aus allem, was Sie mir über DoctorJunghans mitgeheilt haben, gewinne ich immer mehr die Überzeugung, daß er ganz der rechte Mann für mich wäre. Nun muß ich aber bedauern, daß meine Hoffnung eine vergebliche war, ihn schon in diesem Sommer beschäftigen zu können.
Für das Aufsuchen und Einsammeln des Materials, das Geschäft, um das es sich für jetzt noch mehr als um die Bearbeitung im Einzelnen handelt, wäre diese Zeit die günstigere gewesen, und überhaupt kann ich mich bei den obwaltenden äußeren Verhältnissen, die geradezu Alles in Frage stellen, auf Verbindlichkeiten die über den Termin unserer nächsten Herbstsession2 hinausgehen, gar noch nicht einlassen. Also nur eine sehr bedingte Zusage könnte ich vorläufig dem Doctor Junghans für weiterhin geben. Doch vielleicht ist ihm schon damit gedient, wenn ich es ausspreche, daß ich den lebhaften Wunsch hege ihn von der Zeit an, da er frei sein wird, für mein Unternehmen zu gewinnen und daß ich zur Zeit noch an der Hoffnung festhalte, daß es möglich sein werde. – Ich danke Ihnen für die Anhaltspunkte, die Sie mir in Betreff der Remuneration| gegeben. Seitdem habe ich erfahren, daß die Remuneration der Mitarbeiter bei den Reichstagsacten auf 500 florin festgesetzt ist: Darüber dürfte auch ich wohl nicht, wenigstens nicht in Süddeutschland, hinausgehen; für den Aufenthalt in Norddeutschland oder am Rhein wird dies freilich nicht genügen, muß also der Satz erhöht werden. Zum stehenden Aufenthaltsort für den Mitarbeiter würde sich, dünkt mich, Erlangen wenig oder nur sehr theilweise eignen, wie wohl es mir sehr lieb wäre, ihn in der Nähe zu haben. Unsere Bibliothek ist sehr schlecht beschaffen und das zu bearbeitende Material wird wohl nur in den seltenen Fällen hierher zu bekommen sein. Man wird daher Rücksicht nehmen müssen bei der Wahl des Orts, auf den Kreis des Arbeitsfelds und wenn es sein kann auch auf den Druckort. Doch das sind spätere Erwägungen. –
Ihr Schwager Schelling läßt Sie bestens grüßen: ihm und den Seinigen geht es gut. An die Wiederbesetzung von Nägelsbachs Stelle denken wir allerdings seit lange; es ist sehr schwer den passenden Mann zu finden für einen Wirkungskreis, der nicht bloß für unsere Universität, sondern für das ganze protestantischeSchulwesen in Baiern von der allergrößten Bedeutung ist: noch ist er nicht gefunden und bei der beschränkten Auswahl, die sich uns unter den zu erreichenden Philologen darbietet wird jeder Vorschlag immer ein gewagter sein. |Aegidi hat erst vor wenigen Tagen sein Entlassungsgesuch eingereicht. – Unsere Stadt und ein großer Theil des Baiernlandes ist gegenwärtig in große Aufregung versetzt durch die österreichischenMilitärzüge des Armeecorps unter OheimHaller, welche seit vorigen Montag 23. begonnen haben und in täglich 8 Zügen (Tag und Nacht) sich 10 oder 11 Tage lang fortsetzen. Unsere Studenten empfangen sie mit Bierkrügen und Würsten auf dem Bahnhof. In Nürnberg undMünchen ist der Jubel ungeheuer: allen wird immer mehr österreichisch und das unverständige Schmähen und Verdächtigen gegen Preußen ist kaum zu ertragen. –
Leben Sie wohl.
Freundschaftlichst der Ihrige Carl Hegel.
1In dem hier vorliegenden Brief geht es vornehmlich um die Suche nach geeigneten Mitarbeitern für das umfangreiche Editionsprojekt der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“, dessen Leitung Karl Hegel (1813-1901) im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München innehatte und unter welcher zu seinen Lebzeiten 27 Bände erschienen; zu diesem Editions-Unternehmen einführend vgl. Kreis, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung, besonders S. 165 ff.2Die Plenarversammlung der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München fand im Jahr 1859 vom 29. September bis 1. Oktober statt.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Waitz, GeorgGeorg Waitz
HiKo
11905914218131886Waitz, Georg (1813–1886), in Flensburg geborener Historiker, der nach einem breiten geisteswissenschaftlichen, juristischen und theologischen Studium an den Universitäten Kiel und Berlin 1836 promoviert wurde. Nach seiner Tätigkeit bei den Monumenta Germaniae Historica wurde er 1842 ordentlicher Professor der Geschichtswissenschaft an der Universität Kiel, wechselte 1848 als Ordinarius an die Universität Göttingen und wurde 1858 Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. Als er 1875 Präsident der Monumenta Germaniae Historica in Berlin wurde, ging er gleichzeitig an die Universität Berlin. Er war in erster Ehe mit Clara Schelling (1818–1857), einer Tochter des Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling (1775–1854), verheiratet, in zweiter Ehe mit Helene Franziska Friederike Hartmann (1831–1915), einer Tochter des Generals Georg Julius Hartmann (1774–1856).
