Der Brief Deiner lieben Susanna, welchen Friederike mit herzlichem Danke empfangen, theilt uns mit, daß Ihr beabsichtigtet, am nächsten Sonntag1 nach Streitberg eine Parthie zu unternehmen, und Euch dort nach einer geeigneten Wohnung für uns umzusehen. Es wäre mir sehr lieb, wenn dieser nette Plan zur Ausführung käme, da ich hier bereits vernommen, daß viele Wohnungsbestellungen schon in Streitberg gemacht worden, und Dr. Göschen soll versichert haben, daß die besseren Wohnungen schon alle vergeben seien. Ich möchte Dich daher dringend bitten, uns, wenn es Dir möglich, nach eigener Wahl oder durch Beauftragung des Arztes oder Bürgermeisters oder sonst qualifizirten Mannes in Streitberg, baldigst eine Wohnung zu bestellen, da diese für die Annehmlichkeit und den Erfolg des Aufenthaltes eine Lebensfrage ist. Wenn meine Schwägerin Clara mitgeht, und da wir Marie mitnehmen wollen, so brauchen wir 4 Betten, und mindestens zwei geräumige Stuben; findet sich noch eine Kammer dabei, so ist es um so besser. Jedenfalls wird eine Parterrewohnung zu vermeiden sein, da solche immer feucht ist. Im Uebrigen wird man nicht viel Bedingungen machen können, wenn sie nur gesund und möglichst freundlich ist, und die Betten mit Roßhaarmatratzen versehen sind. Da viel Badegäste dahin kommen, so ist wohl anzunehmen, daß man den unentbehrlichen Comfort finden wird, und auch für die Verpflegung in irgend einer Weise gesorgt ist. – Was den Preis anbetrifft, so hast Du ja meine General-Vollmacht in allem und daher auch in diesem Fall; findest Du eine gute und passende Wohnung, so mache nur die Sache gleich richtig und lege das Handgeld aus, damit man gesichert ist; auf ein Paar Gulden kommt es nicht an, wenn dafür die Wohnung ihre Vorzüge hat. Ich werde vermuthlich am 3ten Juli abreisen können, so Gott will und Friederike sich nicht dann zu Bette legt; die Wohnung wird daher vom 4ten ab zu miethen sein; wird verlangt, daß sie vom 1ten Juli an gemiethet werde, so ist dagegen nichts zu erinnern, und würde nach der Dauer gefragt, so kann 4 – 5 Wochen angenommen werden. Gewöhnlich werden solche Wohnungen wochenweise gemiethet und nicht für einen bestimmten Zeitraum, da man niemals die Dauer der Kur bei einem Patienten genau angeben kann.
Entschuldige brüderlich, wenn ich Dir mit diesem Auftrage viel Umstände mache; es wäre aber doch sehr zu beklagen, wenn wir wegen Mangel an Wohnungen am Ende die Reise dorthin, an welche sich doch viel Hoffnungen knüpfen, aufgeben müßten.
Mit Friederikes Befinden geht es leidlich, wenn auch noch viel Schwachheit damit verbunden ist und es noch zu keiner Festigkeit gekommen ist. Nachdem Clärchen aufgestanden, hat sich nun richtig Willi trotz seines Sträubens am Pfingstsonntage2 an den Masern gelegt und sind solche recht stark hervorgetreten; im Uebrigen hat die Krankheit auch bei ihm ihren regelmäßigen Verlauf, und werden wir dann die Beruhigung haben, daß alle unsere Kinder das unvermeidliche Uebel abgemacht haben. Unter diesen Umständen wurde aber das Pfingstfest sehr still verbracht; ich ging zu Mittag des 2ten Feiertags nach Potsdam hinüber, um dort die Eltern und mein Töchterchen Marie zu besuchen, welche wir bereits seit 8 Tagen dorthin auf die Weide geschickt haben. Klarine Klen hat uns am vorigen Sonnabend3 verlassen; dagegen ist bei uns Malchen von Conrady, eine liebe Freundin von Friederike eingezogen, die bereits seit mehreren Wochen bei Flottwells zum Besuch war, und uns nun in der Pflege und im Hauswesen unterstützt.
Da am nächsten Sonntag Dein Geburtstagsfest4, lieber Karl, wiederkehrt, so bringe ich Dir dazu auch unsere herzlichsten Wünsche; Du wirst gewiß mit innigstem Dank auf das verflossene Lebensjahr zurück schauen, das Dich über manche Sorgen mit Gottes Hülfe fortgeholfen, Dein Haus reich gesegnet und Dich in Deine neuen befriedigenden Berufs- und Lebensverhältnisse geführt hat. Gott möge Dir dieses Glück und diese Befriedigung gnädig erhalten und Dich auch ferner an Seiner Hand leiten und vor Trübsal bewahren!
Daß die letzten Nachrichten aus München über des kleinen Siegmund Genesung beruhigend lauten, hat uns sehr erfreut; findet sich eine Gelegenheit, so wollest Du unsere innigste Theilnahme ausdrücken.5
Friederike trägt mir die freundlichsten und herzlichsten Grüße und Glückwünsche für Dich und Susanna auf.
In treuer Liebe