“ als Kürzungszeichen Ich höre, daß Grimm sich gar nicht in Berlin gefallen haben soll. Es ist doch auf allen 7 ein Unstern! Die Grimm schreibt, ihren Männern sei wie der Boden genommen seit jener Zeit; wie geht es Dahlmann! Ewald in Unfrieden mit aller Welt, und hat seine Frau verloren! und Albrecht hat ein Hauskreuz bekommen! Und mir? es ist doch am Ende auch Schade, daß ich blos so für mich hin lebe. Es gibt doch den Bestrebungen einen anderen Nerv, wenn man lebendige Wirksamkeit auch noch so kleine hat und sieht. Das erklärt mir Schillers energisches Wirken in Jena, und dann auf der Bühne in Weimar; und das Göthes Bosheit. Man geräth unwillkürlich hinein. Sonderbar, daß ich deutlich fühle, wie ich unter meinen Arbeiten die ich viel weniger betreibe als sonst, viel mehr leide! Ich werde daher, wie Göthe rieth, sobald nichts weitaussehendes beginnen dürfen, denn meine Nerven leiden sehr. Ich hatte sonst einmal den verwegnen Gedanken an eine Weltgeschichte, die weiter und gründlicher und schöner gegriffen sein sollte, als Schlosser’s, ich erschrecke jetzt wenn ich daran denke, obgleich dem Anschein nach keine Lage dafür günstiger scheinen könnte als die meine. Dem letzten Band Literatur-Geschichte2 wirst Du ansehen, daß er zu Ende eilt. Ich behalte für die Romantiker nur Raum zu einem Überblick auf circa 6 Bogen. Doch wird das Opus dadurch geschlossener und bleibt dem ersten Plane, der nur bis auf das 19te Jahrhundert aussah, ganz treu, was mich sehr freut; es rundet und schließst sich nun mit Göthe und Schiller trefflich ab.
Ich war mehrere Wochen unwohl und theilte also Dein Leiden. Du hast mir nicht auf meinen letzten Brief3 geantwortet, namentlich nicht auf die Anfrage ob Du nicht eine kleine Erholungsreise hierher machen möchtest. O daß es doch erst Eisenbahnen gäbe! – Von Ida grüß ich Dich wieder. Sie wohnt jetzt in der Stadt. Ich schrieb Dir wohl daß unsere Interimswohnung im Hörnchen ist für diesen Winter, also in Ida’ens Stuben! Sie steht mit meiner Frau sehr gut, wie wir überhaupt jetzt einen sehr heiteren Kreis haben, nicht eben einen sehr begeisternden. Ida ist ein eignes Wesen; repectabel durch und | durch, (° aber doch nicht ohne ganz eigne Sonderlichkeiten, die von einer gewissen Kopfscheu und neugieriger Zerstreutheit ausfließen, Eigenschaften die sie bei Mutter und Verwandten sich angewöhnt haben mag, die ihr ihre Selbständigkeit und Ruhe nicht ließen. Daß sie dieß fühlte und um jeden Preis endigen wollte, ist gewiß der ächte und sehr ehrenhafte Schlüssel zu ihrer Heirath.)4Victorie grüßt bestens. Wenn Du Dönniges siehst so grüß ihn. “ als Kürzungszeichen5
1Tilgung: Lieber Erek. 2Hier der fünfte Band der „Literatur-Geschichte“ Georg Gottfried Gervinus’ unter dem Titel: Neuere Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen, erschienen im Jahr 1842 in Leipzig. 3Vgl. Brief 18401216_01. 4Auch hier wieder wohl nachträglich durch die Kopistin zur Tilgung durch Klammern und entsprechende Kennzeichnung (“°“) markiert. 5Schluss-Grußfomel an dieser Stelle getilgt; Tilgung: „Herzlichst Dein / Gervinus.“
Gervinus (Gervin), Georg Gottfried jun.Georg Gottfried Gervinus11853891818051871Gervinus, Georg Gottfried jun. (1805–1871), deutscher Historiker, Literaturhistoriker und Politiker, Sohn von Georg Gottfried Gervinus sen. (1765–1837) und seiner Ehefrau Anna Maria Magdalena Gervinus, geb. Schwarz (1772–1837). Er war Ehemann von Victorie Gervinus, geb. Schelver (1820–1893), 1835/1836 Professor der Geschichte und Literatur an der Universität Heidelberg, 1836/1837 an der Universität Göttingen (einer der „Göttinger Sieben“), 1844 Honorarprofessor an der Universität Heidelberg, 1848 Mitglied der Frankfurter Paulskirchen-Versammlung.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Heidelberg49.4093582,8.694724Alte Universitätsstadt am Neckar, seit 1803 zum Großherzog Baden gehörend und mit Eisenbahnanschluß seit 1840. Circa 90 Kilometer südlich von Frankfurt am Main gelegen, war die Stadt mit ihrer malerischen Schloßruine einer der Hauptorte der Romantik.
