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Karl Hegel an Matthias Lexer, Erlangen, 13. August 1860

Geehrter Herr Doctor!1

Ich übersende Ihnen hiermit zwei Handschriften von der Meysterlin’schen Chronik, die eine, bezeichnet Band f. 268, ist aus der Universitäts- Bibliothek zu Jena, die andere aus der Wolfenbütteler Bibliothek; noch eine zweite Wolfenbüttler Handschrift von Meysterlin hat Dr. Kern. Ferner kommt eine Handschrift der Stadtbibliothek zu Nürnberg in Betracht, welche Ihnen der letztere gleichfalls näher bezeichnen wird und die Sie einstweilen in dem Local der Bibliothek benutzen mögen, bis ich selbst hinüber kommen und sie mir geben lasse.

Ich lege zugleich meine Notizen über Meysterlins Chronik bei, die freilich sehr flüchtig und nur für meinen Gebrauch beim Durchlesen der beiden Wolfenbüttler Handschriften niedergeschrieben sind, Ihnen aber doch zur vorläufigen Orientirung dienen können. Die beiden Wolfenbüttler Handschriften stehen sich in Werth und Unwerth ziemlich gleich, sind aber unabhängig von einander und corrigiren sich gegenseitig, so daß sich der Text daraus ziemlich gut herstellen läßt. Die Jenaische Handschrift habe ich selbst noch nicht näher angesehen, möglich daß sie besser ist.

Meysterlin hat seine Chronik zuerst lateinisch geschrieben, sodann deutsch übersetzt, wie er am Ende der Deutschen Abfassung selbst sagt. Der lateinische Text ist herausgegeben in Ludewig Reliquiae Manuscriptorum T. VIII p. 3-1491: er weicht von dem deutschen vielfach ab, so daß dieser eigentlich als eine neue Bearbeitung zu betrachten ist.

Nun versuchen Sie Ihr Glück mit diesem verdorbenen Machwerk, welches so confus es ist wir doch nicht wohl auslassen können: in sprachlicher Beziehung scheint es manches Interessante zu bieten.

Hochachtungsvoll
Ihr ergebenster
Hegel.