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Karl Hegel an Georg Waitz, Rostock, 24. Oktober 1852

Verehrtester College!

Recht erfreulich ist es mir zu hören, daß unsere Rostocker Sachen Ihnen nützlich gewesen sind, und ich glaube nicht, daß außer dem, was Sie jetzt noch erhalten werden, irgendetwas von Bedeutung zurückgeblieben ist. Der gewünschten Durchsicht der Recesse habe ich mich gern unterzogen. Dabei habe nun die Entdeckung gemacht, daß der Lüneburger Receß von 1535, der Ihre besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sich in der That nicht darunter befindet. Meine falsche Angabe stütze sich auf eine irrthümliche Aufschrift in den Acten. Das dort unter den Recessen verzeichnete Actenstück ist nichts weiter als eine Instruction des Herzog Ernst von Lüneburg an seine Räthe über das, was sie den jetzt in unserer Stadt Lüneburg versammelten Gesandten und Verordneten der ehrbaren Stücke „tragen – werben“1 sollen. Es ist datirt von Donnerstag auf Petri – Pauli 1535.Wie es im Original (mit der Unterschrift des Herzogs) in das Rostocker Archiv gekommen, begreife ich nicht. Da es sich namentlich auf Lüneburgsche Angelegenheiten bezieht, ist es für Sie von keinem Interesse. Daneben habe ich aber einen anderen Receß zwischen Lübeck, Rostock, StralsundWismar vom Tage Sankt Petrus – Paulus 1534 gefunden, der ihnen wichtig sein wird – den ich dem Übrigen, was Ihnen Dr. Mann noch schicken will, beilege. Dieser ist mir bereits mit der Durchsicht der Voll. I – II, welche Sie noch erwähnten, zuvorgekommen – hat daraus Alles zusammengelegt, was sich etwa noch auf die von Ihnen behandelten Geschichten beziehen könnte. Bei der von mir vorgenommenen Nachlese habe ich nichts weiter hinzuzufügen gefunden.

Bergmann und Familie2 sind vorgestern Abend hier angekommen. Außer seinen Freunden – Collegen erwartete ihn schon seit 8 Tagen ein geköpfter Raubmörder in der Anatomie. Man muß ein Mann vom Fach sein, um einen so seltenen Empfang zu würdigen. Wir haben es lieber mit den geschriebenen Zeugnissen von menschlichen Thaten zu thun. – Sehr gespannt bin ich auf Ihren 2. Theil Schleswig-Holsteins Geschichte, der zwar erschienenen aber noch nicht zu uns gekommen ist. – Herzliche Grüße an Thöl.

Freundschaftlichst
der Ihrige
Carl Hegel.

P.S. Dr. Mann will sich noch weiter nach dem Lüneburger Regest umsehen; vielleicht findet es sich unter den Religions Acten.