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Karl Hegel an Georg Heinrich Pertz, Erlangen, 5. Februar 1860

Hochgeehrter Herr Geheimrath!1

Ich warte immer noch auf das versprochene Verzeichniß der in der Berliner königlichen Bibliothek befindlichen Handschriften von Nürnberger Chroniken. Da ich gegenwärtig mit der Bearbeitung der Chroniken des 15. Jahrhunderts beschäftigt bin, so liegt mir natürlich am meisten daran, die hierher gehörigen Handschriften zusammen zu bringen und die besten davon auszuwählen, um sie für die Feststellung des Textes zu benutzen.

Das Verzeichniß, das ich wünsche, müßte die nöthigen Notizen über Alter der Handschrift, Anfang und Ende (wörtlich d. i. buchstäblich getreu gegeben) enthalten, um danach ihren Werth und Inhalt einigermaßen beurtheilen zu können. Ich denke nicht, daß dies eine so weitläufige Arbeit sein sollte, die sich nicht von einem Sachverständigen in wenigen Tagen ausführen ließe. Das erforderliche Honorar stelle ich zur Verfügung. – Die Handschriften, die ich brauche, werde ich wohl hierher bekommen können, wenn ich zuvor die Genehmigung des preußischen Staatsministeriums eingeholt habe? Die Wolfenbüttler sind mir schon zugeschickt worden; die darunter befindliche Ulman Stomersche Chronik ist eine alte und werthvolle Abschrift des Originals im Germanischen Museum.

Bei der Beurtheilung der deutschen Texte hat sich mir ganz entschieden das Bedürfniß herausgestellt, einen sprachgelehrten Gehülfen heranzuziehen, dessen Aufgabe ausschließlich sein würde, den Text aus den Handschriften correct herzustellen, die sprachlichen Schwierigkeiten zu entscheiden oder zu erläutern und für zuverlässige Correctur beim Abdruck zu sorgen. Für den historischen Theil der Arbeit reichen unsere bisherigen Kräfte aus, nicht aber für diesen, abgesehen davon daß man die auf andere Weise besser zu verwendenden Kräfte nur unzweckmäßig zersplittern und den Fortgang der Arbeit aufhalten würde. Ich bin daher gegenwärtig bemüht, eine solche Hülfe, wie ich sei noch brauche, zu gewinnen.2

Von der weit ausstehenden Geschichte der Wissenschaften habe ich nichts weiter vernommen, seitdem wir zu Vorschlägen von Arbeiten durch Circular aufgefordert wurden. Auch ein andrer Theil der Commissionsanträge scheinen die Billigung der allerhöchsten Stelle oder vielleicht des berathenden geheimen Comité3 nicht gefunden zu haben.

Indem ich Ihnen mein dringendes Anliegen wiederholt empfehle, verbleibe ich

verehrungsvoll
Ihr
ganz ergebenster
Carl Hegel.