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Georg Beseler an Karl Hegel, Rostock, 31. Dezember 1840

Lieber Hegel!

ich will nicht, daß dieses Jahr entschwinde, ehe ich Dir wieder die Hand zur Versöhnung gebeten habe, die, wie ich aus Deinem Schweigen und Gervinus Aeußerungen2 entnehmen muß, unter uns nothwendig geworden ist. Was ich mir vorwerfen kann (ich habe wiederholt darüber nachgedacht) ist der Umstand, daß ich Dir nicht selbst die Nachricht von der Geburt unseres Töchterleins3 gegeben habe, – eine Nachläßigkeit, die ich mir selbst nur aus der Überhäufung mit solchen Briefen in jener Zeit erklären kann; später kam ich ins Aufschieben, und als ich endlich schrieb, mag ich in keiner guten Stimmung gewesen seyn, und Dich durch die Art verletzt haben, in der ich Dir etwas sagte, was ich Dir sagen wollte und nach unserem Verhältniß auch sagen konnte. Eine herbe Aeußerung würde Dich aber auch nicht zum vollständigen Verstummen gebracht haben, wenn jenes Frühere nicht voraus gegangen wäre. Auch Du hast mich einmal gekränkt, als Du mir auf die Anzeige meiner Verlobung antwortetest4; allein ich vertrat meine Sache, und wir blieben Freunde. Daß Du nicht eben so gehandelt, verzeihe ich Dir, weil bei mir die erste Schuld war. Darum biete ich Dir die Hand zur Versöhnung; nimmst Du sie an, so erfreust Du mich. Aber ich will dann eine ganze Versöhnung, kein halbes Wesen: Dazu sind wir einander zu nahe gewesen. – Du kennst mich; prüfe Dich; kannst Du mir Freund bleiben, so sage es mir. Kannst Du es nicht, so verhehle auch das nicht. Stets aber, wie Du auch antwortest, will ich der Tage gerne gedenken, in denen wir uns eines schönen Vereins5 erfreuten, und die Gefühle ehren, die uns damals verbanden.

Meine Stimmung ist jetzt nicht für weitere Mittheilungen geneigt; ich bin glücklich mit Frau und Kind, und fühle mich tüchtig in meinem Streben. Auch Du sey glücklich in dem neuen Jahre und noch länger. Ich wünsche Dir das Beste, und das thut auch meine Frau. Empfiehl uns Deiner Mutter.

Dein
GBeseler.