UB Heidelberg
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UB Heidelberg1000
Grimm, JacobJacob Grimm
HiKo
11854225717851863Grimm, Jacob (1785–1863), Bruder Wilhelm Grimms (1786–1859), war Jurist, Sprach- und Literaturwissenschaftler. Er war einer der „Göttinger Sieben“, die am 12. Dezember 1837 von der Universität Göttingen fristlos entlassen wurden. Von 1841 an wirkte er in Berlin und wurde Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften.
Wild, Dorothea, verh. GrimmDorothea Wild, verh. Grimm11684285717951867Wild, Dorothea (1795–1867), war die Tochter des Apothekers Rudolf Wild in Kassel und der Dorothea Katharina Huber; seit 1825 war sie die Ehefrau des Germanisten Wilhelm Grimm (1786–1859).
Grimm, Wilhelm11854226517861859Grimm, Wilhelm (1786–1859), Bruder Jacob Grimms (1785–1863), war Sprach- und Literaturwissenschaftler. Er war einer der „Göttinger Sieben“, die am 12. Dezember 1837 von der Universität Göttingen fristlos entlassen wurden. Wie sein Bruder wirkte er seit 1841 in Berlin und wurde ebenfalls Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften.
Dahlmann, Friedrich ChristophFriedrich Christoph Dahlmann11852336817851860Dahlmann, Friedrich Christoph (1785–1860), Politiker und Historiker, war von 1842 bis 1860 ordentlicher Professor für Deutsche Geschichte und Staatswissenschaften an der Universität Bonn, 1848/49 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, 1850 Mitglied des Staatenhauses für das Königreich Preußen im Erfurter Unionsparlament.
Ewald, Georg Heinrich AugustHeinrich Ewald11868285718031875 Ewald, Georg Heinrich August (1803–1875), in Göttingen geborener Orientalist und evangelischer Theologe, der von 1827 bis 1837 außerordentlicher Professor an der Universität Göttingen war, dann als einer der „Göttinger Sieben“ Ende 1837 entlassen wurde, von 1838 bis 1848 an der Universität Tübingen lehrte und forschte und schließlich an die Universität Göttingen zurückkehrte.
Gauß, Minna, verh. Ewald
11661283518081840Gauß, Minna (1808–1840), war die Tochter des Mathematikers Karl Friedrich Gauß (1777–1855) und mit dem Bibelforscher und Orientalisten Heinrich Ewald (1803–1875) verheiratet, der einer der „Göttinger Sieben“ war.
Albrecht, Wilhelm EduardEduard Wilhelm Albrecht11864439418001876Albrecht, Wilhelm Eduard (1800–1876), in Elbing geborener Rechtswissenschaftler und Politiker, der 1837 zu den „Göttinger Sieben“ gehörte. Nach seinem Studium an den Universitäten Berlin, Göttingen und Königsberg wurde er am Pregel 1825 außerordentlicher und 1829 ordentlicher Professor, bevor er 1830 als Ordinarius an die Universität Göttingen wechselte. Nach seiner dortigen Entlassung Ende 1837 wurde er im Folgejahr Privatdozent, 1840 Professor an der Universität Leipzig und war 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung.
Schiller, Friedrich Friedrich Schiller11860762617591805Schiller, Friedrich (1759–1805), in Marbach am Neckar geborener Arzt, Dichter und Historiker, der vor allem durch seine Dramen und Gedichte bekannt wurde.
Goethe (Göthe), Johann WolfgangJohann Wolfgang Goethe11854023817491832Goethe, Johann Wolfgang (1749–1832), auch Göthe, deutscher Dichter.
Schlosser, Friedrich ChristophFriedrich Christoph Schlosser11879515517761861Schlosser, Friedrich Christoph (1776–1861), von 1817 bis 1861 ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Heidelberg. Karl Hegel (1813–1901) besuchte während seiner Heidelberger Studienzeit Lehrveranstaltungen bei ihm, womit er dessen Begeisterung für Dante Alighieri (1265–1321) weckte, die ihn Zeit seines Lebens begleiten sollte. Durch Schlosser kam Karl Hegel speziell auch mit der Geschichte in Berührung, die schließlich seine Berufung werden sollte.
Becher, Ida, verh. WeberIda Becher11716469018041880Becher, Ida (1804–1888), verh. Weber, war Tochter des Juristen und Schriftstellers Georg Ludwig Becher (1775–1815) und der Majorstochter Caroline Schunck (1779–1870); seit 1839 war sie mit dem Historiker und Pädagogen Georg Weber (1808–1888) in Heidelberg verheiratet; das Ehepaar hatte eine Tochter und vier Söhne.
Schelver, Victorie (Victoria), verh. GervinusVictorie Schelver, verh. Gervinus11659528018201893Schelver, Victorie (Victoria) (1820–1893), Gesang- und Klavierlehrerin, Musikwissenschaftlerin, Ehefrau von Georg Gottfried Gervinus jun. (1805–1871).
Schunck, Caroline, verh. Becher-17791870Schunck, Caroline (1779–1870), war Tochter des Majors und Klosteramtmanns Johann Carl Schunck (1745–1800) aus Hessen und der Pfarrerstochter Wilhelmine Christine Hartmann (1746–1830). Sie heiratete den Advokaten und Schriftsteller Georg Ludwig Becher (1775–1815); ihre Tochter Ida Becher (1804–1888) war seit 1839 mit dem Historiker und Pädagogen Georg Weber (1808–1888) in Heidelberg verheiratet.
Gervinus, Victorie, geb. Schelver
Victorie Gervinus, geb. Schelver11659528018201893Gervinus, Victorie, geb. Schelver (1820–1893), war Musikwissenschaftlerin, Tochter des Mediziners, Botanikers und Naturphilosophen Franz Josef Schelver (1778–1832) und Ehefrau Georg Gottfried Gervinus’ jun. (1805–1871).
Dönniges, WilhelmWilhelm Dönniges11615750X18141872Dönniges, Wilhelm (1814–1872), deutscher Historiker sowie Staatsmann und Diplomat des Königreichs Bayern, Ehemann von Franziska Wolf (1823–1882) und Vater der Schauspielerin und Schriftstellerin Helene Dönniges (1843–1911), deretwegen sich 1864 der sozialistische Politiker Ferdinand Lassalle (1825–1864) mit dem rumänischen Adelige Janco Gregor Racowitza († 1865) duellierte, in dessen Folge Lassalle den Tod fand.
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Jena50.9281717,11.5879359Residenz- und Universitätsstadt an der Saale, etwa 80 Kilometer südwestlich von Halle gelegen.
Weimar50.9810486,11.3296637Stadt an der Ilm, Haupt- und Residenzstadt des 1741 entstandenen und 1809 staatsrechtlich vereinigten Herzogtums, dann Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach, circa 90 Kilometer südwestlich von Halle und etwa 25 Kilometer östlich von Erfurt gelegen.
Erich, auch: Erec/Erek/ErikSpitz- bzw. Kosename für Karl Hegel (1813-1901) von seinem Jugendfreund Georg Gottfried Gervinus (1805-1871) verwendet.
WeltgeschichteAls Universalgeschichte in der Antike wurzelnd, Weltgeschichte an sich entstanden vornehmlich aus dem Geist der Aufklärung mit Postulierung der Gleichrangigkeit außereuropäischer Kulturen entgegen der jüdisch-christlichen Tradition zunächst als rein philosophische Betrachtungsweise, die von der politischen Realität immer weiter eingeholt wurdeÖsterreicher und spätestens seit 1945 sowie der im 20. Jahrhundert zunehmenden Globalisierung und der weltpolitischen Probleme wie politisch-wirtschaftliche globale Zusammenarbeit, internationaler Terrorismus, Klimawandel, Migration etc. unserer Zeit daher immer mehr in den real-politischen und infolgedessen auch (zeit-)historischen Fokus rückt.
Weltgeschichte (Schlosser)Neunbändiges Werk des Historikers Friedrich Christoph Schlosser (1776-1861), welches in den Jahren von 1815 bis 1824 in Frankfurt am Main erschien unter dem Titel: „Weltgeschichte in zusammenhängender Erzählung“.
Literaturgeschichte, Literatur-Geschichte, Litteraturgeschichte (Gervinus)Mehrbändiges Werk des Historikers, Germanisten, Publizisten, Journalisten und Politikers Georg Gottfried Gervinus (1805-1871), welches in der Zeit von 1835 bis 1842 in Leipzig erschien unter dem Titel: „Geschichte der poetischen Nationallitteratur der Deutschen“.
BogenDruckbogen, der mehrere Seiten etwa eines späteren Buches umfaßt und wegen des Zuschnitts anhand von verschiedenen Markierungen 5% größer ist als die einzelne Seite. Im Buchdruck enthält ein Bogen zwischen acht und 32 Seiten, aber stets eine durch vier teilbare Seitenzahl.
Opus/opusLateinisch für: Werk.
Hörnchen, HörngenHeidelberger Gaststätte, eigentlich: „Waldhorn am Neckar“, auch: „Wirtshaus zum Hörnchen“.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis