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Friedrich XVI. Ernst Sigmund Egloffstein an Karl Hegel, Görlitz, 18. Januar 1844

Sehr werthgeschätzter Herr!

Euer Wohlgeboren möge huldreichst den innigst gefühlten Dank genehmigen, zu dem mich dero überraschende Güte wahrhaft verpflichtet. –

Allein Ihrem gütigen Mitgefühle das meinem Herzen in jener trauervollen Zeit so tröstend  und darnach mehrend nahe stand, verdanke ich es, daß mir in jener Zeit in Hamburg ein so erwünschtes Asyl geöffnet ward.2

Jetzt erst, da Alles in das völlige Gleichgewicht zurückgeführt, kann ich Ihnen mittheilen, wie freundlich Bekannte, Verwandte und Vorgesetzte in dieser schwierigen Angelegenheit sich meiner angenommen haben.

Vor allem steht mein vortrefflicher Komman- deur an der Spitze.

Kaum in Hamburg und durch Herrn Wichern’s liebevolle Empfehlung in Doktor Palms Haus aufgenommen, blieben trotz mehrfacher Erkundigungen alle Nachrichten aus Berlin aus der Kommandenur, von Berlin aus ebenfalls in Kenntniß gesetzt, wie letztens durch mich selbst schon geschehen war, sah sich genöthigt den Vorfall an den kommandirenden General von Colomb insofern zu melden, daß ich über Urlaub geblieben sei.

Als die bang verlebten vier Wochen, jene Frist von deren Folgen Alles abhing überstanden und mir durch ersteren mitgetheilt wurde, wie ich jetzt nur sehr wenig zu fürchten hätte kehrte ich muthig und der 3 Eltern wegen Alles wagend, über Berlin in meine Garnison zurück. In Berlin hatte ich kaum Zeit Erkundigungen, allerdings sehr beunruhigender Art einzuziehen um eilends mit dem ersten Januar in Görlitz einzutreffen. Gestern wurde mir die über mich verhengte Strafe – ein dreiwöchendlicher Stubenarrest – diktirt. –

Wie glücklich hat sich doch Alles gefunden. Die hohen Vorgesetzten betrachten durch des Kommandeurs lebhafte Verwendung veranlaßt, das Ganze nur als ein Überurlaubbleiben.

Kürzlich in den Kreis zurückgeführt, dem ich so plötzlich entführt ward, steht mir die Aussicht bevor, in Mitte kommenden 4 Officier zu werden.

Was würde ohne Ihre höchst gütige Verwendung aus mir geworden sein. In dem kläglichsten Zustand hätte ich wahrscheinlich Hamburg verlassen, um auf der See mein Heil zu suchen. In der Aufgeregtheit die als Folge einer tiefern moralischen Beklommenheit mich erst viel später geistig ruhen und mich sammeln ließ, hätte ich eher die so liebevolle Aufnahme in Doktor Palms Haus, den Verhältnissen auf immer entsagt, in denen ich, wenn sich meine neugefaßten Pläne realisiren, eine wenn nicht sorgenfreie, doch beruhigende Zukunft finden kann. –

Nehmen Sie nochmals meinen aufrichtigen Dank, der keine Opfer scheuen würde sich Ihnen in irgend einer Art rentierlich zu zeigen.

Euer Wohlgeboren
ganz gehorsamster
von Egloffstein