Recht erfreulich ist es mir zu hören, daß unsere Rostocker Sachen Ihnen nützlich gewesen sind, und ich glaube nicht, daß außer dem, was Sie jetzt noch erhalten werden, irgendetwas von Bedeutung zurückgeblieben ist. Der gewünschten Durchsicht der Recesse habe ich mich gern unterzogen. Dabei habe nun die Entdeckung gemacht, daß der Lüneburger Receß von 1535, der Ihre besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sich in der That nicht darunter befindet. Meine falsche Angabe stütze sich auf eine irrthümliche Aufschrift in den Acten. Das dort unter den Recessen verzeichnete Actenstück ist nichts weiter als eine Instruction des HerzogErnst von Lüneburg an seine Räthe über das, was sie den jetzt in unserer Stadt Lüneburg versammelten Gesandten und Verordneten der ehrbaren Stücke „tragen – werben“1 sollen. Es ist datirt von Donnerstag auf Petri – Pauli 1535.Wie es im Original (mit der Unterschrift des Herzogs) in das RostockerArchiv gekommen, begreife ich nicht. Da es sich namentlich auf Lüneburgsche Angelegenheiten bezieht, ist es für Sie von keinem Interesse. Daneben habe ich aber einen anderen Receß zwischen Lübeck, Rostock, Stralsund – Wismar vom Tage Sankt
Petrus – Paulus 1534 gefunden, der ihnen wichtig sein wird – den ich dem Übrigen, was Ihnen Dr. Mann noch schicken will, beilege. Dieser ist mir bereits mit der Durchsicht der Voll. I – II, welche Sie noch erwähnten, zuvorgekommen – hat daraus Alles zusammengelegt, was | sich etwa noch auf die von Ihnen behandelten Geschichten beziehen könnte. Bei der von mir vorgenommenen Nachlese habe ich nichts weiter hinzuzufügen gefunden.
Bergmann und Familie2 sind vorgestern Abend hier angekommen. Außer seinen Freunden – Collegen erwartete ihn schon seit 8 Tagen ein geköpfter
Raubmörder in der Anatomie. Man muß ein Mann vom Fach sein, um einen so seltenen Empfang zu würdigen. Wir haben es lieber mit den geschriebenen Zeugnissen von menschlichen Thaten zu thun. – Sehr gespannt bin ich auf Ihren 2. Theil Schleswig-Holsteins
Geschichte, der zwar erschienenen aber noch nicht zu uns gekommen ist. – Herzliche Grüße an Thöl.
Freundschaftlichst der Ihrige Carl Hegel.
P.S. Dr. Mann will sich noch weiter nach dem Lüneburger Regest umsehen; vielleicht findet es sich unter den Religions Acten.
Waitz, GeorgGeorg Waitz
HiKo
11905914218131886Waitz, Georg (1813–1886), in Flensburg geborener Historiker, der nach einem breiten geisteswissenschaftlichen, juristischen und theologischen Studium an den Universitäten Kiel und Berlin 1836 promoviert wurde. Nach seiner Tätigkeit bei den Monumenta Germaniae Historica wurde er 1842 ordentlicher Professor der Geschichtswissenschaft an der Universität Kiel, wechselte 1848 als Ordinarius an die Universität Göttingen und wurde 1858 Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. Als er 1875 Präsident der Monumenta Germaniae Historica in Berlin wurde, ging er gleichzeitig an die Universität Berlin. Er war in erster Ehe mit Clara Schelling (1818–1857), einer Tochter des Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling (1775–1854), verheiratet, in zweiter Ehe mit Helene Franziska Friederike Hartmann (1831–1915), einer Tochter des Generals Georg Julius Hartmann (1774–1856).
Rostock54.0886707,12.1400211Hansestadt an der Ostseeküste des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin mit der 1419 gegründeten ältesten Universität im Ostseeraum.
Bundesarchiv Berlin: Nachlaß Waitz, N 2321
.
