Deine Klage theurer Herzens Sohn daß wir nur durch Gelegenheit schreiben hat mir feurige Kohlen aufs Haupt gelegt und mir zu ernsten Betrachtungen über meinen alten Menschen der nimmermehr Schreiben lernt, Veranlassung gegeben – ich schäme mich vor mir selber daß ich mich solcher Untreue schuldig mache, wo es nur eine kleine Selbst Überwindung kostete, getreu zu seyn – und welche dankbare Freude wäre es – ein Geben und Nehmen: um diese Freude bringt mich mein alter Mensch! Nun schreibe ich heute am Pfingst Montag der Dein Geburtstag2 ist – – Ich ging diesen Morgen allein zum Heiligen Abendmahl und bewege eine heutige und gesterige Predigt die eine die andere ergänzte, in meinem Herzen: Die Ausgießung des Heiligen Geistes war die erste Reformation sagt Jonas und wie auch damahls nicht nur Einzelne als Träger, sondern Alle Gläubigen den Geist empfingen, so leise sich der sich ewig fortbewegende freie göttliche Geist als ein …3 mich unter Vormundschaft setzend: – Es hieße auch jetzt noch bei den Einen „was soll das werden?“ und den Anderen „sie sind voll süßen Weins.“ Diese Predigt faßte alle Lebensfragen der Kirche in sich und war ein freies geistreiches Wort im heiligen Eifer und aus warmem Herzen, bei dem mir nur fehlte was Goßner heute ergänzte: Wie konnten die ersten schwachen Jünger – wie können wir den Heiligen Geist empfangen? Anfangs hätten sie Conferenzen und Synoden gehalten und … …4 wären sie nicht weiter gekommen als wie früh wie der Herr seine erste Gemeinde gestiftet wie er sie ordinirt! – In weß Namen sie Macht hatten – „Gold und Silber hab ich nicht, was ich aber habe, gebe ich dir: im Namen Jesu Christi stehe auf und wandle“5 Apostelgeschichte 3 – und denselbige Geist konnten auch wir empfangen auf dem alleinigen Wege; thue Buse und Glaube, laß Ihn der alles in Dir wirken will, Dein Herz – Es gibt viele Köpfe und Zungen die von ihm zeugen, aber wenig Herzen die verlangen nach Ihm – wir haben umgekehrt Gold und Silber aber es fehlt der Geist und die Kraft – die aber auch eben so Jeder empfangen kannn perge perge – Ich wiederhole, was Goßner sagt und schreibe mit einer einäugigen Brille – – Der Heilige Geist explicire meinem Pfingst Kind das alles selber und erkläre Dir die Zeiten und Zustände und alle Weisheit die Deine Folianten enthalten und schenke Dir erleuchtete Augen, damit Deine Arbeit wohl gelingen, und die weitern Wege bahne – das wünsche ich Dir von Herzen, doch Alles wie Gott will! – Wir wollen bei den Wünschen des Dankes nicht vergessen daß es Dir bis jetzt so geglückt hat. – Die Zeit und Ruhe, die Du zur Arbeit hast ist unschätzbar – ich will Dich daher auch nicht länger als Du willst und kannst hier festhalten – und mache auch keine Pläne vor der Zeit, doch möcht ich gern mit Manuel und Friederike wenns seyn kann nach Nürnberg. – Es kommt nun doch Deine Zeile näher – wir beiden Mütter arbeiten an der Ausstattung und Einrichtung und Mutter Flottwell ist nun auch wieder freudiger dabei. – Trinkler ist hier und die liebe Clarine Klar eine treue Gehilfin – Es ist zu fürchten daß der Vater mit der K.6 nach Preussen muß, er hält diese Reise nicht für nothwendig – Manuel heißt mich schließen – So nimm noch einen Gruß und Kuß aus warmem Herzen.