Berlin, 18. Dec(ember) 1855
Lieber Karl!
Dein lieber Brief hat uns große Freude gemacht, da wir daraus Euer Aller Wohlsein und glückliches Zusammenleben entnehmen konnten. Von uns können wir auch, Gott sei Dank! im Ganzen Gutes berichten, wie Friederike bereits vorstehend des Nähern erzählt hat. Mit ihrem eigenen Befinden geht es auch im Allgemeinen doch besser, wie früher; die Kolik ist bis jetzt nur selten und nicht besonders heftig wiedergekehrt, und sie ist im Ganzen frisch und heiter. Leider läßt sich von Potsdam nicht ein Gleiches sagen, wo nicht bloß Theodor mit seinem ziemlich hoffnungslosen Augenleiden lebt, sondern auch Clara an einem hartnäckigen rheumatischen Leiden seit länger krank ist.
Eine große Ueberraschung war es uns, als uns vor 8 Tagen die gute Rosa besuchte, und uns – ein Brief von ihr an uns war von Knaks verloren worden – selbst die erste Kunde brachte, daß sie schon seit mehreren Tagen im Siechenhause sei und sich dort, mit einer leichten Pflege zweier zahlender Patienten beschäftigt, ganz wohl und befriedigt fühlt. Sie erhält dort Kost und Herberge, und mehr braucht sie auch nicht neben der Unterstützung, die sie von uns bezieht.
Von Nürnberg haben wir seit langer Zeit nichts gehört, und auch auf die zugesandte Kiste mit der gewünschten Lampe keine Nachricht erhalten; ebenso wenig von Tante Fritz, an welche wir früher geschrieben hatten. – Wenn Du an Onkel |
Siegmund schreibst, so bitte ihn doch an die „Fondsadministration des germanischen Museums“ sieben Gulden Jahresbeitrag pro 1855 zum germanischen Museum für den „Staatsminister, Ober-Präsidenten Flottwell zu Potsdam“ zu zahlen. Der Vater ist Mitglied geworden und hat mich gebeten, durch den Onkel die Zahlung, für welche ihm die Quittung bereits zugesandt ist, zu vermitteln. Er kann die Auslage auf Dein Conto schreiben und ich zahle Dir 4 Taler, welche ich vom Vater bereits empfangen habe.
Was Deinen Vortrag im Evangelischen Verein anbetrifft, so bemerke ich, daß die Vortragenden meist ihr Heft vor sich haben, und es beim Vortrag mehr oder weniger benutzen; ein ganz freier Vortrag ist Ausnahme. Die anderen Courtoisien wirst Du hier erfragen können. Giebst Du den Vortrag hernach zum Druck her, so kannst Du ihn ausgedehnter und vervollständigt dem Druck übergeben, während er allerdings beim mündlichen Vortrag seine Zeit nicht zu sehr überschreiten darf.
Von Deininger hatte ich in diesen Tagen einen sorglichen freundschaftlichen Brief; er ist Ober-Konsistorialrath in München seit 1853 und schreibt mir, daß er die Hoffnung habe, daß Du noch nach Erlangen berufen werdest; der Minister sei dazu geneigt und es käme nur auf den Vorschlag des Erlanger Senats an. Häusser habe den Ruf dahin abgelehnt. Es wäre doch sehr erwünscht, wenn diese Hoffnung in Erfüllung ginge; denn die Meklenburger Reaktion wird allerdings täglich haarsträubender und überbietet selbst die Wünsche unserer extremsten Parthei.
Am ersten Feiertag denken wir zum Fest nach Potsdam zu ziehen; hoffentlich wird es dort bis | dahin sich gebessert haben. Freilich wird es uns dismal eine schmerzliche Lücke sein, zum Weihnachtsfest dismal nicht die theure Mutter mehr in unserem Kreise zu sehen!
Die herzlichen Grüße Deiner lieben Susette und mit den treuesten Wünschen Dein
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Privatbesitz
.
Privatbesitz
1000
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Rosa-Rosa, Wirtin am Hintersee in der Ramsau.
