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Maria Helena Susanna Hegel, geb. Tucher, an Karl Hegel, Berlin, 21. Juni 1846

Muß noch mein nachträgliches Päckchen von 2 zurückgelassenen und hinzugekommenen Gaben3 gepackt und der lieben Frau Professor Becker zugeschickt werden – Ich sage Dir mein lieber Herzens Sohn daher nur mit wenig Worten daß wir alle wohl sind und nun täglich den neuen Ankömling in guter Hoffnung erwarten – Friederike sieht freudig und guten Muths der entscheidenden Stunde entgegen, ist überaus wohl, so daß auch die Mutter um ihretwillen beruhigter ist – Unsere Lieben stellen sich Dir selbst vor – und sind (abgerechnet daß Friederike ein wenig zu alt und zu ernst aussieht) doch sehr wohl getroffen4 – dieß und noch einige Kleinigkeiten von der Mutter zum Anzug ist Dein nachträgliches Geburtstags Geschenk – Wie froh war ich daß Dir die Freunde in unserer Abwesenheit Deinen Geburtstag versüßt haben – Diese Liebe Deiner Freunde ist nicht genug zu schätzen und darin hast Du in Rostock etwas zum Voraus – und wirst diese Collegialische Verhältnisse und diese lieben Freunde doch anderwärts nicht so leicht wieder finden – Drum kannst Du schon noch geduldig aushalten und zusehen – Wir wünschen nur daß Du mit Deinem Verleger und Deiner Arbeit bald im Reinen seyn möchtest5 – Schreib uns bald wieder Du lieber Sohn wie es damit geht – und denke an Vater wie es ihm mit seinen ersten Werken ging – wenn es nicht so geht wie Du wünschst –

Der Marheineke solltest Du selbst schreiben sie sagte mir wie sie die Briefe von bekannten und unbekannten Freunden und Schülern ihres Mannes erquickten und trösteten. Sie geht wohl, bei allem was für sie gethan wird großer Beschränkung entgegen. Der Vorschlag von Eichhorn trägt es auf 60 Thl Taler für jedes Kind6 und für sie auf 300 Thl an sonst hat sie noch Jahrlich 350 – Sie war erst gefaßter nun aber hat sie schwerere Stunden der Sorge und sieht sehr übel aus – Das beste wäre die Knaben kämen in Erziehungs Anstalten; sie ist nicht dazu gemacht diese unbändigen Jungen zu erziehen – Jedenfalls wird es nicht an Gelegenheit fehlen ihnen unsere Dankbarkeit zu bethätigen – es wird ihr wohl thun wenn Du ihr dieß selbst sagst – Dunker schrieb ihr was Karl an Büchern brauche keine auf seine Rechnung – Professor Franz hat sich erbothen ihn im Lateinischen und Griechischen zu unterrichten. Der gute Lorenz grüßt Dich schönstens und empfiehlt Dir seinen Buchhändler Hahn in Hannover und Leipzig

Gestern ist der Vater Flottwell abgereist – mit schwerem Herzen – er hoffte noch die Beruhigung mitzunehmen – und Friederikes Entbindung zu erwarten – konnte aber seine Reise nach Preußen nicht länger verschieben. Zum 1ten Juli kommt er wieder. Clärchen ist in 7 – da kann sich die Mutter Friedrikens Pflege um so ungetheilter wittmen – Gott gebe nur daß sie ruhig und heiter dabei bleibt und durch ihre ängstliche Liebe nichts erschwert –

Heute predigt Goßner wieder zum erstenmahl – die Kirchzeit ist da – also nur noch ein herzliches Lebewohl – mein lieber theurer Sohn! –

Ich lege ein Briefchen von Lina bei – die lieben Gottliebs8 sind glücklich wieder zu Hause –