Mit Poststempeln: ROSTOCK 30/7 Dreikreisstempel, teilweise verblasst / HAGENOW-ROSTOCK I R 31/7 Dreikreisstempel, teilweise verblasst / GÖTTINGEN 3 8 Einkreisstempel, teilweise verblasst/ zwei weitere Dreikreisstempel, fragmentarisch, verblasst und unleserlich
Da Sie meine Schnelligkeit gelobt haben, so gereicht es mir zur besonderen Genugthuung, mich dies Mal selbst zu übertreffen. Gestern Mittag habe ich Ihre Schreiben1 erhalten und heute schon ist die ganz erwünschte Resolution von Einem EhrbarenRath erfolgt, da gerade eine Rathssitzung war, in welcher Dr. Mann Ihr Anliegen vortrug. Das einliegende Schreiben des letzteren bringt die Gewährung. Ich freue mich darüber beinahe so, als ob ich selbst die Gunst erfahren hätte.
Die Recesse so wie die Actenvoll.2 I und II werde ich für Sie durchsuchen und wenn sich darin noch etwas Erhebliches finden sollte, so werde ich es gleichfalls mitschicken. Da ich aber nicht ohne in Begleitung des Dr. Mann in diesen Theil des Archivs, wohin man nur durch die Rathsstube gelangt, kommen kann, so muß ich warten, bis er von einer Reise, welche er in diesen Tagen antreten will, zurückgekehrt. Und damit wird auch für Ihre Wünsche nichts versäumt, da Sie die Actenstücke erst bis Mitte September haben wollen. Auf Ihre Anfrage wegen des Dr. Mann bemerke ich, daß er ein Sohn des braven und ehrenwerthen Kaufmanns ist, den Sie in Frankfurt kennen gelernt haben.3
Was die Wiederbesetzung von Wilbrandts Stelle betrifft, so ist dazu überhaupt nur wenig Aussicht und bis jetzt noch gar nicht davon die Rede gewesen. Unsere abgesetzten Collegen erhalten ihr volles Gehalt als Pension4; es müßten also neue Geldmittel für die Wiederbesetzung bewilligt werden, was nach den jetzigen Constellationen gar nicht zu hoffen ist. Es geschieht für die Universität nur das Nothwendigste und die philosophische Facultät wird größtentheils nicht dazu gerechnet. Darum wäre auch ich gerne nach Kiel gegangen, ehe die dortigen Verhältnisse eine so traurige Wendung genommen. Bemerkenswerth ist es indessen, was ich von sichrer Hand erfahren habe, daß die dänische Regierung auf diplomatischem Wege nach mir Erkundigungen eingezogen. Doch war dies noch vor jenen Gewaltmaßregeln. Seitdem ist an eine Wiederherstellung der Universität Kiel fürs erste wohl gar nicht zu denken, oder wenn es wahr wäre, was ich in einer Zeitung gelesen, daß eine Berufung an den ProfessorIlse in Marburg ergangen, wer möchte vollends solche Leute zu Collegen haben! – Dies noch auf eine Äußerung in Ihrem vorigen Briefe, die ich in meinem letzten unberührt gelassen.
Notabene Ich wünsche viel Vergnügen und den besten Erfolg von der Reise nach Brüssel. Von Ihrer Rückkehr geben Sie uns wohl Nachricht, damit wir Ihnen unsere hiesigen Schätze zur rechten Zeit schicken.
1Bislang noch nicht aufgefunden. 2Aktenvolumina. 3Es handelt sich um den Rostocker Kaufmann Johann Bernhard Mann (1791-1871), der von Januar bis Mai 1849 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung war. 4„Wegen seines Verhaltens nach Wiederaufhebung der Constitution“ wurde der Ästhetiker an der Universität Rostock Christian Wilbrandt (1801-1867) „am 7. Juli 1852, zugleich mit dem ordentlichen Professor der Geschichte Dr. jur. et phil. Karl Türk [1800-1887] und dem außerordentlichen Professor der Theologie Dr. theol. et phil. Julius Wiggers [1811-1901], der Professur enthoben und im folgenden Jahre in den ‚Rostocker Hochverrathsproceß’ […] verwickelt. Er hatte eine zweijährige Untersuchungshaft zu erleiden und wurde zu einer Freiheitsstrafe verurtheilt, von welcher er jedoch Befreiung erlangte. Zehn Jahre darauf starb er in Doberan, wo er Heilung von schwerer Krankheit gesucht hatte.“ Vgl. hierzu DB .
