Dein Brief2 und Bild3 war wohl eben erst abgeschickt, als unsere Briefe mit 10 Thalern bei Dir angekommen sind? – ich hatte ihn Donnerstag zeitig genug zur Post geschickt, Du mußtest ihn daher Sonnabend früh erhalten haben. Der Deine traf mich noch zu Bette. Es geht mit meiner Erholung langsam – doch ist es wohl nichts Bedenkliches wenn es mich auch an meine Hinfälligkeit wiederholt mahnt – es ist wieder mehr und mehr überhandnehmende Nervenschwäche und Mattigkeit obwohl in geringerem Maaße als vorigen Winter doch ohngefähr in dem ähnlichen Zustand – Ich komme bei jeder kleinen Anstrengung, wenn ich mich ankleide in eine Ermattung in der ich mich nicht mehr aufrecht erhalten kann, schlummere wenn alles ruhig um mich ist, und möchte am liebsten immer allein seyn weil mich jede Unterhaltung ermüdet und meinen Nervenkopfweh vermehrt – Der Husten läßt mir des Nachts Ruhe – so schlafe ich doch Gottlob – Böhm besuchte mich schon zweimahl, ich brauche mit Vertrauen seine Arzenei und lasse die Homeopathie. Er grüßt Dich herzlich – ist noch nicht Bräutigam. Ich möchte Dich gerne mit Besserem und Erfreulicherem unterhalten, als mit der trübseligen Litaney meines Unwohlseyns. Ich schreibe Dir aber lieber aufrichtig die Wahr heit und ziehe Dir dabei ein so freundlich Gesicht als in den guten Tagen in Warnemünde. Gelobt sey der Herr für alles – Ich nehme auch diese Zeit die mich zur Ruhe und Stille verweist in der ich mich nicht einsam fühle, sondern in meinem Gott vergnügt bin mit Lob und Dank hin. Meine Luise ist jetzt ganz im Kranken Haus ihre Stelle ist mir durch ein anderes sehr liebes stilles freundliches und frommes Mädchen ersetzt, die im Kranken Haus wiedergenesen ist und dort durch ihr Wohlverhalten und gute Zeugnisse unser Zutrauen erworben hat – Ab und zu sieht die liebe Klitzing und Sybel nach mir – Goßner war auch schon zweimahl bei mir – er bezeugt mir durch seine innige Fürbitte und seinen kräftigen Zuspruch daß ihm mein Leben lieb ist –
Nun wie Gott will! – Ich war ja schon oft so schwach und Gott stärkte mich wieder – so hoff ich auch dießmahl daß es nur wieder eine vorübergehende Mahnung ist. Wir wollen uns, ob es so oder anders gekommen wäre, wenn ich nicht gereist wäre4 nicht fragen und zum Vorwurf – was geschehen ist geschah in Liebe – und wenn man sich auch gegenseitig in Liebe das Päckchen erschwert, ist Einem doch das Andere Stütze – Sollte ich länger unwohl seyn, so ist es doch auch besser daß ich hier bin, es wäre für Dich doch eine große Sorge und Störung eine kranke Mutter bei Dir zu haben – Es lag wohl schon mehr als ein bloser Schnupfen in mir, deshalb ich auch wohl nicht mit Unrecht beschuldigt wurde, ich sey aufgeregt –
Dein Bild vergegenwertigt mir meinen Karl nicht – wohl aber jedes liebe Wort was Du mir schreibst – Du lieber Sohn!
Gott segne Dich. Unser Zusammenseyn war ein recht glückliches, in dem ich wohl fühlte wie Du mich liebst –
Grüße mir alle lieben Freunde – Ich wollte es wäre von meinem Unwohlseyn gar keine Rede –
Doch hat mich die Professor Becker, die mich in Warnemünde verfehlte hier aufgesucht. Ich freute mich ihrer Bekanntschaft. Du erhälst durch sie hirbei: 85 Th. 4 ½
Du hast viel Ausgaben mit uns gehabt. Deshalb schickt Dir der Vater auch …5
…6
Ich fand in meiner Brieftasche 13 Sg7 die ich statt 4 ½ Sg mit beilege
Hennings Zinsen schick ich wenn ich sie erhalte in einem Brief.
Leb wohl lieber Sohn und sorge Dich nicht um mich.
Brief und Geld schicke ich Mitwoch Mittag zu Beckers und Link, da sie mir sagten sie reisten Mitwoch und höre sie seyen schon morgens abgereist ich lege es nun unter Kreuz Couvert und schick es per Post – Ich fühle mich heute nach einer guten Nacht kräftiger – Huste nur wenig – Ich hoffe so Gott will es geht bald vorüber. Leb wohl theurer Sohn