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Karl Hegel an Friedrich Zarncke, Rostock, 23. Januar 1853

Geehrter Herr Doctor!

Entschuldigen Sie die Verzögerung meiner Antwort, die gewiß früher erfolgt sein würde, wenn ich nicht in der Zwischenzeit von einer heftigen Grippe befallen worden wäre.

Auch ich bedaure sehr, daß es Ihnen nicht möglich gewesen, mündliche Rücksprache mit mir über Ihren geneigten Antrag zu nehmen, wobei wir leichter und schneller zu einer Verständigung hätten kommen können. Doch will ich Ihnen auch schriftlich ganz offen sagen, welcher in Aussicht gestellte Vortheil mich geneigt macht, Ihr gefälliges Anerbieten nicht völlig abzulehnen. Es ist gewiß nicht das Honorar, welches ich nicht eben besonders vortheilhaft finde, sondern nur die rasche Zusendung und Kenntnißnahme von Büchern, die mir sonst nur spät oder auch gar nicht zukommen würden. Und dabei überlassen Sie mir die Wahl der Fächer, indem Sie mich nur im Allgemeinen auf die neuere Geschichte hinweisen. Allerdings scheint Ihr Literarisches Centralblatt, welches in anderen Parthien so gut versorgt wird, gerade hier sehr schwach bestellt zu sein. Nun ist mir aber nicht bekannt, wie weit Sie das kritische Gebiet oder die Überschau Ihres Blattes überhaupt ausdehnen wollen, in wie weit namentlich die ausländische historische und damit verwandte Litteratur zur Berücksichtigung kommen kann. Wenn hier eine gehörige Vertheilung der Arbeit stattfinden würde, so möchte ich mir am liebsten vorläufig allein England zu meinem Bereich erwählen, und es würde hier auch nur die Beachtung der bedeutenderen neueren Erscheinungen genug zu thun geben, um meine Nebenstunden vollauf zu beschäftigen. Es käme sodann auf den Versuch an, ob ich mich noch weiter ausdehnen könnte; doch möchte ich von vorn herein nicht viel versprechen, weil ich sonst fürchten müßte den Gang meiner selbstgewählten Studien und Arbeiten durch solche Zerstreuung nach verschiedenen Richtungen hin mehr, als mir lieb ist, zu hemmen oder gar zu unterbrechen. Auf alle Fälle ist es wohl nicht die Meinung, daß ich als Mitarbeiter Ihres Blatts die Verpflichtung übernehme, alle mir von Ihnen zugesandten Bücher zu recensiren, sondern es würde mir noch eine Auswahl zustehen, welche Bücher ich der Beurtheilung werth halte? – Die Verabredung mit der Stillerschen Buchhandlung würde Ihre Verlagshandlung zu treffen haben; meinen Sendungen von Manuscript und sonstigen Zuschriften an die letzteren so wie an die Redaction würden unfrankirt angenommen werden.

Ich bitte Sie, sich über meine Propositionen zu äußern, in wiefern dieselben Ihrem Antrage entsprechen oder nicht. Da ich gar keine bestimmte Vorstellung von dem Umfang der Mittel und Kräfte des literarischen Centralblatts so wie der Verlagshandlung habe so ist es sehr leicht möglich, daß ich Ihren Antrag nicht richtig aufgefaßt habe. Zur besseren Verständigung würde es deshalb nöthig sein, daß Sie mir bestimmter angeben, welche Lücken in dem Gebiet der Neueren Geschichte noch auszufüllen sind und für welche Fächer, außer den von mir bezeichneten, Sie meine Mitwirkung am meisten wünschen würden. Ferner muß ich den Umfang der zu übernehmenden Verpflichtung genauer kennen, also namentlich wissen, ob ich freie Hand behalte die zuzusendenden Bücher zu beurtheilen oder nicht, je nach eigenem Ermessen? Die von mir benutzen Bücher (wenn es englische oder französische oder italienische wären) würde ich zu dem Buchhändler Nettopreise meist für die hiesige Universitäts-Bibliothek anschaffen können, – bei den in Deutschland erscheinenden müssen die hiesigen Buchhandlungen den Vorzug behalten. –

Hochachtungsvoll und ganz ergebenst
Carl Hegel.