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Waitz, GeorgGeorg Waitz
HiKo
11905914218131886Waitz, Georg (1813–1886), in Flensburg geborener Historiker, der nach einem breiten geisteswissenschaftlichen, juristischen und theologischen Studium an den Universitäten Kiel und Berlin 1836 promoviert wurde. Nach seiner Tätigkeit bei den Monumenta Germaniae Historica wurde er 1842 ordentlicher Professor der Geschichtswissenschaft an der Universität Kiel, wechselte 1848 als Ordinarius an die Universität Göttingen und wurde 1858 Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. Als er 1875 Präsident der Monumenta Germaniae Historica in Berlin wurde, ging er gleichzeitig an die Universität Berlin. Er war in erster Ehe mit Clara Schelling (1818–1857), einer Tochter des Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling (1775–1854), verheiratet, in zweiter Ehe mit Helene Franziska Friederike Hartmann (1831–1915), einer Tochter des Generals Georg Julius Hartmann (1774–1856).
Rostock54.0886707,12.1400211Hansestadt an der Ostseeküste des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin mit der 1419 gegründeten ältesten Universität im Ostseeraum.
Bundesarchiv Berlin: Nachlaß Waitz, N 2321
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BA Berlin1000
Mann, Vincent Heinrich104424452618181889Mann, Vincent Heinrich (1818–1889), war Ratsherr und Syndikus der Stadt Rostock, 1889 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft Rostocks verliehen; als Senator und Richter war der promovierte Jurist am Ehegericht zu Rostock tätig.
Mann, Johann Bernhard-17911871Mann, Johann Bernhard (1791–1871), Kaufmann, Parlamentarier und 1849 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung (Augsburger Hof, Wahlkreis Güstrow), war der Vater des Juristen Vincent Heinrich Mann (1818–1889), der in Rostock wirkte.
Wilbrandt, Christian11758032518011867Wilbrandt, Christian (1801–1867), am Schaalsee in Mecklenburg geborener Germanist und Politiker, der an der Universität Berlin Philosophie studierte und Gymnasiallehrer u. a. in Schulpforta und Rostock wurde. Im Jahre 1837 wurde er Professor für neuere Literatur und Ästhetik an der Universität Rostock, deren Rektor er 1846/48 war. Politisch trat er für eine deutsche Republik ein und wurde im Jahre 1852 von Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin (1823–1883) aus dem Universitätsdienst entlassen. Nach seiner Verhaftung 1853 gehörte er zu den Angeklagten im Rostocker Hochverratsprozeß und kam erst 1855 wieder frei.
Türk, Karl Friedrich Johann ImmanuelKarl Türk11743810318001887Türk, Karl Friedrich Johann Immanuel (1800–1887), im etwa 100 Kilometer südwestlich von Rostock und etwa 40 Kilometer südöstlich von Schwerin gelegenen Muchow geborener Jurist, Historiker und Politiker, der von 1818 bis 1822 an den Universitäten Breslau, Bonn und Rostock studierte, dort 1822 zum Dr. phil. promoviert wurde und sich im Jahre 1824 dort auch habilitierte. Von 1826 bis 1836 war er an der Rostocker Juristischen Fakultät außerordentlicher Professor der Rechtswissenschaft, von 1836 bis 1852 an der dortigen Philosophischen Fakultät ordentlicher Professor der Geschichtswissenschaft. Eintretend für eine deutsche Republik, war er von 1847 bis 1849 Redakteur der „Mecklenburgischen Blätter“ und wurde in der 1848er-Revolution in Rostock zum wichtigsten Vertreter der „Demokraten“, als welcher er ab 1850 auch der Abgeordnetenkammer des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin angehörte. Im Jahre 1852 wurde er aus dem Universitätsdienst entlassen und infolge des Rostocker Hochverratsprozesses 1856 als Mittäter zu einer einjährigen Festungshaft verurteilt.
Wiggers, Julius Otto August11737084318111901Wiggers, Julius Otto August (1811–1901), war Sohn des evangelischen Theologen Gustav Adam Friedrich Wiggers (1777–1860), Theologe, politischer Gegner Karl Hegels (1813–1901) in den Jahren nach 1848 und in dem Hochverratsprozess von 1853 angeklagt und verurteilt.
Ilse, Leopold Friedrich11712946118141891Ilse, Leopold Friedrich (1814–1891), war Staatswissenschaftler und Nationalökonom, der im hessischen Marburg und in Königsberg wirkte, wo er 1882 aufgrund einer Disziplinarmaßnahme seines Amtes enthoben wurde.
Thöl, Johann HeinrichJohann Heinrich Thöl11875716418071884Thöl, Johann Heinrich (1807–1884), in Lübeck geborener Rechtswissenschaftler, der von 1826 bis 1829 an den Universitäten Leipzig und Heidelberg studierte, 1829 promoviert wurde und sich 1830 habilitierte. Von 1842 bis 1849 war er ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften an der Universität Rostock, dann bis zu seinem Tode an der Universität Göttingen. In den Jahren 1848/49 war er Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung.
