Berlin den 20ten Juni 1845
Endlich kann ich Dir den bestimmten Tag der Hochzeit sagen – es ist der 3te Juli. Möller von Magdeburg wird unsere Lieben trauen, da keiner der hiesigen Geistlichen der Familie näher bekannt ist, wurde der Wunsch ausgesprochen – und nun bestimmte Möller den Tag – Ich kann Dir aber auch noch andere liebe Hochzeitsgäste melden – Siegmund und
Marie haben auf die allgemeine Einladung die an die lieben Nürnberger ergangen ist, sich entschlossen und kommen kurz vor der Hochzeit und wollen mich mitnehmen! –
Diese erfreuliche Nachricht entscheidet nun alles worüber ich mich fragte: soll ich oder soll ich nicht? Ich reise mit ihnen und lasse meine jungen Leutchen allein ziehen – Nur müssen aber die 14 Tage die Du mir versprochen hast und von dem ich keinen verlieren will, auch noch heraus kommen – Also rechne ich darauf daß Du so bald wie möglich kommst, etwa Ende künftiger Woche – Donnerstag den 26ten bezieht Manuel seine Wohnung, dann richte ich alles zu Deiner und Siegmunds Aufenthalt ein – Es wird ganz gut gehen – Siegmunds schlafen in meiner Schlafstube und können zur Morgen Toilette auch meine Wohnstube benutzen. Du schläfst und wohnst in der gelben Stube – und ich schlafe da wo Manuel, wo ich mit meiner Küche und Mädchen im Rapport bleibe – Wir frühstücken dann in der Laube, indeß die Zimmer in Ordnung gebracht werden. –
Siegmunds wollen sich doch auch Berlin und
Potsdam ansehen und haben dazu ihren Georg als Führer | Aber schön wär es doch wenn Du ein paar Tage früher als sie, kommen könntest, daß ich Dich doch noch allein habe – Du Lieber! Ich freue mich unaussprechlich darauf Dich wiederzusehen.
Es ist aber doch noch eine recht bewegte unruhige Zeit – wo ich meine Besonnenheit zusammen nehmen muß, um meine Kräfte zu rathe zu halten – und das thue ich nun wirklich mit ängstlicher Gewissenhaftigkeit, denn es wär ja nichts ärgeres, als wenn ich den dummen Streich machte und krank oder schachmatt würde – also gewiß, ich schone mich und werde geschont – Manuels Stube die er sich eingerichtet hat, ist schon ganz fix und fertig auch Vorhänge schon aufgemacht – seine Bräutigams Wäsche wird heute geplättet und morgen in seine Komode dort eingeräumt – Meine Equipirung zur Hochzeit und Reise ist auch schon angeschaft – also hoff ich nächste Woche mit allem fertig zu seyn – bis auf das Einfüllen einger Stücken Betten, zu denen Du mir die bestellten 6 Pfund Daunen und 6 Pfund Federn mitbringen wirst; – wofür ich Dir schönstens danke – und den lieben Henden die die so gut besorgen auch meinen schönsten Dank sage. Hier kostet das Pfund beste Daunen 1½ Th. Taler und
Pfund Federn 1 Thl Taler. Da sind sie aber gerissen d. h. von den spitzen kleinen
… befreit. – Hier sind alle Federn mit Kalkstaub vermengt, so daß wenn die Betten geklopft werden, der Ausklopfer wie bepudert aussieht – dieß brachte mich auf den Gedanken mir sie von dem ehrlichen Meublen | träger Gennser zu verschreiben. Du hast damit auch etwas zu Manuels Ausstattung besorgt, sein Gastbett – Lasse die Federn nur in einem Bezug von Dir und in das Inlett, das W. mitgebracht hat, einfüllen. Bringe mir auch Deine silbernen Kafeelöffel und die drei Kafeelöffel, die ich Dir zurück ließ, und die drei Eßlöffel mit – Mein Silber ist so sehr zusammen geschmolzen, daß es für mehrere Gäste nicht ausreicht – Dein Kupferstich soll bestens besorgt und eingerahmt werden – ich konnte erst vorgestern G. damit beauftragen bei Zerstöcker nachzusehen und hatte noch keine Antwort ob Dein Extra Blatt da ist. Es ist gewiß das passenste –
Dein Brief an Friederike versetzte mich nach Warnemünde und
Doberan, wo mir auch so das Herz aufgegangen ist – es erquickt mich der Gedanke daß Du es genossen hast und den Bücherstand abgespult hast und mit gesterkten Kräften und erfrischt wieder beim Bulte Pult sietzt – Aber schliese nur Deine Vorlesung und mach das Buch zu und laß mich bald wissen, wann Du kommst –
Der ehrliche Franz grüßt auch schönstens und freut sich auf Dich –
Marie Busse soll in den nächsten Wochen wieder zurück kommen, willst Du ihr nicht Deine Begleitung anbiethen? Sie ist schon über alle Heiraths Gedanken hinaus und die Welt würde sich auch nichts dabei denken – aber ich glaube | es wäre ihr und der ängstlich besorgten Mutter wohl ein Kameradschaftsdienst, wenn Du ihr Beschützer auf der Reise seyn könntest und in … war sie Dir jedenfalls eine angenehme Reise Gesellschafterin, sie ist ein recht verständig, liebes Mädchen – Hast Du aber nicht Lust dazu, so will ich Dich damit nicht plagen – die Mutter sagte davon nichts zu mir und ich auch nicht zu ihr – Alles weitere mündlich – auf baldiges Wiedersehen so Gott will!
