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Immanuel Hegel an Karl Hegel, Berlin, 13. September 1855

Den anliegenden Brief1 an Dich, lieber Karl, habe ich schon am Sonntag2 geschrieben, und ihn zum anderen Morgen zurückgelegt, da ich zu dieser Zeit schon einen Brief aus Nürnberg und damit die Entscheidung über unseren Reiseplan erwartete. Nach langem peinlichen Warten ist die Antwort nun gestern Mittag eingegangen und zwar schreibt uns die liebe Tante aus Muggendorf, wohin sie mit den Kindern gegangen war, daher sie unser Brief erst spät erreichte. Der Onkel Siegmund ist dorthin auch am Montag vom Bade3 her angekommen und sie wollten nun noch bis zum 17ten dieses Monats dort bleiben; dagegen ist der Simmelsdorfer Aufenthalt in diesem Jahre aufgegeben. Die Tante fordert uns nun allerdings sehr auf, zunächst auch nach Muggendorf zu kommen und dann in Nürnberg zu verweilen. Indessen stimmt dies doch nicht recht zu unseren Wünschen und Bedürfnissen. Wir haben uns daher nach längerer Berathung entschlossen, uns morgen – Freitag – nach Thüringen zu wenden; zunächst nach Gotha, wo wir Stavenhagens besuchen, und dann nach Friedrichsroda bei Reinhardtsbrunn, wo die Eltern4 vor 3 Jahren in einer behaglichen Pension bei einer Frau Superintendentin5 sehr angenehm gelebt haben. Hier denken wir einige Zeit zu bleiben und wenn Friederikes Befinden es gestattet und das Wetter dazu angethan ist, wünsche ich durch Thüringen über Schwarzburg und Coburg nach Nürnberg zu fahren, wo wir noch einige Tage in dem Kreise der Verwandten zubringen möchten, um endlich von dort 6 nach Berlin zurückzukehren. Gott gebe, daß das Wetter so schön bleibe, wie es jetzt ist, und daß wir beide es in guter Gesundheit genießen können.

Rosa zieht morgen mit ihren Sachen ab; die Wohnung der seligen Mutter habe ich gestern mit Bezahlung der Miethe übergeben. Marie Tanner ist unbegreiflicher Weise noch nicht zurück, und hat uns auch gar keine Nachricht weiter von Pyritz gegeben, so daß wir um sie sehr in Sorgen sind. – Ebenso lauten die Nachrichten von den Brüdern aus Gastein sehr betrübend; Theodor muß die Kur dort noch länger fortsetzen und Hermann, dessen Urlaub zu Ende geht, wird täglich hier von uns erwartet.

Wenn ich nicht irre, haben die Brüder beim Onkel Siegmund der getroffenen Verabredung gemäß Gelder erhoben, welche dann vom Vater Flottwell an mich gezahlt werden sollen, um sie Dir zu erstatten. Wenn der Vater heute noch von Potsdam kommen sollte, werde ich ihn darum befragen. – Die Kinder wollen wir heute hinüber schicken; der Abschied wird Friederike sehr schwer. Der liebe Gott wolle sie uns so wohl wie wir sie jetzt verlassen, wieder zurückführen und unsern Ausflug zur richtigen Erholung gereichen lassen! Wir werden Euch von Unterwegs Nachricht geben, damit Ihr wißt, wo Ihr uns zu suchen habt. Länger wie 3 Wochen werden wir nicht ausbleiben.

Die herzlichsten Grüße an Susette und Deine lieben Kinder. Mit den treusten Wünschen

Dein Immanuel

P. S. Hermann ist auch zurück; Theodor noch in Gastein geblieben, um die günstigen Wirkungen des Brunnens und Bades zu befestigen.

Der Vater Flottwell hat mir eben 122 rt gegeben, welche die Brüder in Gastein vom Onkel Siegmund empfangen haben; sie kommen mir ganz recht und vorläufig werde ich das Geld auf Dein Conto anrechnen. Ich habe dies auch nach Nürnberg geschrieben, so daß Onkel Siegmund diese Summe Dir als Ausgabe anrechnen wird.