schöne Aussicht auf die Stadt und das Donauthal genießt. Wie freundlich und einladend ist diese äußere Erscheinung, welche so gar nichts gemein hat mit dem düsteren Aussehen anderer Klöster! Sollte man da nicht zu den 5 Zutrauen gewinnen? –

In der Art des oben erwähnten Probethurmes sind 35 Thürme im weiten Umkreis um Linz angelegt worden. Sie sollten im Krieg die Ersten Punkte eines verschanzten Lagers bilden, in welches sich eine geschlagene Armee von 80000 Mann zur Deckung der Donau und von Innerösterreich zurükziehen kann. Es läßt sich hierbei der vorsorgliche Karakter der Oestreicher nicht verkennen, welche auch für den Fall des Geschlagenwerdens bedacht sind. – Von weiteren Partien habe ich hier nur die nach St. Magdalena und eine andere über den Jäger Meier nach St. Margaritha mitgemacht: letztere ist ein Ort und Kalvarienberg oberhalb Linz an der Donau im eng geschlossenen Thal gelegen. Seit acht Tagen haben wir das schönste Wetter, aber fast zu warm und dunstig für den September. –

Bennoit Benoit machte von hier aus eine Reise nach Wien: er fuhr am 2ten September mit dem Dampfboot von hier ab, und ist vorgestern froh und vergnügt wieder zurükgekehrt. Nach seiner Abreise duldete der Onkel es nicht länger, daß ich im Wirthshause logierte und ich mußte in sein Haus ziehen. – Schwarzens reisen am Dienstag von hier ab und wir werden am Mittwoch Abend verabredetermaaßen in Regensburg wieder zusammentreffen. –

Du wirst, liebe Mutter, wohl länger auf Briefe von mir gewartet haben; aber wenn es auch nicht an Zeit fehlte, so ermangelte mir doch bei schlechter Körperbeschaffenheit die Lust; auch dachte ich immer, am anderen Tag Dir von meiner Abreise ein Sicheres melden zu können. Ich bin recht gespannt auf Nachrichten von Deiner Reise nach Dresden und von Deinem Zusammentreffen mit Karl; Karls Ankunft in Prag am 31. August6 habe ich in der Prager Zeitung gemeldet gefunden. Ich hoffe einen Brief von Dir mit Geld und guten Nachrichten in Nürnberg zu finden, auch die liebe Fanny dort zu treffen, und von ihr ausführlich über Dich zu erfahren. –

Karl verließ mich am Donnerstag den 29sten August; von unserem Aufenthalt in Wien7 wird er Dir ein Genaueres zu erzählen wissen: vom Prater mit seinen vielen Kneipen, vom Augarten mit den schönen Alleen und der freundlichen Aussicht über die Gärten nach den Bergen hin; vom Volksgarten mit dem Theseustempel und seinen Kafees, vom Wasserglacis und allen sonstigen Kneipen; vom Sperl und Straußens Concert nebst Produktion der Bajaderen; von Lanners Ball in der Birn bei glänzender Illumination des Gartens; ferner vom weltberühmten Garten zu Schönbrunn, unserer Excursion nach Mödling und der 8 Familie, von der Fahrt nach Döbling, dem Kahlenberg und dem Leopoldiberg. – In Wien war mir am interessantesten der Reichthum an Gallerien und das Burgtheater; auf letzterem sieht man ohnstreitig das beste Schauspiel, wenn auch auf anderen Bühnen einzelne bedeutendere oder gleichstehende Talente gefunden werden, so trifft man doch nirgends diese durchgehende Tüchtigkeit der Schauspieler, diese passende Anwendung derselben, und dieses treffliche Zusammenspiel. Auch wurden wir überrascht von der Vielseitigkeit der Schauspieler wie La Roche, 9, Wilhelmi, Fichtner; und von der lebendigen und karakteristischen Auffassung ihrer Rollen. – Herzlich gelacht haben wir auch im Theater an der Wien und dem Leopoldstätter Theater, wo wir den unübertrefflich komischen Scholz und den Nestroy im Lumpacivagabundus und in der verhängnißvollen Faschingsnacht sahen. – Weniger hat die Oper im Kärnthnerthortheater meinen Erwartungen entsprochen; außer dem Staudigl, dem bekannten Bassisten findet man dort nichts bedeutendes: die Aufführungen von „Belmont und Constanze“, von der Nachtwandlerin, dem Don Juan10 und den Puritanern waren theilweise sehr mittelmäßig.