Göttingen51.5328328,9.9351811Circa 100 Kilometer südlich von Hannover und südwestlich des Harzes gelegene Stadt mit einer 1737 eröffneten Universität.
Frankfurt (Main)50.1106444,8.6820917Ehemalige Reichsstadt am Main, oftmaliger Wahl- und Krönungsort der Könige des Heiligen Römischen Reiches sowie Freie Stadt innerhalb des Deutschen Bundes, dessen Bundestag sich dort versammelte. Die Frankfurter Paulskirche war von Mai 1848 bis Mai 1849 der Tagungsort der Frankfurter Nationalversammlung, die die Frankfurter Reichsverfassung vom 28. März 1849 erarbeitete. Seit dem Mittelalter war es eine bedeutende Messestadt und ein Finanzplatz mit Wertpapierbörse für den Handel mit Staatsanleihen und Aktien.
Kiel54.3227085,10.135555Im 13. Jahrhundert gegründete Hansestadt an der Ostsee, etwa 90 Kilometer nördlich von Hamburg gelegen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts dänisch war und 1815 mit dem Herzogtum Holstein zum Deutschen Bund kam. Durch die Eisenbahnlinie zwischen Kiel und Altona wurde 1844 der Ostseehafen über die Elbe mit der Nordsee verbunden.
Marburg50.8090106,8.7704695Etwa 90 Kilometer nördlich von Frankfurt am Main gelegene Universitätsstadt und ehemalige Residenzstadt an der Lahn. Die 1527 von Landgraf Philipp I., dem Großmütigen (1504-1567), gegründete Universität war die erste evangelisch-lutherische Hochschule ihrer Art.
Brüssel50.8550018,4.3512333761166175Haupt- und Residenzstadt des 1830 gegründeten Königreichs Belgien, an der Grenze zwischen dem nördlichen Flandern und der südlichen Wallonie sowie etwa 140 Kilometer westlich von Aachen gelegen.
Professor, ProfeßorBerufs- oder Amtsbezeichnung und Anrede für den Inhaber einer Professur an einer Universität oder Hochschule, wobei nicht jeder Professor eine Professur bekleidet; früher auch Bezeichnung für einen Gymnasiallehrer (Gymnasial-Professor) bzw. Lehrer an einer Lateinschule.
Ein Ehrbarer (Rostock) Oftmals in Abkürzung: „E. E.“ gebräuchlich, für: „Ein Ehrbarer“ Rat[h] in Rostock als offizielle Bezeichnung für eine Mitglied des Rates der Hansestadt Rostock.
Rath, RätheRat einer Stadt, Stadtrat; mit Erstarken der Zünfte gegenüber den alteingesessenen Geschlechtern bzw. ratsfähigen Patriziergeschlechtern oftmals fortschreitende Differenzierung in z. B. den „Äußeren“, „Großen“, „Neuen“ oder „Jungen“ Rath/Rat, wohingegen der eigentliche, in dem die wichtigen laufenden Geschäfte rund um die Stadtleitung bzw. -verwaltung erfolgten nunmehr als „Kleiner“, „Enger“ oder „Alter“ Rath/Rat bezeichnet wurde; in einer weiteren Unterscheidung konnten auch noch Ausschüsse hinzutreten, die bisweilen auch „Geheimer Rath“ bzw. „Geheimer Rat“ genannt wurden; auch Bezeichnung für ein Mitglied dieses Rat(h)es; Berater eines Herrschers auch als Gremium oder Regierungsbehörde (z. B. Hofrat, Geheimrat); auch: Ratschläge.
Receß, RecesseRezess(e) als Abschied(e), insbesondere allgemeinverbindliche(r) Beschluss/Beschlüsse der Hansetage (Zusammenkunft der Hanse als kaufmännische Genossenschaft in norddeutschen Raum), vertragliche Abmachung(en) nach Verhandlungen
RathsstubeVersammlungsraum des Rates, s.v. Rath, einer Stadt.
Universität RostockIm Jahre 1419 gegründet, war sie die erste Universität im Norden des Heiligen Römischen Reiches und die älteste im gesamten Ostseeraum.
Philosophische Facultät (Fakultät) der Universität RostockDie Philosophische Fakultät ist die größte Fakultät der Universität Rostock und eine der Gründungsfakultäten (seit 1419).
Universität Kiel1665 gegründete Universität in Kiel als nördlichst gelegene Universität im Heiligen Römischen Reich.
Notabene, nota beneAus dem Lateinischen stammende formelhafte Redewendung mit der wörtlichen Bedeutung „merke wohl“ in Sinne von „wohlgemerkt“ oder „übrigens“ und „nebenhergesagt“.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis