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Karl Hegel an die Kollegen der Universität Rostock, Rostock, 30. März 1856

Rectorats Jahr 1855/56
28. Missive
betreffend
die an die philosophische Facultät ergangene
Aufforderung zu Vorschlägen für die
Wiederbesetzung der durch den Abgang
des Professor Hegel vacant werdenden
Professur.1


Hochgeehrteste Herren Collegen!

Gestatten Sie mir, daß ich mit der offiziellen Mittheilung, die ich Ihnen von beiliegender Zuschrift3 des Herrn Vicekanzlers vom 29. dieses Monats zu machen habe, eine nicht offizielle verbinde, welche Ihnen schon früher auf einem andern Wege zugegangen wäre, wenn nicht die momentane Abwesenheit meines Herrn Vorgängers im Rectorat, dessen gütige Vermittlung ich zu diesem Zweck ansprechen wollte, mich bis heute daran verhindert hätte.

Am 26. dieses Monats habe ich Herrn Staatsrath von Schröter brieflich angezeigt, daß ich einen ehrenvollen Ruf als ordentlicher Professor der Geschichte nach Erlangen erhalten und nunmehr definitiv angenommen habe, so wie, daß ich noch vor dem Anfang des kommenden Semesters, nach dessen Schluß ich die hiesige Universität zu verlassen gedenke, mein Entlassungsgesuch einreichen würde. Hierauf ist bereits unterm 28. dieses Monats das Schreiben des Herrn Staatsraths von Schröter an den Herrn Vicekanzler von Both erfolgt, welches die anliegende Zuschrift des letzteren veranlaßt hat.

Indem ich nun Ihnen, hochgeehrte Herren Collegen, gleichfalls die schon erwähnte Mittheilung mache, fühle ich mich tief und schmerzlich bewegt bei dem Hinblick auf mein bevorstehendes Ausscheiden aus Ihrem mir so theuren und seit lang engverbundenem Kreise, und auf meine Trennung von der hiesigen Universität, der ich nun schon seit 14 ½ Jahren angehört habe, der ich meine Fortbildung in diesem wichtigen Abschnitt meines Lebens zum großen Theil verdanke und an der ich in den beiden letzten Jahren durch Ihr mich hoch ehrendes Vertrauen mit dem Rectorat bekleidet worden bin.

Ich bin gewiß, Sie Alle werden die Motive richtig würdigen, welche meinen Entschluß herbeigeführt haben, ohne daß ich sie erst näher auszuführen brauche oder daß ich besorgen müßte, von irgend einer Seite deshalb eine ungünstige Beurtheilung zu erfahren, und ich hoffe daher, keine Fehlbitte zu thun, wenn ich Sie angelegentlichst ersuche, mir Ihre Achtung und Ihre collegialische Freundschaft jetzt und in Zukunft unvermindert zu bewahren, gleichwie mir die so viele Jahre hindurch fortgesetzte und durch das Band gegenseitigen Vertrauens mehr und mehr befestigte Gemeinschaft mit Ihnen immer unvergeßlich und theuer bleiben wird.

 Hegel.

Zusatz:

Die im Vorstehenden enthaltene Mittheilung hat mich recht schmerzlich berührt. Dies zu versichern bedarf es nicht vieler Worte. Gottes Segen sey mit Ihnen und Ihrem Hause! Erhalten Sie mir Ihre Freundschaft.


G. Wiggers, den 31 März


Es folgen zustimmend 17 Unterschriften von Kollegen Karl Hegels.