Lieber Karl! Ich mußte den lieben Eggers ohne die Schemisetten fortreisen lassen und kann sie Dir erst heute schicken, da ich sie eben erst erhalten habe. Die Scharnweber entschuldigte sich damit, daß unerwartet viele Einkäufe ihre Vorräthe erschöpft hätten und vollauf Arbeit, an der es ihren Arbeiterinnen gefehlt hat, wieder gäbe. – Um dieses erfreulichen Wiederauflebens des Verkehrs willen, wirst Du nicht darüber schelten, daß dieses Weihnachts Geschenk so lang aus geblieben ist. Gebrauch sie mit Gesundheit und vor allem bleibe das Herz was darunter schlägt fest und rein und treu und bleibe in der Liebe, die Gott über Alles und den Nächsten wie sich selbst liebt – Es freute mich sehr daß Eggers mich aufgesucht hat – es war mir eine Herzensstunde daß er mit so viel Liebe von Dir sprach, Du hast einen treuen redlichen Freund und Gehilfen an ihm – möchte er nur Dir zu Liebe auch aushalten so lange wie Du es aushältst – Schreibe uns doch wie sich die Zahl Deiner Subscribenten am Neujahr vermehr hat – und vor allem wie es Dir sonst geht – Ich bin seit dem 3ten bei meinen Lieben1 – und fühle mich obgleich ich über Schwäche und Husten und Schlaflosigkeit klagen muß, doch von Herzen erquickt, daß ich bei ihnen bin. – Die blaue Stube ist zu meiner Wohn und Schlafstube aufs behaglichste eingerichtet – an der Sopha Seite steht neben dem Sopha mein Bett – neben dem Ofen ein Mahagoni Kleiderschrank und mein Waschtisch konnte auch noch neben dem Bücherschrank Platz finden. – Da ist mirs als wär ich auf Besuchs Reise, so frei von Sorge um Haushalt und Mädchen – sorgen meine Lieben für dieß alles und ich genieß es mit. So schwach wie ich bin, ist mir diese Sorglosigkeit eine wahre Wohlthat – Ich hätte in dieser Kälte zu Hause auch nimmermehr ein so behaglich warm Stübchen mir erschaffen können, wie hier – Der gute Manu besorgt schon am Morgen selbst meinen Ofen, daß er das Möglichste prestirt und so ist mein Stübchen immer das wärmste im Hause. Die Kinder und Friederike sind den ganzen Tag in der heitern Wohnstube – wo die gute Mutter vollauf zu thun hat, neben der Sorge für die Kinder hat sie ein ungeschicktes neues Mädchen anzulernen und da sie ihr zu viel Noth macht, läßt sie sie mit 14 Tagen ziehen und probirt es mit einer Andern. Das gehört zu den Sorgen des Haushalts von denen Du noch nichts weißt – die man in Kauf mit nehmen muß. Manuel sieht aber doch nur immer ein freundlich Gesicht – und die Stunden in denen er zu Hause ist, sind unsere schönsten und glücklichsten – –
Am Morgen wo ich meinen Umzug machte, kam die gute Becker und wollte sich zugleich nach Dir umsehen. Sie ist am Heiligen Abend2 hieher gereist und meinte sie müßte mit Dir zusammen treffen. Sie war überaus freundlich und herzlich, läßt Dich aufs herzlichste grüßen – Tags darauf wollte sie wieder nach Rostock zurück. Das weitere wird unser lieber Immanuel schreiben.
Sorge Dich nicht um mich Du weißt ich muß jeden Winter meinen Tribut zahlen und bei unseren lieben Manuel und Friederike weißt Du mich geborgen – so weit wir unter der Fürsorge der treuesten Liebe geborgen seyn können – Die ewige Liebe thut auch das ihre hinzu mein Herz zu erquicken –
Lasse bald wieder ein Wort von Dir hören, Du lieber Herzens Sohn – Dein letztes Hierseyn hat mir so wohl getan und war mir so beruhigend indem ich Dich ruhiger unter allen den politischen Wirren und Kämpfen sah als ich glaubte und da ich nun überzeugt bin, daß diese Aufgabe für den Augenblick eine befriedigende eine erhebende und nothwendige ist für Deine eigene innere Fortbildung und in ihrer Wirkung indem es Dir dadurch vergönnt seyn kann, ein gesegnetes Werk ganz in der Hand Gottes zu seyn.
In treuester Liebe