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Maria Helena Susanna Hegel, geb. Tucher, an Karl Hegel, Berlin, 5. Oktober 1843

Die liebe Freundin war getreuer als ich. Sie schrieb Dir schon am Abend unserer Ankunft und brachte mir diesen Morgen ihren Brief. Ich war durch einen sanften Schlaf erquickt, doch hatte ich am Morgen wieder viel gehustet und fühlte mich so, wie es mir war, wie Stanius mich aufforderte zu Bette zu bleiben, ich bleibe daher heute zu Bette, auch um von allem Besuchemachen und sonstiger Unruhe dispensirt zu seyn; ich wollte nur ich hätte das Recept der Arzenei die mir so gut gethan hat mitgenommen. Doch wird der Schnupfen (denn mehr ist es nicht) auch ohne Arzenei vorüber gehen – ich transperire und verspreche Dir, ich will mich pflegen und schonen.

Zu meiner großen Freude fand ich meine Luise wieder in meiner Wohnung. Sie hat sich in den letzten 8 Tagen wieder erholt, nimmt sich in dem sehnlichen Verlangen bei mir zu bleiben zusammen und läßt sich von ihrer Schwester helfen. So lange ich unwohl bin, ist mir die treue Aufmerksamkeit mit der sie mich pflegt und alles besorgt, auch eine Wohlthat und für weitere wird auch Rath werden. Es umgibt mich wieder eine Stille und Ordnung und Ruhe die auch das Innere zur Ruhe und Stille kommen läßt.

Gestern besuchte mich, da er2 hörte ich sey unwohl schon am frühen Morgen – er war so herzlich – die liebe Sybel die nachher eine Stunde bei ihm war, war auch von seinem herzlichen Willkommen und ihrem offenen Aussprechen mit ihm aufs neue ermuthigt – sie sagte ihm u. a. wie ich ihn viel lieber hätte und ihm getreuer wäre als sie und wie sie längst entmuthigt wäre, hätte ich sie nicht gehalten – darauf er ihr nicht nur einen Finger sondern die ganze Hand reichte –

Die liebe Klitzing, die für meinen Haushalt so treu besorgt war, war gestern gleich nach meiner Ankunft und diesen Morgen bei mir – auch Thams und einige der Schwestern vom Kranken Haus – so fehlt es mir nicht an treuen Seelen die mich lieben – die liebe Sybel möchte alle Stunde nach mir sehen –

Ich fand auch ein ganzes Paquet Briefe – so daß ich diesen Morgen ein paar Stunden brauchte mich durchzulesen und von Manuel beiliegender3 – den von Luise Sophie Seiz und Andere –

Da hab ich in meinem Bette Stoff genug – dahin und dorthin zu denken – und Gott zu loben und zu danken – In diesem Dankgefühl verweilen auch noch meine Gedanken in der letzt durchlebten glücklichen Zeit in Warnemünde und Rostock vereint mit Dir Du theurer Sohn4 – Gott segne Dich und erhöre Deiner Mutter Gebet für Dich und Immanuel!

Sorge Dich nicht um mich – mein Unwohlseyn ist hoffentlich nur ein Vorübergehendes. Besser wäre es freilich gewesen ich wäre noch 8 Tage in Ruhe bei Dir geblieben – und hätte die liebe Sybel allein reisen lassen – was freilich wohl Goßner erwartete – daß sie sich nicht an mich bindet wo die einmahl übernommene Pflicht ruft – Zum Glück ging im Kranken Haus alles gut und ihr Anfang dort ist nicht schwer –

Auf der Grenz Mauth ging alles schnell und glücklich von statten wir fanden auch dort den Freipaß vor und hatten von da an 3 Plätze – Anfangs ging es eng zu, aber es rangirte sich doch daß Mariechen immer ihr Plätzchen fand – erst reisten wir mit einem Pfarrer aus Rostock ? ? – ein profanes Gefäß – dann mit Buchhändler Dümler aus Strelitz und Baron Behr5 bis Berlin.

Grüße mir die theuren Freunde Hoffmann und Röpers Stannius die liebe Frau – Hast Du der D. Deterding die 2 weisen Tücher, die sie mit 6 geschickt hat wieder geschickt Danke ihr und der lieben Frau Dugge für alle Liebe die sie mir erwiesen haben.

Ich schicke Dir vorläufig auf Abrechnung 10 Thl. Taler

Noch ein herzinniglich Lebewohl aus dem liebenden Herzen Deiner getreuen Mutter.