Rostock54.0886707,12.1400211Hansestadt an der Ostseeküste des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin mit der 1419 gegründeten ältesten Universität im Ostseeraum.
Bundesarchiv Berlin: Nachlaß Waitz, N 2321
.
BA Berlin1000
Kreis
, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen, Bristol, CT, USA 2012.
Kreis
, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung
2012
Junghans, WilhelmWilhelm Junghans11723843018341865Junghans, Wilhelm (1834–1865), Historiker, Professor für Geschichte an der Universität Kiel.
Nägelsbach, Karl FriedrichKarl Friedrich Nägelsbach11558154518061859Nägelsbach, Karl Friedrich (1806–1859), Gymnasiallehrer und Klassischer Philologe, von 1842 bis 1859 ordentlicher Professor der Klassischen Philologie an der Universität Erlangen.
Aegidi (Aegidy), Ludwig Karl James11600904718251901Aegidi, Ludwig Karl James (1825–1901), auch Aegidy, in Tilsit geborener Jurist, Politiker und Dichter, der nach seinem Studium an den Universitäten Königsberg, Heidelberg und Berlin im Jahre 1851 promoviert wurde und sich 1853 an der Universität Göttingen habilitierte. Von 1857 bis 1859 war er außerordentlicher Professor für Staatsrecht an der Universität Erlangen, dann bis 1868 am Akademischen Gymnasium in Hamburg und anschließend bis 1871 an der Universität Bonn. Nach seiner Anstellung im Auswärtigen Amt in Berlin von 1871 bis 1877 war er Professor für Staats-, Völker- und Kirchenrecht an der Universität Berlin.
SüddeutschlandSüdlich gelegene deutschsprachige Gebiete im Sinne von Oberdeutschland.
NorddeutschlandBegriff für den nördlich gelegenen Teil des deutschen Gebietes, welcher in verschiedenen Kontexten (geographisch, linguistisch, historisch, kulturell, wirtschaftlich, politisch etc.) Verwendung findet, ohne dass dabei das Gebiet eindeutig bzw. auch hinsichtlich des jeweiligen wissenschaftlichen Gebrauchs einheitlich definiert ist; es kommt daher auch zu Überscheidungen mit anderen Definitionen innerhalb des deutschen Raumes (z. B. mit Mittel-, West-, Ostdeutschland); oftmals bezieht sich dieser Begriff auch auf das Norddeutsche Tiefland, wo früher allgemein die niederdeutsche Sprache gesprochen wurde.
RheinCirca 1233 Kilometer langer, im Schweizer Kanton Graubünden entspringender Fluß im Westen des Gebietes des Deutschen Bundes, von der Schweiz, durch den Bodensee, am Ende durch die Niederlande fließend und in die Nordsee mündend.
Bayern (Baiern)Das Königreich Bayern bestand von 1806 bis 1918.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Preußen, Prusse Königreich Preußen (französisch: Prusse), auch Ostpreußen als östlichste Provinz des Königreichs.
Doctor, DoktorDoktor als höchster akademischer Grad und Bezeichnung für jemanden, der einen Doktor-Titel trägt.
HerbstsessionSynonym für die zur Zeit Karl Hegels (1813-1901) regelmäßig Ende September/Anfang Oktober stattfindende Plenarversammlung der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München.
Unternehmen (mein, unser)Das von Karl Hegel (1813-1901) geleitete Editionsunternehmen zur Herausgabe der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München (27 Bände zu seinen Lebzeiten).
Remuneration, RemunerationenZusätzliche Bezahlung, Gratifikation; hier auch im Sinne von Gegenleistung(en) und Vergütung(en) gebraucht im Sinne einer regelmäßigen Gehalts- bzw. Lohnzahlung.
Reichstagsacten, Reichstags-Acten, ReichstagsaktenVon Beginn an betriebenes, noch heute – in mehreren Reihen – angelegtes und laufendes Langzeit-Editionsprojekt der 1858 gegründeten Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München.
Florin, florin (fl.)Gulden, von 1849 bis 1936 Silbermünze zu zwei Schilling; siehe auch: Gulden.
Florin, florin (fl.)Gulden, von 1849 bis 1936 Silbermünze zu zwei Schilling; siehe auch: Gulden.