Knak, Gustav 11624369418061878Knak, Gustav (1806–1878), in Berlin geborener lutherischer Theologe, der von 1826 bis 1829 an der Universität Berlin studierte, sich dann der Erweckungsbewegung zuwandte und Pfarrer in Hinterpommern wurde. Von 1850 an war er als Nachfolger Johannes Evangelista Goßners (1773–1858) Pfarrer der Berliner Bethlehemskirche der Böhmisch-lutherischen Gemeinde und wirkte im pietistischen Sinne für die Gedanken der Inneren und Äußeren Mission.
Flottwell, Eduard HeinrichEduard Heinrich Flottwell11663107417861865Flottwell, Eduard Heinrich (1786–1865), preußischer Staatsmann, Minister und oftmaliger Oberpräsident, u. a. von 1841 bis 1844 Oberpräsident der Provinz Sachsen, 1849/50 Oberpräsident der Provinz Preußen, 1850 Oberpräsident der Provinz Brandenburg, Schwiegervater Immanuel Hegels (1814–1891).
Deininger, Georg KarlGeorg Karl Deininger13341475218041860Deininger, Georg Karl (1804–1860), in Reinhardshofen bei Neustadt an der Aisch geborener Theologe, der nach seinem Abitur in Nürnberg von 1824 bis 1828 Student der evangelischen Theologie an den Universitäten Erlangen, Bonn, Berlin, München und Tübingen war, zunächst Hauslehrer in Ansbach und im Jahre 1831 in Tübingen promoviert wurde. Er hatte zahlreiche kirchliche Ämter in Leutershausen, Fürth, Burghaslach, Neustadt an der Aisch, Bayreuth und München inne und wurde 1840 Dekan in Burghaslach, 1849 Konsistorialrat in Bayreuth und 1853 Oberkonsistorialrat in München.
Zwehl, Theodor Karl Johann Nepomuk116000791 11600079118001875Zwehl, Theodor Karl Johann Nepomuk (1800–1875), im mittelrheinischen Vallendar geborener bayerischer Politiker, der nach seinem Studium der Rechtswissenschaften von 1818 bis 1826 an den Universitäten Würzburg und Heidelberg in königlich bayerische Ministerialdienst trat. Von 1849 bis 1852 war er Staatsminister des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten, dann bis 1859 Kultusminister, und beendete sein Berufsleben von 1864 bis 1868 als Regierungspräsident von Oberfranken in Bayreuth und von 1870 bis 1875 als Regierungspräsident von Oberbayern in München.
Häusser, LudwigLudwig Häusser
HiKo
11871984X18181867Häusser, Ludwig (1818–1867), aus dem Elsaß stammender Historiker, Politiker und Publizist, der von 1835 bis 1839 an den Universitäten Heidelberg und Jena Klassische Philologie studierte, in Heidelberg promoviert wurde und sich dort 1840 habilitierte. Im Jahre 1845 wurde er in Heidelberg außerordentlicher Professor und war dort von 1849 bis 1867 ordentlicher Professor der Geschichte. 1858 gehörte er zu den Gründungsmitglieder ders Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Im Jahre 1848 wurde er Mitglied des Frankfurter Vorparlaments, von 1848 bis 1850 war er Mitglied der Zweiten Kammer der Ständeversammlung des Großherzogtums Baden, 1850 Mitglied des Volkshauses des Erfurter Parlaments für das Großherzogtum Baden.
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Potsdam52.4009309,13.0591397Garnisons- und Residenzstadt des Königreichs Preußen an der Havel, etwa 30 Kilometer südwestlich von Berlin gelegen.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Berliner SparlampeMöglicherweise ist die sog. Berliner Lampe gemeint, verstellbar und aus Messing gefertigt.
Evangelischer Verein (Berlin)Im Jahre 1851 gegründeter Berliner Zweigverein der Gustav-Adolf-Stiftung, der die Aufgabe hatte, öffentlicher Vorträge zu veranstalten.
Oberkonsistorium (Königreich Bayern)Unter dem auch vom katholischen bayerischen König beanspruchten Summepiskopat über die lutherische Landeskirche wurde ab 1818 das Oberkonsistorium zur eigenständigen, dem Innenministerium nachgeordneten Behörde eingerichtet, bestehend aus evangelischen Konsistorialräten und mit einem evangelischen Präsidenten an der Spitze.
Senat (Universität)Höchstes Beratungsgremium einer Universität; andernorts auch als „Konzil“ bezeichnet, z. B. an der Universität Rostock.