Jetzt sind wir wieder alle hier zusammen in Berlin; Friederike ist vorgestern mit den Kindern hereingekommen, und hat wieder die Zügel ihres Regiments ergriffen. Sie ist ja doch auch so weit erfrischt und gestärkt, daß sie die sämmtlichen Sorgen wird auf sich nehmen können. Der Aufenthalt in Potsdam hat, trotz der großen Unruhe, die dort im elterlichen Hause augenblicklich ist, ihr recht gut gethan. Ich bin sehr froh, der Einsamkeit überhoben zu sein, in welcher ich die letzten Wochen zubringen mußte, und die fast nur durch Aufenthalte auf dem Ministerium oder dem Rathhause ausgefüllt wurden.1
Es sind nun auch zwei neue Mädchen, Köchin und Hausmädchen eingerückt, die zwar noch sehr der Erziehung und Ausbildung bedürfen, aber doch willig und gutartig zu sein scheinen. – Die ersten Tage bringen sie …2 noch viel Arbeit, Unruhe, um so mehr als auf die Potsdamer bei uns ein paar Tage zuzubringen gedenken, 3 Mann hoch – daher bittet Friederike Deine Susette mit freundlicher Nachsicht zu entschuldigen, wenn sie ihren lieben Brief noch nicht beantwortet, was sie aber bei dem nächsten ruhigen Stündchen gewiß thun wird. – Die Kinder sind recht munter; die kleine Clara hat sich sehr arrondirt und die beiden Anderen sind, Gott sei Dank und unberufen !!! – trefflich im Stande.
Die Mutter hatte sich bei ihrem Aufenthalt in Potsdam, welcher 10 Tage dauerte, sehr …3 gezeigt, und denselben daher unerwartet verlängert; ihr Schlaf war gut und ebenso der Appetit. Seitdem sie wieder zurückgekehrt, fühlt sie sich merkwürdiger Weise angegriffen und ist dadurch ihr Muth wieder etwas gesunken, doch hält sie den Vorsatz, Euch in Rostock zu besuchen, fest; sie wartet nur auf nähere Nachricht über Siegmunds Reisepläne, weil sie sich darnach richten will; sie will früher, als diese kommen, aber doch noch mit ihnen etwas zusammensein.4 In ihrer Schwachheit kam sie in diesen Tagen nicht dazu, an Euch zu schreiben, wird es aber thun, sobald sie die erbetene Antwort von der Tante Marie aus Nürnberg erhält. – Es ist jetzt bei ihr auch die Elise Fischer, welche Du auch schon früher bei ihr gesehen hast, eine sehr angenehme Persönlichkeit; sie ist 3 Jahre in Petersburg gewesen, hat diesen Ort dann verlassen, weil das Klima ihre Gesundheit angriff.
Meine Ernennung zum Geheimen Regierungs Rath und vortragenden Rath beim Staats Ministerium ist nun erfolgt5 und wirst Du wohl auch schon aus den Berliner Zeitungen ersehen haben. Es ist ein besonderes Glück der Umstände, die dies gemacht haben und für welche ich dankbar zu sein habe, da andere und hunderte sich mehr quälen, als ich gethan, und es möchten ebenso verdienen und doch nicht vorwärts kommen können. Es wird auch an Neid nicht fehlen; viele gönnen es mir aber in freundlicher Gesinnung und ich kann wenigstens versichern, daß ich es nicht unredlich erworben, und überhaupt nicht einmal ambirt6 habe. Aber viel, viel Glück! das ist wahr, und muß ich mir selbst vorhalten. – Die Gehaltsverbesserung habe ich noch zu erwarten, wird aber in einigen Tagen eintreffen und für jetzt 300 th7 (Summa 2000 th) betragen. – Ich wünschte sehr, daß Dir mit der Zahl der Kinder auch eine solche Zulage zufließen könnte. –
Die gewünschte Berechnung Deines Kontos füge ich bei, und werde den baren Ueberschuß der Mutter mitgeben, um ihn Dir zu bringen. – Von Henning habe ich wegen Mithaftung des Kapitals noch nichts weiter gehört und daher, um Gewißheit zu erhalten, vorgestern an ihn geschrieben; die Zinsen hat er mir schon am 2ten dieses Monats geschickt. Will er die Kündigung zurücknehmen, so werde ich zustimmen, auch selbst eine Ermäßigung der Zinsen auf 4½ % würde ich auf Erfordern bewilligen. Die Zinsen hat er stets sehr pünktlich bezahlt. – Die Prioritäts-Obligationen der Nieder Schlesisch-Märkischen, welche 4½ % Zinsen tragen und von denen Du 300 th hast, sind zur Reduktion der Zinsen auf 4 % gekündigt worden. Willst Du Dir die Reduktion gefallen lassen oder das Kapital zur anderen Anlegung haben? Gieb mir Anweisung. Wird und bleibt die politische Welt friedlich, so würde ich den geringern Zinsfuß annehmen; andernfalls aber die Kündigung annehmen. Deinem Wunsch gemäß werde ich die anzuweisenden Capitalien in Preußische Anleihen 1850 anlegen.
Die herzlichsten Grüße der lieben Susette, und einen Kuß für Deine Kinder, mit den treuesten Wünschen von Deinem