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Karl Hegel an Rudolf Haym, Rostock, 23. September 1850

Sehr geehrter Herr!

Ihre freundliche und dringende Aufforderung über die mecklenburgischen Zustände für Ihre Zeitung kam mir, ich gestehe es, ziemlich ungelegen. Nachdem ich länger als ein Jahr hindurch alle meine Zeit und Kräfte an eine gedeihliche Entwicklung desselben gesetzt habe, hat mich der endliche Ausgang mit einem solchen Widerwillen erfüllt, daß ich, überzeugt von der völligen Nutzlosigkeit alles Schreibens über diese Sache, entschlossen war keine Feder mehr anzurühren und den weiteren Erfolg der Dinge, die ja unmöglich in einer inneren Absurdität verharren können, als ruhiger Zuschauer abzuwarten. Ich habe deshalb wirklich seit länger als einem Vierteljahr weder für ein einheimisches noch ein auswärtiges Blatt geschrieben, obwohl es wahrlich weder an drängenden Aufforderungen noch an Verpflichtungen, die ich meinerseits ziemlich unbedarfter Weise eingegangen war, dazu gefehlt hat. Es kostete mich deshalb wirklich eine schwere Überwindung, mich aus meinem inneren Frieden herauszureißen und mich zum Schreiben über Dinge, die mir wie gesagt zum völligen Ekel geworden sind, für Ihr Blatt zu entschließen, und es bewog mich endlich nur das Interesse, welches ich für das letztere nehme und welches der Wichtigkeit desselben für die ganze constitutionelle Partei in Deutschland entspricht, so wie das innere Bedenken, mich einer so dringenden Aufforderung von Ihnen und dann auch von Dr. Veit, dem auf mich gesetzten Vertrauen von Männern, die ich hochachte, nicht entziehen zu dürfen.

Sie werden also von mir zuvörderst zwei längere Artikel zur vorläufigen Orientierung erhalten, die sie als leitende oder wie Sie wollen benutzen können, und sodann noch fortlaufende Korrespondenzen oder Nachrichten, in so weit sie deren bedürfen. Gern hätte ich Ihnen schon heute den ersten Artikel, welcher das Verhältniß der preußischen Politik zu unserer Verfassungsangelegenheit beleuchten soll – ich glaubte den rechten Gesichtspunkt für Ihre Zeitung zu treffen – zugesendet, wenn ich nicht an der Vollendung desselben durch andere Geschäfte wäre verhindert worden; doch werde ich ihn gewiß morgen unter Ihrer Adresse abschicken und den folgenden, über den Schiedsspruch selbst und den gegenwärtigen Stand der Dinge in Mecklenburg, übermorgen. Die verlangte Fractur gilt, denke ich, nicht für die ordentlichen Correspondenzen Ihrer Zeitung. Über die Honorarbedingungen wünsche ich Ihre gefällige Mittheilung, so wie darüber, ob es mir gestattet ist, ein Exemplar der Zeitung für mich auf Rechnung desselben zu bestellen.

An Herrn Dr. Veit meine freundschaftliche Empfehlung.
Hochachtungsvoll
der Ihrige
Carl Hegel.

Notabene Noch bitte ich, Ihre Briefe und Zusendungen an mich nicht mit dem Siegel der Redaction der Constitutionellen Zeitung zu versehen, damit mein Verhältniß zu derselben hier Orts und sonst nicht früher bekannt wird, als ich selbst es für gut befinden möchte.