Am Donnerstag11 Morgen nach der Abreise von Karl ging ich, nachdem ich in gewohnter Weise bei Stierböck meinen Cafee getrunken und mein Meerschaumpfeifchen geraucht hatte, in den wilden Mann zu Wiss, wo ich den Eltern und dem niedlichen Töchterschen Marietta den Abschiedsgruß von Karl bestellte.12 Sie hatten an diesem Morgen Besuche und Einkäufe zu machen, und ich war daher, wie ich wünschte, mein freier Herr. Spornstreichs trappte ich nach Mariahilf hinaus zur Esterhazyschen Gallerie, und sah, nachdem ich das letztemal mich an die Niederländer gehalten, die Italiener und Spanier ungestört und gründlich durch.13 Das war ein reiches Gastmal, mit frischem Appetit genossen; ein hoher nachhaltiger Genuß, – wenn ich nur eine dieser Gallerien nach Arnsberg14, nur auf ein halb Jahr verpflanzen könnte; ich würde der glücklichste Mensch sein; nichts ist mir so genußreich, so interessant, so erquicklich, als die Beschauung von Bildern großer Meister, und je älter ich werde, desto schärfer, gründlicher vermag ich sie aufzufassen; besonders nach längerer Unterbrechung wird mir der Fortschritt bemerklich und gewährt mir neue große Genugthuung. – Zum Mittag traf ich mich, wie gewöhnlich, mit unsrem pommerschen Landwirth, Lieutenant von Glasenapp15 im goldenen Lamm16; nach dem Nachmittagskaffee tranken wir eine Flasche Tokayer Ausbruch im Casino17, um auch den Ungarwein in Wien zu kosten und gingen dann ins Burgtheater, wo der Faust von Göthe aufgeführt wurde. Löwe, den wir einige Tage zuvor in „Weltton und Herzensgüte“ gesehen hatten18, machte den Faust; in dieser Rolle hatte ich von ihm mehr erwartet, er zeigte sich als gewandter gebildeter Schauspieler, aber es war nichts Bedeutendes, ohne alle tiefere Auffassung; den Mephisto gab der La Roche, ernst zwar, wenn auch nicht so scharf, und mit solchem meisterhaften Ausdruck aller einzelnen Stellen, als Seydelmann. Das Stück selbst hatten sie mit sehr freier Manier behandelt; die ersten Monologe und Dialoge fielen fast ganz fort, manches hatten sie versetzt; anderes verbunden, und so dem Werk Zwangshosen angezogen, damit es vor dem Publikum erscheinen könne. Am besten spielte die Rettig, als Gretchen; zwar sind die ersten naiven Scenen ganz unspielbar und werden keiner gerathen, aber die Schlußscene wurde von ihr meisterhaft dargestellt, und das Publikum, welches eine Lutzer 5 mal hervorruft, applaudirte kaum. Die Rettig ist eine durchaus edle Erscheinung. – Nachdem ich noch mit meinem Begleiter in dem Dammschen Kafeehause zu Nacht gegessen, nahm ich von ihm Abschied, da er am andern Morgen nach Pest abreisen wollte. Er war ein angenehmer Mann, brav und tüchtig; er lebt auf dem Lande einige Meilen von Köslin in Pommern. –

Am Freitag Morgen ging ich wie gewöhnlich zu Wiss; ich traf sie eben im Begriff, in die Schatzkammer zu gehen und begleitete sie dahin; man sieht dort die prächtigsten Kronen und kaiserliche Insignien reich geschmückt. Interessant war es mir, auch die alten Reichskleinodien des teutschen Reichs19 dort zu finden, die früher in einer Kirche zu Nürnberg aufbewahrt wurden.20 Unter vielen Kostbarkeiten und Raritäten zeigt man auch die berühmte Wiege des jungen Napoleon, die ihm bei seiner Geburt von der Stadt Paris bescheert wurde. – Nachdem ich die Damen zurückbegleitet, nahm ich von ihnen Abschied; wollte dann die Doktoren Klein und Lehmann besuchen, welche ich aber nicht antraf und ging dann zu dem Kaufmann Heim, um ihn und seine freundliche gute Tochter Nannette Adieu zu sagen. – Nach Tisch bestieg ich noch den Stephansthurm, ward aber wenig belohnt, da man nur bis zum Thurmwächter steigen kann, aus dessen Festern man keine Uebersicht der Stadt gewinnt. –

Am Abend um 7 Uhr fuhr ich im Beiwagen des Couriers aus Wien; ich hatte mich in der kurzen Zeit doch so eingelebt, daß mich der Abschied von Wien traurig machte: Meinen Sitz hatte ich im Cabriolet, wo ich allein mit einem französischen General von Girardin mich befand: wir wurden bald gut Freund und haben uns im ununterbrochenen Gespräch auf der ganzen Fahrt vortrefflich unterhalten: er ist Royalist und kam von Kirchberg21, wo er den Herzog von Bordeaux22 besucht hatte.

Das Papier geht zu Ende: auch muß ich ins Bett, um morgen früh munter aufstehen zu können: das Dampfboot fährt um 5 Uhr ab. Bis zum 26. September denke ich nach Schweinfurt zu kommen. – Lebt wohl Ihr Lieben, grüßt die Freunde und gedenkt recht oft

Eures Immanuel