BA Berlin1000
Ernst I., Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, Fürst von Lüneburg11881094414971546Ernst I. (1497–1546), war Herzog zu Braunschweig-Lüneburg und von 1521 bis 1546 Fürst von Lüneburg, der die Reformation vorantrieb und daher den Beinamen „der Bekenner“ erhielt.
Mann, Vincent Heinrich104424452618181889Mann, Vincent Heinrich (1818–1889), war Ratsherr und Syndikus der Stadt Rostock, 1889 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft Rostocks verliehen; als Senator und Richter war der promovierte Jurist am Ehegericht zu Rostock tätig.
Bergmann, Carl Georg Lucas Christian11613320118141865Bergmann, Carl, (1814–1865), Mediziner, war Anatom und Physiologe, der seit 1852 als Ordinarius an der Universität Rostock wirkte und dort auch Direktor des Anatomischen Instituts war.
Heusinger von Waldegge, Wilhelmine, verh. Bergmann-im 19. Jahrhundert lebendHeusinger von Waldegge, Wilhelmine, war die Ehefrau des Anatomen Carl Bergmann (1814–1865), der mit seiner Familie 1852 nach Rostock übersiedelte und mit dem sie zwei Töchter hatte.
Thöl, Johann HeinrichJohann Heinrich Thöl11875716418071884Thöl, Johann Heinrich (1807–1884), in Lübeck geborener Rechtswissenschaftler, der von 1826 bis 1829 an den Universitäten Leipzig und Heidelberg studierte, 1829 promoviert wurde und sich 1830 habilitierte. Von 1842 bis 1849 war er ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften an der Universität Rostock, dann bis zu seinem Tode an der Universität Göttingen. In den Jahren 1848/49 war er Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung.
Göttingen51.5328328,9.9351811Circa 100 Kilometer südlich von Hannover und südwestlich des Harzes gelegene Stadt mit einer 1737 eröffneten Universität.
Lüneburg53.248706,10.407855Etwa 50 Kilometer südöstlich von Hamburg gelegene alte Hansestadt an der in die Elbe mündende Ilmenau.
Lübeck53.866444,10.684738Alte ehemalige Hanse- und Reichsstadt des Heiligen Römischen Reiches an der Mündung der Trave in die Ostsee etwa 70 Kilometer nordöstlich von Hamburg gelegen, 1815 als Freie und Hansestadt völkerrechtlich souveränes Mitglied des Deutschen Bundes, 1847 Veranstaltungsort des zweiten Germanistentages, 1866 Mitglied des Norddeutschen Bundes, 1871 Gliedstaat des Deutschen Reiches.
Stralsund54.3096314,13.0820846Älteste Stadt Pommerns südwestlich der Ostsee-Insel Rügen gelegen.
Wismar53.8909832,11.4647932Hansestadt an der Ostsee und seit 1848 Eisenbahnstation auf der Strecke von Schwerin nach Wismar als Teilstück der Mecklenburgischen Friedrich-Franz-Eisenbahn.
Professor, ProfeßorBerufs- oder Amtsbezeichnung und Anrede für den Inhaber einer Professur an einer Universität oder Hochschule, wobei nicht jeder Professor eine Professur bekleidet; früher auch Bezeichnung für einen Gymnasiallehrer (Gymnasial-Professor) bzw. Lehrer an einer Lateinschule.
RostockerAus Rostock stammend, zu Rostock gehörend, Rostock zuzuordnen; Mensch, der in Rostock lebt oder geboren wrude.
