Mit herzlicher Freude empfingen wir Deiner und der lieben Tante Briefe, welche uns das gewünschte Nähere über die erste Verkündigung und das erste frohe Lebenszeichen des neugeborenen Sohnes mittheilten, und uns auch schon den erfreulichen Verlauf der wichtigen ersten Tage verkünden konnten. Gott gebe, daß es auch weiter einen so glücklichen Fortgang nehme, und das Wochenbett ohne alle Störung vorübergehe! Mit Deiner vorläufigen Ankündigung des mir brüderlich zugedachten Amtes und Auftrages als Pathe hast Du mir eine große Freude gemacht und Du kommst damit meinem herzlichen Wunsche entgegen, dem ersehnten Kinde nicht bloß als Onkel, sondern auch durch die heilige Taufe desselben verbunden zu werden, und gegen Euch, so wie gegen ihn die Verpflichtung zu übernehmen, ihn auf seinem Lebenswege mit treuer Liebe zu geleiten. Ich werde dessen gewiß niemals uneingedenk sein, und sein Wohl und Wehe mit auf meinem Herzen tragen und für ihn Gottes reichen Seegen erflehen.
Unser Landleben hat seinen ungestörten Fortgang, und ich bin sehr dankbar, daß der Brunnen, wie das Bad meiner Frau augen- scheinlich zusagt; sie wird selbst von den gefürchteten Moorbädern, an welche sie sich allmählich mehr gewöhnt, und bei denen sie, wenn auch kein Behagen, doch keinen Ekel empfindet, nicht angegriffen und ist dabei recht munter. Ich gebe mich daher der Hoffnung hin, daß sie davon nun bleibend heilend und stärkend Wirkung mitnehmen werde. Weniger kann ich bis jetzt von meiner nebenher laufenden Kur rühmen; bei dem rauhen Wetter, was wir in voriger Woche hatten, habe ich mich etwas erkältet und einen Husten, der mich des Nachts plagt, davon getragen. Auch macht mich der Brunnen und das sonst sehr angenehme und erfrischende Luisenbad matt und müde, und treibt mein Blut in Bewegung. Doch dürfen diese Wirkungen nicht abschrecken, da sie gewöhnlich hervortreten, und will ich daher die Kur guten Muthes fortsetzen.
Unsere Bekanntschaften haben sich in der letzten Zeit ausgedehnt, und es fehlt auf der Morgen Promenade nicht an freundlichen Ansprachen, die die Zeit abkürzen. Besonders angenehm ist uns der Verkehr mit Frau von Rappard, geborene von Massenbach, einer alten, sehr würdigen Frau von großer Herzensgüte, welche dem Flottwellschen Hause von Posen her nahe befreundet ist; sie hat auch unsere selige Mutter gekannt und sie in Berlin aufgesucht. Es fehlt daher nicht an Berührungspunkten, und dabei hat sie ein offenes Herz, an Allem warmen und wohlwollenden Antheil zu nehmen. Sie hat zur Begleitung mitgenommen eine Nichte Albertine von Massenbach, ein liebenswürdiges aufgewecktes Mädchen, welches sich gern in der Welt umsieht und uns mit Vergnügen auf weitere Nachmittagspromenaden begleitet. Nachdem das schauerliche kalte Ungewitter, welches mehrere Tage anhielt, und nur kurze Ausgänge zur Erwärmung gestattete, vorüber, haben wir schöne Sommertage bekommen, an denen die frische Luft des Gebirges die Hitze nicht fühlen läßt. Wir machten daher in diesen Tagen zwei weitere Ausflüge, den einen nach Seeberg, einem alten Schloß mit Dorf, welches an einer romantischen Felsenschlucht, in deren Tiefe ein lebendiges Wasser rauscht, gelegen ist, und den andern nach Eger, wo wir auf den gegenüberliegenden Höhen herumwanderten und von hier eine großartige Ansicht der Stadt, des ganzen romantischen Egerthales und der von schönen Gebirgen eingeschlossenen Landschaft genossen. Dabei ist die ganze Gegend fruchtbar und man wandert mit Vergnügen durch die üppigsten Getreide- und Kleefelder. – Heute ist ein wunderschöner Tag und wir haben auch schon das Frühstück nach der Morgenpromenade in dem vor unserem Hause gelegenen Park genossen.
Von Potsdam erhielten wir vor einigen Tagen einen Brief und die Kinder waren Gott sei Dank, ganz munter. Dagegen pflegt die Mutter noch immer Herrmann in Berlin, da er noch zu schwach war, um nach Potsdam gebracht zu werden. Es zieht sich die Genesung lange hin, und dürfte vielleicht deshalb auch seine Hochzeit leicht hinausgeschoben werden müssen.
So eben haben wir einen Brief von Potsdam erhalten; die Kinder sind sehr vergnügt und die Mutter hat sich nun auch mit Herrmann, dessen Genesung langsam fortschreitet, dorthin übersiedelt.
Zum Aufenthalt nach der Kur wird uns von mehreren Seiten hier Alexandersbad bei Wunsiedel empfohlen, welches nicht weit von hier in einer sehr romantischen Gegend gelegen sein soll. Wir werden nach der Kur, da wir bis zum 28ten Juli hier zu verweilen haben, noch etwa 8 Tage zur Disposition übrig behalten.
Friederike sendet Euch Allen die herzlichsten Grüße und dankt der lieben Tante für ihren freundlichen Brief, dessen Beantwortung sie sich vorbehält, da sie sich heute etwas angegriffen findet und sehr müde ist.
Der lieben Wöchnerin meine treuesten Wünsche und der lieben Tante und Cousine die schönsten Grüße.