Grüße mir die lieben Hoffmanns und
Karsten – und
Wunderlichs und Deine brave Wirthin –
Vater Flottwell und
Mutter und Geschwister grüßen Dich – Clärchen ist Gottlob ganz wieder wie früher – so heiter wie ich sie noch nie gesehen, und die getreue Clarine ist auch noch hier und ist ein wohlthätig vermittelndes Prinzip.
Ich hoffe wir werden einen heiteren gemüthlichen Hochzeitstag haben, Hefters, Maclains und
Scaley sonst Niemand wird dabei seyn. Von unserer Seite die lieben Nürnberger – Wir sind von allen alten Freunden so abgekommen, daß wir keinen dazu bitten möchten – Marheineke ist der höchsten Ruhe bedürftig und hat oft seine Anfälle – Schulze war auch krank und würde stören, Hotho läßt sich nicht sehen, sie machte der Braut nicht einmahl einen Gegen Besuch – Beide kennen Manuels Braut noch gar nicht – welche Theilnahmslosigkeit! Da lob ich mir doch noch meinen Siegmund – und die Treue von Geschwistern und die Bande die mich an Euch Ihr Theuren knüpft – Ja wie lose sind alle anderen Bande der Freundschaft! indeß wohl die Gemeinschaft in Christo die bleibend ist – die Glieder der unsichtbaren Gemeine! Er das Haupt und wir die Glieder – die Kirche die Braut – aber auch diese Gemeinschaft ist hier noch eine getrübte in | der oft die Liebe fehlt – und das Eigene unfreie und besondere ist die Klippe daran das Göttliche zu menschlicher Schwachheit sich umkehrt – – Leb wohl geliebter Sohn! Das Blatt geht zu Ende! |
Die schönsten Grüße von Manu und Friederike
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Privatbesitz
.
Privatbesitz
1000
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Hegel
, Immanuel: Erinnerungen aus meinem Leben, Berlin 1891.
I. Hegel
, Erinnerungen.
1891
Möller, Johann Friedrich11708227917891861Möller, Johann Friedrich (1789–1861), in Erfurt geborener evangelisch-lutherischer Pfarrer, der bis 1813 an der Universität Göttingen studierte und 1829 Pfarrer an der Erfurter Barfüßerkirche wurde, 1832 Konsistorialrat in Magdeburg, 1843 Generalsuperintendent der altpreußischen Kirchenprovinz Sachsen und erster Prediger am Magdeburger Dom. Als Anhänger des Neuluthertums bekämpfte er die rationalistischen Lichtfreunde. Im Jahre 1850 war er Mitglied des Staatenhauses des Erfurter Unionsparlaments.
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Gennser, N. N.-Gennser, N. N., Möbelträger.
Franz, Johannes11671914118041851Franz, Johannes (1804–1851), in Nürnberg geborener Philologe, der nach seinem Studium des Alt- und Neugriechischen an der Universität München dort promoviert wurde und sich habilitierte. Nach einem längeren Italien-Aufenthalt wurde er 1840 außerordentlicher, 1846 ordentlicher Professor für alt- und neugriechische Philologie an der Universität Berlin.
Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer
Charlotte Hofmann, geb. Lameyer-1883Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer († 1883), Ehefrau Johannes Christian Konrad Hofmanns (1810–1877), des ordentlichen Professors der evangelischen Theologie an den Universitäten Rostock und Erlangen.
Hofmann, Johannes Christian KonradJohannes Hofmann11870611X18101877Hofmann, Johannes Christian Konrad (1810–1877), in Nürnberg geborener evangelischer Theologe und Gymnasiallehrer, 1841/42 außerordentlicher Professor der Theologie an der Universität Erlangen, ordentlicher Professor an den Universitäten Rostock (1842–1845) und Erlangen (1845–1877).
Karsten, HermannHermann Karsten11618688718091877Karsten, Hermann (1809–1877), in Breslau geborener Mathematiker, Physiker und Mineraloge, der von 1826 bis 1829 an den Universitäten Bonn, Berlin und Königsberg Rechtswissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften studierte, 1829 promoviert wurde und sich 1830 an der Universität Rostock habilitierte. 1831 wurde er außerordentlicher Professor, war von 1836 bis 1877 Ordinarius für Mineralogie, Physik und Mathematik an der Universität Rostock und war deren oftmaliger Rektor. Er war der Bruder von Emilie Beseler (1816–1900), geb. Karsten, der Ehefrau Georg Beselers (1809–1888) und somit dessen Schwager. Hermann Karsten war verheiratet mit der Pastorentochter Theodore Berg (1817–1867) aus Wustrow an der Ostsee gelegen, mit der er mehrere Kinder hatte.
Wunderlich, Agathon Gottlob Friedrich WalterAgathon Gottlob Friedrich Walter Wunderlich11735444918101878Wunderlich, Agathon Gottlob Friedrich Walter (1810–1878), in Göttingen geborener Sohn des Klassischen Philologen Ernst Karl Friedrich Wunderlich (1783–1816) und Bruder des preußischen Konsistorialpräsidenten Oskar Wunderlich († 1882). Er war von 1842 bis 1847 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften an der Universität Rostock, vorher vier Jahre an der Universität Basel und ab 1847 an der Universität Halle, bevor er 1850 Richter am gemeinschaftlichen Oberappellationsgericht der vier Freien Städte des Deutschen Bundes in Lübeck wurde.
Dugge, Pauline, geb. Prehn-18111874 Dugge, Pauline, geb. Prehn (1811–1874), Witwe des Rostocker Juristen und Senators Ludwig Friedrich Dugge (1806–1837).
Flottwell, Eduard HeinrichEduard Heinrich Flottwell11663107417861865Flottwell, Eduard Heinrich (1786–1865), preußischer Staatsmann, Minister und oftmaliger Oberpräsident, u. a. von 1841 bis 1844 Oberpräsident der Provinz Sachsen, 1849/50 Oberpräsident der Provinz Preußen, 1850 Oberpräsident der Provinz Brandenburg, Schwiegervater Immanuel Hegels (1814–1891).
Klee, Clarine (Klarine): Klee, Clarine (Klarine) Tochter des preußischen Verwaltungsbeamten und Autors kirchenrechtlicher Schriften Emil Wilhelm Klee (1806-1855), der u. a. nach Regierungstätigkeiten in Kirchen- und Schulangelegenheiten in der Posener Regierung ab 1851 in gleicher Funktion als Oberregierungsrat in der Magdeburger Regierung wirkte. Sie wurde Hilfs- und Pflegeperson im Hause Immanuel Hegels (1814–1891) in Berlin und war eine Freundin Auguste Trinklers, geb. Flottwell (1816-1844), sowie ihrer Schwester Friederike Hegel (1822-1861) Friederike Hegel (1822–1861).
Heffter, August Wilhelm11657019917961880Heffter, August Wilhelm (1796–1880), im sächsischen Schweinitz bei Wittenberg geborener Rechtswissenschaftler, der nach seinem Jura-Studium an den Universitäten Leipzig und Berlin zunächst seine Berufslaufbahn in der preußischen Justiz begann. Im Jahre 1823 wurde er als Professor an die Universität Bonn berufen, wechselte 1830 an die Universität Halle und ging 1833 an die Universität Berlin. Er war Ehemann Elise Heffters, geb. Müller (1801–1886).
