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Immanuel Hegel an Karl Hegel, Berlin, 23. Oktober 1848

Der Mutter habe ich diesen Brief abgenommen, um noch einige Worte hinzuzufügen. So eben erhalten wir Deine neueste Sendung von der Mecklenburger Zeitung – wir hatten schon immer in diesen Tagen eine solche Mittheilung erwartet, und fürchteten, daß Du sie uns entziehen wolltest. Die neuen Blätter habe ich noch nicht ansehen können; jedoch mit großer Freude und Theilnahme darin die Bekanntmachung Deiner Beförderung zum ordentlichen Professor entdeckt.2 Uebrigens fürchte ich, daß es bei Euch wild hergehen wird, und Ihr noch zu einer Besatzung mit preußischen Truppen gelangen werdet. Inzwischen hat auch bei uns die Aversion noch ein breites Feld, und sie greift unläugbar in den unteren Schichten immer weiter um sich. Sie erzeugt für eine beklagenswerthe Verwirrung aller sittlichen und politischen Begriffe. Ich fürchte immer mehr für unsere Zukunft – die preußische Regierung schließt sich jetzt offen dem Rückfall in Frankfurt an, weil daraus allein eine feste Ordnung der Dinge in Deutschland und Preußen zu erwarten ist. Mit unserer dürftigen Nationalversammlung ist nichts anzufangen. Dazu kommt die Blindheit und der Eigensinn des Königs. Pfuel wird nächstens abtreten3, mehr aus persönlichem Versagen, als aus politischen Ursachen. Er ist auch auf die Dauer dazu nicht geeignet. Wenn nur ein Besserer an seine Stelle käme! – Wien ist nach den neuesten Nachrichten noch nicht übergeben; es wird aber täglich erwartet. Die ungarische Armee ist ganz demoralisirt und Wien sehnt sich nach der Erlösung von der Monarchie.

Friederike grüßt Dich herzlich; Dein Pathchen ist immer fröhlich und guter Dinge. Gott erhalte uns diese Freude. Von Herzen Dein Immanuel.