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Karl Hegel an Heinrich Sybel, Erlangen, 5. März 1860

Theurer Freund!

Die jungen deutschen Philologen scheinen rarae aves zu sein. Waitz schreibt mir, daß ich auf den Schweizer Götzinger nicht rechnen dürfe, da er bereits, eben promovirt, Aussicht auf eine Professur in Sankt Gallen habe. Dagegen empfiehlt Müllenhoff einen Österreicher namens Lexer, den ich aber erst aus Ungarn kommen lassen müßte. Das wäre nun so übel nicht, da ich zur Zeit bemüht bin, Nürnberger Chroniken aus Pesth1, die ich gar nicht entbehren kann, hierher zu bekommen und bis jetzt noch wenig Hoffnung auf Erfolg habe: nun könnte der Mann gleich seine Arbeit in Ungarn für uns beginnen. Waitz, der sich bei Müllenhoff nach Lexer erkundigt hat, glaubt daß er ganz der rechte Mann sein würde, doch müßte man ihm (da er bereits als Lehrer angestellt gewesen, dann aber nachdem er ein Jahr in Berlin studiert hat, deshalb übel angeschrieben, die Stelle nicht wieder erhalten konnte – also ein nicht mehr so ganz junger Mann sei2) mindestens 700 florin Jahrgehalt anbieten. Ich wollte jedoch in dieser Richtung keinen Schritt weiter thun, bis ich Sie davon in Kenntniß gesetzt und zuvor erfahren, ob Sie mit Professor Hoffmann gesprochen und ob dieser Keinen zu empfehlen weiß? Besser wäre es doch immer wenn wir den Mann schon mehr in der Nähe und genauere Kenntniß von ihm hätten. Sie sind wohl so freundlich mir hierauf bald möglichst zu antworten.

Herzlichst
der Ihrige
Carl Hegel.