MacLean, Lauchlan (II.)110744449718051879MacLean, Lauchlan (II.) (1805–1879), in Danzig geborener preußischer Verwaltungs- und Ministerialbeamter sowie von 1850 bis 1855 Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses. Nach seinem Abitur an der Fürstenschule Schulpforta studierte er ab 1823 Philosophie und Rechtswissenschaften an der Universität Göttingen, wurde 1835 Regierungsassessor in Posen, 1836 Regierungsrat in Erfurt, 1843 Hilfsarbeiter im Preußischen Staatsrat und brachte es von 1844 an im preußischen Handelministerium bis zum Regierungsdirektor. Er war mit Auguste Emilie MacLean, geb. Guenther (1813–1848), verheiratet.
Skalley, Eugen Friedrich Reinhold105542925517851867 Skalley, Eugen Friedrich Reinhold (1785–1867), Jurist, Geheimer Regierungsrat, Geheimer Oberfinanzrat, 1848 Vortragender Rat im Königlich Preußischen Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten in Berlin und beauftragt mit den Direktionsgeschäften der Abteilung für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen, 1855 dort Ministerialdirektor.
Marheineke, Philipp Konrad11899389517801846Marheineke, Philipp Konrad (1780–1846), in Hildesheim geborener evangelischer Theologe, von 1805 bis 1807 außerordentlicher Professor an der Universität Erlangen, von 1807 bis 1809 an der Universität Heidelberg, dann dort bis 1811 und anschließend bis 1846 ordentlicher Professor an der Universität Berlin; er konformierte Karl Hegel. Er war in zweiter Ehe mit Friederike Marheineke, geb. Meves (1799–1880) verheiratet.
Schulze, JohannesJohannes Schulze11886028317861869Schulze, Johannes (1786–1869), in Mecklenburg geborener evangelischer Theologe, Philologe, Gymnasiallehrer und Bildungspolitiker, ab 1818 Beamter – zuletzt Wirklicher Geheimer Oberregierungs- und Vortragender Rat – im preußischen Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten mit Zuständigkeiten für das höhere Schulwesen, die Universitäten, Akademien, Bibliotheken und öffentlichen Sammlungen.
Hotho, Heinrich GustavHeinrich Gustav Hotho11915495118021873Hotho, Heinrich Gustav (1802–1873), in Berlin geborener hugenottischer Fabrikantensohn, Kunsthistoriker und Philosoph, der von 1821 bis 1824 an den Universitäten Berlin und Breslau studierte und sich 1827 in Berlin habilitierte. Zunächst Privatdozent, wurde er 1828 außerordentlicher Professor der Kunstgeschichte an der Berliner Universität, 1832 Mitarbeiter in der Gemäldegalerie und 1859 Direktor des Berliner Kupferstichkabinetts.
Hotho, Louise, geb. Uhden
18041873 Hotho, Louise, geb. Uhden (1804–1873), in Berlin geborene Tochter aus der zweiten Ehe des preußischen Beamten und Diplomaten Wilhelm Uhden (1763–1835) mit der Malerin Susanne Elisabeth Huth, Ehefrau des Kunsthistorikers und Philosophen Heinrich Gustav Hotho (1802–1873).
Magdeburg52.1315889,11.6399609Hauptstadt der preußischen Provinz Sachsen an der Elbe und Sitz des Regierungspräsidiums Magdeburg, etwa 150 Kilometer westlich von Berlin gelegen.
Potsdam52.4009309,13.0591397Garnisons- und Residenzstadt des Königreichs Preußen an der Havel, etwa 30 Kilometer südwestlich von Berlin gelegen.
Warnemünde54.1779039,12.0812875Von Rostock früh erworbener Ort an der Mündung der Warnow in die Ostsee, der den Zugang zum Meer sichern sollte und sich im 19. Jahrhundert zu einem Seebad entwickelte.
Doberan54.105858,11.9026057Etwa 18 Kilometer westlich von Rostock nahe der Ostsee gelegener mittelalterlicher Klosterort, der sich im 19. Jahrhundert mit seinem Ortsteil Heiligendamm zu einem bedeutenden internationalen Seeheilbad entwickelte.