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Karl Hegel an Georg Waitz, Rostock, 30. Juli 1852

Verehrter Freund!

Da Sie meine Schnelligkeit gelobt haben, so gereicht es mir zur besonderen Genugthuung, mich dies Mal selbst zu übertreffen. Gestern Mittag habe ich Ihre Schreiben1 erhalten und heute schon ist die ganz erwünschte Resolution von Einem Ehrbaren Rath erfolgt, da gerade eine Rathssitzung war, in welcher Dr. Mann Ihr Anliegen vortrug. Das einliegende Schreiben des letzteren bringt die Gewährung. Ich freue mich darüber beinahe so, als ob ich selbst die Gunst erfahren hätte.

Die Recesse so wie die Actenvoll.2 I und II werde ich für Sie durchsuchen und wenn sich darin noch etwas Erhebliches finden sollte, so werde ich es gleichfalls mitschicken. Da ich aber nicht ohne in Begleitung des Dr. Mann in diesen Theil des Archivs, wohin man nur durch die Rathsstube gelangt, kommen kann, so muß ich warten, bis er von einer Reise, welche er in diesen Tagen antreten will, zurückgekehrt. Und damit wird auch für Ihre Wünsche nichts versäumt, da Sie die Actenstücke erst bis Mitte September haben wollen. Auf Ihre Anfrage wegen des Dr. Mann bemerke ich, daß er ein Sohn des braven und ehrenwerthen Kaufmanns ist, den Sie in Frankfurt kennen gelernt haben.3

Was die Wiederbesetzung von Wilbrandts Stelle betrifft, so ist dazu überhaupt nur wenig Aussicht und bis jetzt noch gar nicht davon die Rede gewesen. Unsere abgesetzten Collegen erhalten ihr volles Gehalt als Pension4; es müßten also neue Geldmittel für die Wiederbesetzung bewilligt werden, was nach den jetzigen Constellationen gar nicht zu hoffen ist. Es geschieht für die Universität nur das Nothwendigste und die philosophische Facultät wird größtentheils nicht dazu gerechnet. Darum wäre auch ich gerne nach Kiel gegangen, ehe die dortigen Verhältnisse eine so traurige Wendung genommen. Bemerkenswerth ist es indessen, was ich von sichrer Hand erfahren habe, daß die dänische Regierung auf diplomatischem Wege nach mir Erkundigungen eingezogen. Doch war dies noch vor jenen Gewaltmaßregeln. Seitdem ist an eine Wiederherstellung der Universität Kiel fürs erste wohl gar nicht zu denken, oder wenn es wahr wäre, was ich in einer Zeitung gelesen, daß eine Berufung an den Professor Ilse in Marburg ergangen, wer möchte vollends solche Leute zu Collegen haben! – Dies noch auf eine Äußerung in Ihrem vorigen Briefe, die ich in meinem letzten unberührt gelassen.

Herzliche Grüße an Thöl
Freundschaftlichst
der Ihrige
Carl Hegel.

Notabene Ich wünsche viel Vergnügen und den besten Erfolg von der Reise nach Brüssel. Von Ihrer Rückkehr geben Sie uns wohl Nachricht, damit wir Ihnen unsere hiesigen Schätze zur rechten Zeit schicken.