Ihr werdet wohl schon wieder nach Nachricht verlangen, liebe Geschwister, und ich benutze daher die sich darbietende Sonntags Nachmittags Stille, um Euch nebst unsern Allen herzinnigen Grüßen, von dem Befinden unsrer lieben Mutter zu berichten. Im Ganzen geht es doch besser, Gottlob, indem das Fieber sich doch allmählig sehr vermindert, der Schlaf zugenommen und besonders der furchtbarste Feind, der Husten, bedeutend geringer geworden ist, so daß sie in diesen letzten 24 Stunden z. B. nur 3 Hustenanfälle gehabt, und die nur kurz und leicht; der Appetit ist noch sehr wechselnd, je nachdem sie …2, auch ist ihr Aussehen so, daß meine Mutter, die sie vorgestern zum ersten Mal sah, tief ergriffen von ihr war, und namentlich der Blick des Auges ist sehr geändert gegen sonst; doch, Böhm hat entschiedene Hoffnung, daß es noch mal zu einer Art Genesung ginge, in wie weit dieselbe zu erreichen ist – wer kann das wissen? Doch fühlt sie selbst sich wohler, ist sehr erleichtert durch den geringen Husten, und besonders durch den vielen Schlaf, den sie so wohl Nachts, als auch am Tage hat; es ist wohl dies nur ein großes Zeichen von der enormen Schwäche und Entkräftung, gewährt ihr aber doch die beßte Ruhe, wenn auch nicht Erquickung gerade, aber sie kommt damit doch viel leichter über diese langwierige Prüfungszeit hinweg, und ihre Nerven erholen sich dabei auch am Beßten; – sie sieht und …3 natürlich noch Niemand, und die Einfache Ruhe und Stille ist das einzige Erforderste, deshalb habe ich auch den wiederholten Anfragen der Tante Fritz über ihr Herkommen, „qua Pflegerin“ sehr ausweichend in meinem letzten Briefe nach Nürnberg begegnet, so daß ich fast fürchte, sie wird es mir etwas übel nehmen; aber lieber das, als den Schreck, daß sie plötzlich mal hier einliefe, und sich zur Pflege bei der Mutter installiren wollte, die hier in den beßten, sanftesten, stillsten Händen ist; das fühlt auch die Mutter vollkommen, und authorisirte mich selbst, so zu schreiben; – sie haben dort keine Vorstellung von der Mutter Zustand, und wenn man den auch nicht so genau kennt, wie wir, kann man sich auch schwer ein Bild davon machen; – die große Magerkeit ist gar zu jammervoll; und ich kann mir nicht denken, daß sie noch mal mit diesen Beinen gehen könnte! ach! wenn sie nur nach einiger Zeit so weit käme, etwas Luft und dies herrliche junge Grün genießen könnte, was Einem jetzt nahrhaft Herz und Auge erquickt! Der Thiergarten ist jetzt wirklich entzückend – wir kommen eben mit den Kindern von einem tüchtigen Spaziergang durch den Thiergarten zurück, was aber selten, daher doppelt große Freude denen ist. Nun möchte ich aber Dich lieber Karl fragen, für wann Du Deine Herkunft bestimmt hast? – ob den 2ten oder 3ten Feiertag4 – ob später oder am Ende früher? Das denke ich wohl nicht, und bilde mir überhaupt ein, daß Du am 3ten Feiertag5, (oder Dienstag), kämst, erstens zu unß und unsre Susette auch nicht mögen für die Feiertage verlassen – und dann – offen bekannt – wäre es wegen Potsdam mir lieb; denn die Eltern harren sehnlichst unsres Herüber Kommens zum Fest, da wir seit Ostern nun nicht mehr dort waren, und Trinklers mit Kind und Kegel kommen auch hin, und möchten uns, sowohl als wir sie gerne ein Paar Tage genießen. Es hängt nun freilich von Deinen Ferien ab, indeßen hoffe ich, daß die nicht so gar kurz sind! – bitte schreibt dies uns bald bestimmt; – ach wir freuen uns Alle so sehr auf Dich und das herzige Kind! nur schade, daß Du meine liebe traute Susette nicht mit kannst! Mit dem ganzen kleinen ….6 Anbeigeend muß Dein Luischen nach Deinen letzten Mittheilungen doch unendlich weiter vorn sein, als mein Clärchen, die doch ein entschiedenes peius ist, und nun noch mancherlei große und kleine Sorgen und Noth macht, so vergnügt sie sich ihres Lebens freut und gesund rothbäckig und kräftig aussieht.
Denke nun, Karl, daß gestern Nachmittag der alte gute Schlesinger seiner Frau gefolgt ist, und nach 6 tägiger Krankheit ganz sanft eingeschlummert ist!7 Das ist doch rührend und für ihn recht beneidenswert! ihm mangelte es wohl an der Kraft, die dem Schmerz allein Widerstand leisten kann, und er ist doch wohl dem seinigen unterlegen. Der Sohn ist hier, und wird sehr gelobt.
Von der guten Mutter soll ich Euch tausend zärtliche Grüße bringen, ebenso von Manuel der bis auf starken Katharr wohl ist aber tief in Akten sitzt.
Auch die Kinder rufen ihre Grüße nun zu, und ich schließe mich ihnen Allen von Herzen an. Lebt wohl Ihr Lieben, mit innigster Liebe Eure Friederike