Wir waren zwei Tage, Montag1 und Dienstag, in Potsdam, und dadurch, so wie durch manche andere dazwischen getretene Abhaltungen hat sich dieser Brief etwas verzögert. Die gute Tante Fritz wird nun heute Abend nach Nürnberg abreisen und werden wir dann auch mehr Zeit und Raum gewinnen, um uns den vielfach vorliegenden Besorgungen zu widmen. In diesen Angelegenheiten haben wir seit Deiner Abreise fast gar nichts gethan; ich hatte sehr viel auf dem Ministerium zu arbeiten und war auch durch meinen Katarrh etwas angegriffen, der sich aber unterdeßen in der Hauptsache verloren hat. Hoffentlich wirst auch Du davon jetzt wieder ganz hergestellt sein. Friederike fühlte gleichfalls die Nachwehen der letzten Zeit und hatte wiederholtes starkes Kopfweh. Dadurch wurden wir verhindert, schon am Sonntag, wie wir beabsichtigten, nach Potsdam zu gehen. Am Montag den 23sten dieses Monats war des lieben Vaters Geburtstag2; wir fuhren mit Clarine und Tante Fritz hinüber und haben da zwei recht schöne Tage verlebt, die uns sehr erquickten. Es war uns dabei eine Genugthuung, der Tante die Schönheiten von Potsdam zu zeigen; es wurde an den beiden Tagen Vor- und Nachmittags spazieren gefahren und waren wir dabei von dem schönsten Wetter begünstigt. Am Dienstag Abend kehrte ich mit der Tante Fritz zurück, und Friederike folgte am folgenden Morgen mit den Kindern nach, die sich drüben weidlich getummelt haben. Gestern Mittag aßen bei uns Cosimo und Philipp Matthias mit seiner Frau, welche auf der Durchreise hier sich aufhielten.
Die Tante hat in den letzten Tagen auch noch manches hier gesehen, altes und neues Museum, Bethanien etc., hat nun aber doch großes Verlangen heimzukehren, und da Kieser verhindert ist, sie abzuholen, so wird sie allein reisen. Von Nürnberg hatten wir liebe Briefe von Tante Marie erhalten; sie erzählte darin von einem Besuche, mit welchem Königin Marie sie im Garten beehrt hat. – Der Tante habe ich alle Sachen inclusive Bücher, die nach Nürnberg zu den Verwandten kommen, in eine Kiste eingepackt und wird sie dann dieselben vertheilen.
Zur Unterbringung von Rosa sind verschiedene Verbindungen angeknüpft; nähere Aussicht bietet sich für das Schwesternhaus der Brüdergemeinde in Neuwied dar, indem zwei Vorsteherinnen desselben hier anwesend sind, welche sich geneigt zeigen, ihr dort ein Unterkommen zu verschaffen. Dort wäre sie jedenfalls am …3 aufgehoben und hat sie auch große Lust dazu. Um die Bemühungen der Marie Tanner in diese Richtung zu unterstützen, habe ich selbst die eine dieser Damen im Brüderhaus hier besucht, und schien meine Empfehlung einen günstigen Eindruck zu machen.
Die Sachen von Elise Fischer, an welche ich geschrieben, werden nun heute von ihrem findigen Vetter Brann abgeholt werden, und sind wir dann davon befreit. – Die Kupferstiche, welche beschädigt oder verstaubt waren, habe ich zu einem Vergolder transportirt, den mir Skalley empfohlen; er wird sie aus dem Rahmen nehmen, reinigen und auch diejenigen Rahmen, welche sehr angegriffen und beschädigt sind, renoviren; ich glaubte, daß Du auch mit letzterem einverstanden sein wirst, da die Bilder dies meistens sehr bedürfen, und jetzt ohnehin auseinandergenommen werden mußten. Auch den Rahmen von Vaters Reliefs für …4 lasse ich restaurieren und das Relief selbst reinigen. – Das Bild der Mutter habe ich zu Engelbach befördert. – Dagegen bin ich in Verlegenheit, was ich mit dem Pastellbild von Fräulein Brock, Kopie von Rembrandts Polen, großes Brustbild5, welches ich oben auf dem Boden gefunden habe, wo es seit Jahren steht, thun soll? einen Geldwerth dürfte es kaum haben oder wenigstens wird es schwierig sein, es zu verkaufen. – Denn Bilder, Oelgemälde und Kupferstiche werde ich von dem Skalleyschen Vergolder, Herrn …6, welcher einen Spiegelladen in der Heiligen Geiststraße hat und ein bescheidener Mann sein soll, zusammen vergolden lassen. Es muß dies eine solche erfahrene Hand besorgen und ich habe mit ihm auch darüber gesprochen.
In den nächsten Tagen werde ich mich nun über die Papiere des Vaters und der Mutter machen, und Friederike die Wäsche und die Betten vornehmen.
Ob ich 5 th zu wenig in Cassa habe, welche in Deine Kasse geflossen, wie Du vermuthest, kann ich erst am Ende des Monats, wenn ich meine Rechnung und meine Kasse abschließe, beurtheilen; außer der Zeit ist mir diese Arbeit, die mehreren Ueberrechnungen dabei konkuriren, zu weitläufig, um sie nicht gern zu vermeiden, und werde ich dann darüber Bescheid geben. Hast Du auch die 6 Hannöverschen Feinsilberthaler, welche Du mir mitgebracht, als Kassenbestand bei Dir in Rechnung gestellt?
Es war die Absicht, diesen Brief von einem Briefe Friederikens mit der Mantille begleiten zu lassen. Friederike war aber heute wieder von ihrer Kolik heimgesucht und konnte daher nicht schreiben. Hoffentlich wird es ihr morgen möglich sein. Sie grüßt Euch beide herzlichst. Ebenso senden die Kinder, welche recht munter sind, ihre Grüße.
P. S. Soeben habe ich auch die Tante Fritz auf die Eisenbahn gebracht und ist sie glücklich abgefahren. – Sie läßt Euch noch sehr grüßen. Sie kommt morgen um 5 Uhr nach Nürnberg.