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Georg Gottfried Gervinus an Karl Hegel, Heidelberg, 11. Januar 1847

Lieber Erek.

Deinen Brief1 habe ich erhalten, Deine Bücher aber noch nicht. Ich freue mich darauf, und gebe Dir in Anlage einstweilen die Aussicht auf einen Ort, wo ich das Buch zu besprechen Gelegenheit suchen werde. – Lies dieß Programm mit Andacht und bitte Dich dann, Dich mit eigenen Kräften dabei zu betheiligen, um Alle zu werben die Du dringend erreichen kannst. Nur einige Notizen: Die Redactionscommission ist Mathy, Mittermaier, Häusser und Ich; rédacteur en chef werde ich mich gerne machen lassen, sobald ich der tüchtigsten Kräfte sicher bin, und der Theilnahme der Besten in Deutschland zu diesem guten Werke.

Politik, lerne ich täglich, muß man von Mann zu Männern treiben, und nicht mit jungen Leuten; ich lerne das bei zwar ! gloriosen Erfolgen meiner Vorträge. Ich will deßwegen gern meine Zeit an etwas setzen, von dem ich Großes erwarten würde, falls es gelänge wie ich mir es denke; ohne die Zusage der Thüchtigsten frage ! ich nicht an. Der Theilname der 2 Beseler, Pfitzer2, der jungen Gagern, Steinacker’s3, einiger der wackersten Publicisten des Tags also bin ich sicher; an Dahlmann zweifle ich nicht; den schönsten Verlag hoffen wir zu erhalten: Die Reimer4 in Leipzig und Berlin in Gesellschaft mit Winter hier. – Du siehst da eine Institution einer censorischen Direction5. Einige der Wichtigsten sind mir sicher, so Pfitzer, der alte Gagern, sogar Schlosser. Du denkst wohl nicht, daß Flottwell6 so weit sich pronuncire, den Namen für so was herzugeben? sonst ermächtige ich Dich, ihn dringend dazu zu bitten. Aber das Programm geht ihm wohl zu weit. Wozu dieß Institut, wirst Du wohl verstehen. Es soll uns geistige Depots in ganz Deutschland sichern; in Preußen einige ehrenhafte Namen an uns knüpfen, vor denen man Rücksicht hat; vor Allem das Blatt an die Germanistenversammlung knüpfen, wo es sich stets neue lebendige Nahrung haben soll. Wir denken deßhalb schwerlich vor October anzufangen, um in Lübeck noch erst die Lunte an das Pulver zu legen. – Wir haben hier treffliche Elemente beisammen: Mittermaier mit seiner weiten Verbindung, Mathy mit seiner genauen Kenntniß der Industriesachen, Häußer mit seiner geschickten Arbeitskraft; Fallenstein mit seiner Verbindung in Preußen, der seine ganze Zeit uns schenken wird; was auch ich zu thun denke. Du hast im Gebiet der Literatur einen schönen Boden zum Mitarbeiten; und gehst Du erst auf Deine neue Aufgabe los, so wirst Du bald mitten in den Tagesinteressen stehen. – Laß uns dies Leben nicht unnütz zubringen; in dieser Zeit einer hier zu Lande, in Ostpreußen, am Rhein ganz toll werdenden Agitation muß man einmal suchen vernünftig zu agitiren, auch unter der Gefahr, daß es schon zu spät ist. Gelänge es nur zwischen Preußen und Südland die angefangene Verbrüderung durch dieß Organ zu festigen auf alle Dauer, wir hätten schon dadurch ein großes Werk gethan. – Wirb also und wirb und wirb, und schreib mir bald Erfolge. Ich bin in großer Eile.

Mit besten Grüßen an die alten Freunde Thöl und Wunderlich. Victorie grüßt bestens auch.

Dein
Gervinus.