Satz, SätzeHier bezogen auf das Druckwesen, in den Bedeutungen: gesetzter Text als Druckvorlage dienend; Schriftsatz; das Setzen eines Manuskriptes für die Drucklegung; auch Satz als aus mehreren Wörtern bestehende, in sich geschlossene sprachliche Einheit (grammatikalisch-sprachwissenschaftlicher Begriff); auch Höhe eines Honorars, einer Vergütung oder Entlohnung.
Universitätsbibliothek, Universitäts-Bibliothek ErlangenDie Erlanger Universitätsbibliothek wurde 1743 zusammen mit der Gründung der Universität durch den Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth (1711-1763) gegründet und verfügt heute über mehrere Standorte sowie Teilbibliotheken, die sich teilweise auch aus Fusionierungen der Universität und Neugründungen von Fakultäten im weiteren Verlauf der Universitätsgeschichte ergaben.
DruckortOrt, in dem ein Buch oder eine anderweitige Publikation gedruckt und/oder verlegt wird.
Universität ErlangenDie im Jahre 1743 gegründete Universität Erlangen gewann im 19. Jahrhundert innerhalb des katholisch geprägten Königreichs Bayern durch ihre evangelische Theologische Fakultät als wissenschaftliche Ausbildungsstätte protestantischer Geistlicher für die neue, nach 1806 erst entstehende Bayerische Landeskirche eine besondere Bedeutung. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war die „Erlanger Theologie“ durch große Geschlossenheit und Einheitlichkeit im Sinne des „Neuluthertums“ gekennzeichnet.
protestantischDem protestantischen, hier bezogen auf den evangelisch-lutherischen Glauben des Christentums angehörend, auf ihn bezogen, ihm zuzuordnen; hier auch gebraucht in Bezug auf die „Protestation der „Göttinger Sieben“.
SchulwesenAdministrativer Begriff in Bezug auf alles, was mit Schule oder Ausbildung innerhalb eines bestimmten Landes zusammenhängt.
Philolog/-eWissenschaftlicher, der sich unter literatur- und sprachwissenschaftlichen Aspekten mit klassischen und/oder modernen Sprachen befasst auch unter komparatistischen Prämissen und hier vornehmlich als entsprechender sprachgelehrter Mitarbeiter bei einem historischen Editionsunternehmen zu verstehen, worauf Karl Hegel (1813-1901) als Projektleiter der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften größten Wert legte.
EntlassungsgesuchAntrag auf Entlassung aus bestimmten Diensten (z. B. Staatsdienst), einer Anstellung etc. zumeist an eine Behörde oder an eine entsprechende zuständige Amtsperson, ggf. auch an den König oder die Regierung selbst.
Österreichisch, oesterreichisch; oestreichischZu Österreich gehörend, auf Österreich bezogen, sich auf Österreich beziehend.
ArmeecorpsGroßverband eines Heeres (aus dem Französischen von „corps“ bzw. dem Lateinischen „corpus“ für Körper bzw. Körperschaft), das aus mehreren Divisionen bzw. Brigaden und weiteren Korpstruppen besteht.
OheimOnkel, anfangs nur: Bruder der Mutter.
Zug, Züge (Militär)Im militärischen Berich bedeutet „Zug“ eine Teileinheit von Soldaten, der wiederum in Gruppen bzw. Trupps, Bedienungen oder Besatzungen untergliedert ist und zumeist Teil einer größeren Einheit, wie der Kompanie oder Batterie, wenngleich er auch in Form einer Spezialeinheit oder -truppe selbständig sein kann.
StudentMännliche Person, die an einer Universität oder Hochschule immatrikuliert ist und dort entsprechend der gewählten Fachrichtung ausgebildet wird; auch ein Schüler einer höheren Schule.
Bahnhof (Erlangen)Der Bahnhof in Erlangen, an dessen Entwürfen auch Leo Klenze (1784-1864) beteiligt war, liegt am Westrand der Innenstadt. Seine Eröffnung erfolgte im Jahr 1844 (25. August) zusammen mit dem Ludwig-Süd-Nord-Bahn-Abschnitt Nürnberg-Bamberg durch die Bayerische Staatsbahn am Geburtstag des bayerischen Königs Ludwig I. (1786-1868), während der Betrieb erst im September aufgenommen wurde. 1886 folgte die Bahnstrecke Erlangen-Eschenau „Seku“, auch: Seekuh“ genannt (Sekundärbahn, Lokalbahn zur Anbindung des ländlichen Raumes), welche bis 1963 betrieben wurde und in Brand (heute Ortsteil der Marktgemeinde Eckental) durch die heutige Blumenstraße führte, wobei der damalige, nicht mehr existierende Bahnhof bei der heutigen Hausnummer 11 gelegen war, während der Lokschuppen am Bahnhof Eschenau erhalten geblieben ist und inzwischen restauriert wurde. Der Bahnhof in Erlangen wurde auch Endbahnhof der Strecke Erlangen-Herzogenaurach, die für den Personenverkehr bis 1986 diente.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis