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Immanuel Hegel an Karl Hegel, Berlin, 23. März 1855

Lieber Karl!

Heute morgen ist der Brief2 der lieben Susette eingetroffen, welcher uns benachrichtigt, daß Ihr heute Euer Kind durch die heilige Taufe der kirchlichen Gemeinde einverleiben wollt3, damit es mit Euch und uns der göttlichen Verheißungen, die sich daran knüpfen, theilhaftig werde, und begleiten wir diese Feier mit unserer herzlichen Fürbitte und unseren treuesten Wünschen.

Uns Allen hast Du eine große Freude gemacht mit der Aussicht, daß Du uns bald mit Deinem Annchen besuchen werdest, und Groß und Klein sieht diesem Besuch mit Ungeduld entgegen. Wenn Du nun jedoch fragst, welche Zeit uns zusagender wäre, die vor Ostern4 oder nach Ostern, so wollen wir die Wahl Dir ganz überlassen, und uns nur darauf beschränken, die Meinung auszusprechen, daß wir nach Ostern hoffentlich im Frühjahr weiter vorgerückt sein werden und diese Zeit daher zu einer Reise, namentlich mit einem Kind angenehmer sein möchte. Du werdest uns wohl seiner Zeit das Nähere darüber mittheilen. Ich nehme an, daß Du mit dem Kinde bei uns logiren werdest, obwohl ich diesen Punkt mit der Mutter noch nicht besprochen habe.

Mit dem Befinden der lieben Mutter geht es leidlich; der Husten ist jetzt wieder etwas angreifender, doch scheinen die Nerven sich etwas gebessert zu haben; sie befinden sich weniger in dem Zustand gänzlicher Abspannung, welcher vor einiger Zeit so besorglich über Hand genommen hatte. Ich hoffe, daß sie durch wärmere Frühlingsluft, wenn wir sie erst zu genießen bekommen, sich belebt und bekräftigt finden werde. Eure lieben Briefe zu ihrem Geburtstage5 haben sie sehr erfreut und dankt sie Euch herzlich dafür, so wie für die freundliche Aufnahme, welche die gute Susette ihrer kleinen Sendung geschenkt hat. – Mit Hülfe Deines Beitrags haben wir der Mutter ein feines wollenes Kleid gekauft, was sie wohl brauchen kann und außerdem habe ich ihr als Deine besondere Gabe noch einen hübschen Rosenstock mit drei blühenden Rosen, welchen sich noch mehrere Knospen anschließen, überbracht und hoffe darin Deine Wünsche erfüllt zu haben. – Daß Du übrigens für Dein jüngstes Töchterchen den schönen Namen „Maria“ gewählt hast, gereicht uns allen zur großen Genugthuung.

Meine Kinder haben von ihrer Grippe noch etwas Husten behalten, sonst sind sie aber munter. Auch in Potsdam sind sie Alle wohl. Clärchen ist seit vorgestern bei uns zum Besuch; wir gaben gestern Abend eine größere Gesellschaft von 25 Personen, zu welcher ungewöhnliche Anstrengungen gemacht werden mußten; wir sind mit dem Erfolg zufrieden und ist es uns angenehm, daß wir damit nun die nothwendigen  Leistungen erledigt haben.

Herzliche Grüße der lieben Susette und den lieben Kindern. – Heute morgen erhielt Friederike auch einen sehr freundlichen und ausführlichen Brief von der guten Frida aus Nürnberg mit allseitigen befriedigenden Nachrichten.

In treuer Liebe
Dein
Immanuel