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Karl Hegel an Georg Waitz, Rostock, 22. Juli 1852

Verehrter Freund!

Die Briefe von Thöl und Baum in der Kieler Professoren-Angelegenheit2 kamen fast unmittelbar nach Abgang meines letzten Schreibens an Sie hier an und ist die Sammlung3 seitdem im Ganzen gewachsen. Das Resultat wird über meine anfängliche Erwartung nicht hinausgehen, ja vielleicht eher noch etwas darunter bleiben, indem es sich im Ganzen wohl kaum über 200 florin jährlich belaufen wird. Die Professoren sind hier im Allgemeinen doch nicht so gut gestellt, wie Sie anzunehmen scheinen, und haben mit einigen Ausnahmen nur eben ihr knappes Auskommen, so daß Mehreren selbst der gering erscheinende Betrag schwer wird. Die wenigsten aber sind geneigt, um des guten Zwecks willen, sich eine sehr fühlbare Beschränkung aufzuerlegen. Eine wesentliche Unterstützung wird von Greifswald gewährt durch die Anstellung Pelt’s bei einer Universitäts-Landpfarre; die circa 1100 florin Einkommen hat. Der Greifswalder Beseler, der vor einigen Tagen hier war, um seinen Bruder in Warnemünde zu besuchen, sagte mir, daß nur noch die Bestätigung Seitens des Stettiner Consistoriums fehlte, welche indessen sicher zu erwarten sei. Den anderen Beseler, den gemeinsamen Stadthalter sehe ich öfter in Warnemünde, wo er noch bis Ende des Monats bleiben will. Es ist ein prächtiger Mensch!

In Betreff der Wullcowerschen4 Sachen habe ich, in Begleitung des Senators Dr. Mann, das hiesige Rathsarchiv besucht, um Ihrem Wunsche gemäß zu sehen, was sich vorfände. Das Archiv ist keineswegs, wenigstens nicht in dem älteren Theil, in solcher Unordnung, wie häufig gesagt wird. Was Sie brauchen können, findet sich leicht zusammen und ist auf dem beiliegenden Zettel5 verzeichnet. Es ist in der That nicht wenig und scheint mir für Ihre Arbeit, zu bannen, sehr nothwendig, so weit ich auch nur nach flüchtiger Einsicht darüber schreiben kann. Besonders wichtig sind die unter A und C6 bemerkten Sachen: Vol. IV-VII (A) enthalten viele Briefe von Lübeck, Herzog Albrecht, Graf7 Christoph und Anderes. In (C) finden sich Berichte Rostocker Abgesandten über die Lübecker Angelegenheiten. – Es fragt sich nur, wie Sie am bequemsten zur Benutzung gelingen können? Wenn Sie hierher kämen, so würde es gar keinen Anstand haben, da Sie die Sachen ins Haus bekommen könnten. Vielleicht entschließt sich aber E. E. (Ein Ehrbarer = die offizielle Bezeichnung) Rath von Rostock sogar dazu, Ihnen die wichtigsten Acten-Volumina unter den von mir verzeichneten Titeln nach Göttingen zu schicken, wie Sie dergleichen aus anderen Archiven schon erhalten haben. Ich rathe Ihnen deshalb ein betreffendes Gesuch an Einen Ehrbaren Rath zu richten, wenn Sie es nicht vorziehen sollten, was natürlich auch mir lieber wäre, selbst hierherzukommen. Sie könnten sich dabei auf das liberale Beispiel nicht nur anderer Archive, sondern auch Eines Ehrbaren Raths selbst berufen, der die hanseatischen Acten des Rostocker Archivs früher einmal an Sartorius in Göttingen zum Behuf seiner Hansegeschichte gelangen ließ. Sie würden gut thun diese Eingabe mit einem Begleitschreiben an den Senator Dr. Mann zu versehen, der sich am meisten dafür interessiren wird, und an mir soll es auch nicht fehlen, wenn ich auch weiter etwas dazu thun kann, daß Sie zu Ihrem Zweck gelangen.

Freundschaftlichst
der Ihrige
Carl Hegel.