Die höchst erfreuliche Zusage, welche Sie uns unter dem 28.ten dieses Monats ohne Zögern zu kommen ließen2, verpflichtet mich doppelt, Ihnen ohne Zeitverlust die Puncte zu beantworten über welche Sie nähere Auskunft wünschen. Nehmen wir indeßen den ersten gelungen Schritt als günstiges Omen für die noch übrigen!
Gewiß irren Sie nicht, wenn Sie sich in Kiel eine wissenschaftliche Wirksamkeit und Anregung versprechen, die von dem Geiste, der unter unserer studierenden Jugend, und dem, der unter den Collegen herrscht, so sehr begünstigt wird, wie dieß auf einer kleinen Universität nur immer der Fall sein kann. Was Letztere betrifft, so ist Ihnen das gute collegialische Vernehmen gewiß dem Rufe nach nicht unbekannt, in welchem Kiel in dieser Hinsicht seit langer Zeit mit Recht steht; und unsere Studenten verdienen gewiß im Ganzen ein tüchtiges Geschlecht genannt zu werden, auf Schulen gut vorgebildet, ernst und fleißig, Gediegenes vom Katheder herab erwartend und vertragend; ein glänzender Vortrag, wenn er auch, wie auf die Jugend überhaupt, einen augenblicklichen Eindruck macht, hält doch die hiesige Landesart nicht lange gefesselt, wenn nicht viel dahinter ist. Diese Erfahrung haben hier Alle gemacht sowohl die, welche mit großem Geräusch auftraten, als auch die langsamer aber nachhaltig sich in Geltung zu bringen wußten.
Was das Öconomische betrifft, so kann ich schon nicht verdenken, wenn Sie dasselbe fixe Gehalt, das Ihr Vorgänger zuletzt gehabt hat, zur Bedingung machen; ich glaube annehmen zu können, daß man auf einen bestimmt ausgesprochenen Wunsch eingehen werde. Es beträgt in runder Summe 1100 Reichsthaler Schilling Schleswig-Holsteinisch Curent (1320 Reichsthaler preußisch3) ((Droysen hatte nämlich zuletzt, inclusive eine persönliche Zulage, 3375 Mark, was noch 25 Reichsthaler Schilling Schleswig-Holsteinisch Curent mehr beträgt)) Damit kann man auch mit Familie wohl auskommen, obschon das Leben, wie nicht zu läugnen, hier theurer ist, besonders der hohen Miethe wegen.
Mit der Wittwenpension verhält es sich so: Es existiren zwei besondere Wittwencassen, in welche jeder Professor eo ipso mit seiner Anstellung eintritt. Aus der einen (der sogenannten Großfürstlichen) erhält die Wittwe jährlich 80 Thaler Schilling Schleswig-Holsteinisch Curent, welche auch den Töchtern, so lange diese unverheirathet bleiben, nach der Mutter Tod lebenslänglich fortgezahlt werden. Aus der andren „Professorenwittwencasse“ bekommt die Wittwe jährlich 50 Reichsthaler Schilling Schleswig-Holsteinisch Curent und außerdem bei dem guten Zustand der Casse schon seit langer Zeit noch 35 Reichsthaler. Die hoffentlich demnächst bis auf 50 Reichsthaler werden erhöht werden. Endlich behalten die Wittwen auch, so lange sie in Kiel wohnen, die sogenannte halbe Hausfreiheit, die ein Zuschuß zum Logisgelde von ungefähr 23 Reichsthaler. Im Ganzen also kann die Wittwe auf 180 bis 200 Reichsthaler Schilling Schleswig-Holsteinisch Curent rechnen, wobei freilich vorausgesetzt wird, daß sie im Inlande wohnhaft bleibe. Anträge auf Vergütung derselben im Auslande sind wiederholt abgeschlagen worden; dagegen ist in einzelnen Fällen, wo es bei einem erhaltenen Ruf zur Bedingung des Bleibens gemacht wurde, auch eine erhöhte Wittwenpension auf außerordentlichem Gnadenwege bewilligt worden.
Ein Antrag auf Vergütung der Reise- und Umzugskosten wird bis zu 50 Louisdor ohne Anstand bewilligt werden. Ebenso eine Entschädigung für die Abzüge an Gehalt, welche durch Einzahlung in Landeskaßen, bei der Anstellung die ersten beiden Monate gemacht werden. Es ist dieß zu erwähnen, geschieht aber immer durch Antedatierung des Anstellungsdecrets.
Was endlich die von Ihnen erwähnten Anforderungen betrifft, die man wissentlich des Collegialwesens an die Professoren macht, so ist es usus, daß ein Ordinarius halbjährlich in der Regel zwei Private, etwa jedes 4stündig, und ein Publicum ankündigt. In den Statuten heißt es, es sei jeder Professor verpflichtet, wöchentlich wenigstens 4 Stunden zu lesen. Das Publicum soll keinen Hauptgegenstand betreffen und mehr zur allgemein nützlichen Belehrung dienen, man ließt es zweistündig, auch wohl einstündig. Ihres Vorgängers Professur war allerdings insofern eine Nominalprofessur, als ihm namentlich die alte Geschichte zu lesen auferlegt war, an welcher es damals gerade fehlte. Ebenso wird die Schleswig-Hosteinische (oder jetzt vielleicht die dänische) Geschichte mit unter die Lehrgegenstände gerechnet die nicht fehlen sollen. Sollte man nun von Copenhagen aus eine oder die andere dieser Forderungen ausdrücklich zur Sprache bringen, z. B. würde nicht zu rathen sein, dagegen zu remonstriren und noch weniger im Voraus Exceptionen zu machen. Ihr jüngerer College Wilhelm Nitzsch wird sowohl die alte Geschichte als auch die „vaterländische“ wie bisher gerne beibehalten, und Alles macht sich dann ohne viel Geräusch von selbst. Eine Antrittsrede bei der Übernahme der Professur, besondere Antrittsvorlesung, Programm u.s.w. sind nicht von Nöthen und nicht gewöhnlich; man wird ohne große Zeremonie im academischen Senat verpflichtet, nimmt da seinen Sitz ein und steigt aufs Katheder ohne Weiteres.
Sie sehen, daß man hier keine unnöthigen Formalitäten und Weitläufigkeiten gewöhnt ist; gebe nun Gott, daß wir – und ich sage die beste Hoffnung – mit unserm Antrage in Copenhagen, ohne Beanstandung durchkommen. Ich werde, sobald ich die formelle Zusage von Ihnen mit Erwähnung der Hauptpunkte in einem nöthigen falls ostensiblen Briefe erhalte, umgesäumt die Berufung betreiben, so viel ich kann, damit Sie sobald möglich in Schwerin um Ihre Entlaßung ein kommen und zu uns übersiedeln können. Daß dieß schon für das bevorstehende Semester geschehe, würde wohl zuviel verlangt, obschon sehr erwünscht sein. Wundern Sie Sich4 inzwischen nicht, wenn die förmliche Berufung nicht so rasch erfolgen sollte, denn da alle dergleichen Angelegenheiten jetzt ihren Weg wieder über Copenhagen und durch das doppelte Ministerium für Schleswig und Holstein nehmen, so ist ein langer5 Aufenthalt schon aus diesem Grunde unverwunderlich. Deßen ungeachtet gebe ich mich der Hoffnung hin, Sie in unserm Kreise als Collegen bald begrüßen zu können, und verbleibe mich wiederholt zu ferneren Aufträgen, z. B. zu seiner Zeit zur Logismiethe, woran hier leider augenblicklich Mangel ist.