XML PDF

Karl Hegel an Johann Sigmund Karl Tucher, Rostock, 14. Juni 1856

Lieber Vater,

ich beeile mich, Dir die gewünschte gerichtliche Erklärung, welche heute Nachmittag aufgenommen worden ist, in beiliegendem Document1 zu übersenden. – Sehr erfreut hat uns die definitive Festsetzung der Abreise der guten Mutter auf den 24. dieses Monats, welche uns ihre glückliche Ankunft am Mittwoch den 25. erwarten läßt. Gott gebe es, daß sie mit Sophie wohlbehalten hierher gelange, um uns unter beiderseitigem Beistand zur Verwirklichung froher und hoffnungsvoller Aussichten von ganz verschiedener Beschaffenheit weiter zu helfen. Wir müssen es mit innigem Dank erkennen, daß Ihr, liebe Eltern, uns eine so erwünschte Hülfe mit gütiger Bereitwilligkeit gewährt, daß insbesondere Du, theure Mutter, Dich der beschwerlichen Reise hierher unterziehen willst. Hinsichtlich der Zeit Deiner Ankunft bei uns erwarten wir noch die nähere Benachrichtigung. Zur Orientierung bemerke ich vorläufig, daß man Morgens um 7 Uhr von Leipzig abgehend Abends um 18 Uhr 10 Minuten hier ankommt; da dies aber eine sehr lange und zumal bei heißer Zeit, beschwerliche Fahrt ist, auch die Ankunft zu früherer Tageszeit gewiß allen Theilen erwünschter sein wird, so möchte es sich gewiß mehr empfehlen am ersten Tage bis Magdeburg durchzufahren, von wo man um 7 Uhr 45 Minuten Morgens abgehend, schon am Nachmittag 4 Uhr 40 Minuten hier eintrifft. – Ich danke Dir, lieber Vater, für die gütige Besorgung meiner Geldangelegenheiten und für die zugesandte Abrechnung, woraus ich ersehe, daß ich nicht mehr im Rückstand bin; ich werde deshalb mit Geldsendungen inne halten, weil sie doch durch Porto und Agio ziemlich theuer kommen, und lieber mein Geld, und zwar in Silber, selbst mitzubringen, denn an preußischen Silberthalern verliert man kein Agio bei Euch, während man hier umgekehrt für das sehr beliebte Papiergeld Agio zahlen muß. – Vor wenigen Tagen habe ich von Erlangen aus das Königliche Ernennungsdecret zum ordentlichen Professor datiert München 28. Mai2, und das königliche Indigenatsdecret datiert München 16. Mai3,  nebst einer ebenso unerwarteten, als unerfreulichen Taxnote vom Geheimen Taxamt des Staatsministeriums des Innern n4, zum Betrage von 209 Gulden, erhalten. Das Indigenat zwar habe ich, wie ausbedungen, kostenfrei bekommen; die Taxgebühren sind aber dennoch unter dem Vermerk: „In betreff der Berufung des ordentlichen Professors usf. – sind nachstehende Taxgebühren – – einzusenden“ außerdem berechnet. Davon ist mir zum voraus nichts bekannt geworden, sonst würde ich die Forderung für Umzugskosten höher gestellt haben: also von den für diese bewilligten 700 Gulden gehen 209 Gulden ab, bleiben nur 491 Gulden. Ein einziger Eisenbahngepäckwagen (zu 160 Centner) kostet von hier bis Erlangen 370 Gulden und reicht lange noch nicht: hieraus ersehe ich schon, daß ich eine bedeutende Mehrausgabe haben werde, denn die Reise mit Kind und Kegel kommt auch noch hinzu.

Doch das läßt sich verschmerzen, wenn nur sonst Alles gut geht, wie ich zu Gott hoffen will. – Mit herzlichen Grüßen an die liebe Mutter, Großeltern, Geschwister und sämmtliche liebe Anverwandten

Dein Sohn Karl Hegel

Es liegt ein beidseitig von Susanna Maria Hegel, geb. Tucher (1826-1878), beschriebenes Zettelchen mit Grüßen an die Eltern und vorwiegend den Küchenhaushalt betreffende Bemerkungen bei.