Receß, RecesseRezess(e) als Abschied(e), insbesondere allgemeinverbindliche(r) Beschluss/Beschlüsse der Hansetage (Zusammenkunft der Hanse als kaufmännische Genossenschaft in norddeutschen Raum), vertragliche Abmachung(en) nach Verhandlungen
HerzogAus dem Althochdeutschen von: „herizogo“ für: „derjenige, der vor dem Heer herzieht“, also Heerführer, lateinisch: „dux“ (bei den Germanen durch Volksversammlung oder durch Los bestimmt); aufgrund großer Gefolgschaft auch Aufstieg von Amtsfunktion bis hin zum Heerkönigtum; teilweise auch in Funktion des spätrömischen „dux“ als Kommandanten der Limestruppen in Kontinuität auch innerhalb des Merowingerreiches im Sinne von Amtsherzog unter einem König dienend; noch heute existierender Adelstitel; im Merowingerreich aufgrund von Königsschwäche Aufstieg der frühen, sogenannten älteren „Stammesherzogtümer“ (u. a. der Thüringer, Bayern, Alemannen, Friesen etc.), die vorübergehend von den Karolingern beseitigt um die Jahrhundertwende 9./10. Jahrhundert wieder auflebten als sogenannte jüngere Stammesherzogtümer (z. B. Bayern, Sachsen, Alemannen, Franken), welche den Fürstentümern gleichzusetzen waren, teilweise von starken Adelsfamilien angeeignet wurden (z. B. Bayern), für die jüngeren Stammeszogtümer können einige Gemeinsamkeiten gelten wie Erblichkeit in bestimmten Familien, in Stammesversammlung Ausübung des Gesetzgebungsrechts durch den Herzog, herzogliches Hofgericht, Herzogsgut, Sonderfrieden der Person und der Pfalzen des Herzogs; eine klare Trennung von Amts- und Stammesherzogtum ist nicht realisierbar; in späterer Zeit Wandel hin zum Gebiets- bzw. Titelherzogtum (Stauferzeit); in den romanischen Ländern (frz. Duc, ital. Duca, span./portug. Duque) und Skandinavien Titel des hohen Adels, in England (Duke) auch der Mitglieder der königlichen Familie bis heute.
Rath, RätheRat einer Stadt, Stadtrat; mit Erstarken der Zünfte gegenüber den alteingesessenen Geschlechtern bzw. ratsfähigen Patriziergeschlechtern oftmals fortschreitende Differenzierung in z. B. den „Äußeren“, „Großen“, „Neuen“ oder „Jungen“ Rath/Rat, wohingegen der eigentliche, in dem die wichtigen laufenden Geschäfte rund um die Stadtleitung bzw. -verwaltung erfolgten nunmehr als „Kleiner“, „Enger“ oder „Alter“ Rath/Rat bezeichnet wurde; in einer weiteren Unterscheidung konnten auch noch Ausschüsse hinzutreten, die bisweilen auch „Geheimer Rath“ bzw. „Geheimer Rat“ genannt wurden; auch Bezeichnung für ein Mitglied dieses Rat(h)es; Berater eines Herrschers auch als Gremium oder Regierungsbehörde (z. B. Hofrat, Geheimrat); auch: Ratschläge.
Lüneburger, Lüneburgisch, LüneburgscheZu Lüneburg gehörend, Lüneburg zuzuordnen, auf Lüneburg bezogen.
Sankt Petrus PaulusAuch: „Peter und Paul“, nach dem Heiligen Petrus und dem Heiligen Paul, der als christlicher Aposteltag bzw. Feier-/ und Gedenktag auf den 29. Juni fällt.
Acten-VoluminaAkten-Bände in einem Archiv.
geköpftDurch Enthauptung hingerichtet.
AnatomieAnatomisches Institut, in welcher Leichen nach ihrer Todesursache, zu Forschungszwecken etc. untersucht bzw. seziert werden.
Schleswig-Holsteins Geschichte, 2. TheilMehrbändige Publikation des Rechtshistorikers und Mediävisten Georg Waitz (1813-1886) über die Geschichte Schleswig-Holsteins, der zweite Band erschien 1852.
GeschichteGeschichtswissenschaft als Universitätsdisziplin sowie als gymnasiales Unterrichtsfach; auch: historische bzw. gesellschaftswissenschaftliche Abhandlung, Darstellung, Monographie über einen speziellen konkreten oder abstrakten Forschungsgegenstand wie z. B. die Geschichte einer Stadt, Geschichte einer wissenschaftlichen Disziplin etc.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis