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Agathon Wunderlich an Karl Hegel, Basel, 25. Januar 1842

Ich kann Ihnen kaum aussprechen, mein lieber Freund1, welche große Freude mir hieher Ihr herzlicher Brief2 gemacht hat, den ich soeben erhalte. Unsere Schweitzerreise gehört zu den wenigen heitern Erinnerungen meiner letzten Lebensjahre. Als ich im Posthofe zu Bern von Ihnen Abschied nahm, war es mir, als wenn die letzte Scholle des heimatlichen Bodens unter meinen Füßen hinweggerissen würde. Ich habe bis jetzt mich oftmals bemüht, dieses schöne Gefühl der Heimat aus der Erinnerung in die Gegenwart herüberzuführen, doch vergebens. Möge es mir Beschieden sein, bei Ihnen und in Ihrem Kreise3 das verlorene Gut wiederzugewinnen!

Warum ich mich nicht direct an Sie gewandt habe? Weil die meisten meiner Fragen vielmehr zur Competenz eines Ehemannes standen als eines Junggesellen. Da Sie aber so ausgezeichnete Auskunft ertheilt haben, daß ich fast glauben möchte Sie seien im Begriff die lustige Bürde mit einer süßen zu vertauschen, so wollte ich nicht Sie mit einigen Fragen noch weidter zu quälen.

Wie viel hat Röper für seinen Hausstand-Transport von Basel bis Rostock zur See pro Tonne gezahlt, und wie lange sind die Sachen unterwegs geblieben? Da ich für ihn einige Bücher von Dr. Iselin mitzunehmen beauftragt bin, so hoffe ich wird er es nicht unbescheiden finden, daß ich ihn unbekannterweise mit dieser Frage incommedire.

Der Wein 4 ein Hamburger Wachsack a dato oder kurze Sicht in Rostock und ist er leicht zu ? Auch diese Frage wird zwar Kaufmann Schalburg, der mir von 5 empfohlen ist und leichteste Auskunft geben. Ersuchen Sie denselben außerdem mir zu gestatten, meine Haussachen an seine Adresse zu senden, sowie um Angabe eines guten Hauses in Hamburg und in Lübeck zum Zwecke der Spedition. Ich bin innerlich willens, meine Bibliothek von hier entweder zu Lande über Frankfurt nach Hamburg oder Lübeck zu senden, was Sie dort in Rostock am zweckmäßigsten finden, oder zur See verfahren zu lassen falls dies nicht zu lange dauert. Meine Göttinger Möbeln dagegen will ich über Münden Hannoversch Münden nach Bremen etc. schicken, wie Elvers umgekehrt gethan.

Meinen freundlichen Dank für Ihre Bemühungen zwecks Wohnung. Ich gebrauche 2 – 3 Zimmer und eine Kammer ohne Möbeln. Kann die Bedienung mir nicht im Hause verschafft werden, so muß auch für eine Magd Raum da sein. Also eine Wohnung für eine einfache Wirthschaft. Puncto Heirath denke ich noch ebenso wie vor 3 Jahren, habe aber keine Lust mir die Bequemlichkeiten zu versagen, auf die man in meinem Alter Anspruch macht. Dabei fällt mir ein, daß ich auch während meiner Reise Nürnberg passire. Indem Sie dorthin keinen Auftrag oder Brief senden sie ihn zu:6 In Betreff der Wohnung wollen Sie die Güte haben ihr wachsames Auge fortfahren zu lassen. Ich denke das Beste ist ich wohne etliche Monate chambre garni7 und richte mich dann gemüthlich ein in einer der Behausungen die beifallswürdig sind und nicht so bald gekündet werden. – Meine Bitte erhalten Sie gütigst sofort, und senden den Brief direct an Wunderlich Berlin 24 Luisenstr. Er muß dort vor dem 6. Februar eintreffen, wenn er hier noch an mich gelangen soll, da ich den 12. Februar reise. In Berlin treffen Sie mich . An Thöl habe ich seit November 3 dringende Briefe geschrieben ohne je Antwort zu erhalten. Ihre Mittheilung schmerzt mich. Mündlich mehr. ist wohl ein Irrthum. Dr. 8 schrieb mir 9 lese Pandecten, und ich habe die so gewählt. Grüßen Sie Beseler.

Die Post drängt und das Papier geht zu Ende.

Ihr treuer Freund Wunderlich