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Karl Hegel an Johann Friedrich Böhmer, Erlangen, 24. März 1861

Antw. den 18 Juni 1861. Erlangen 24 März 1861 / Hegel1

Hochgeachteter Herr!

Ein Unternehmen, welches die Kenntniß unserer vaterländischen Geschichte zu fördern und zu erweitern bezweckt, darf von vornherein auf Ihren Beifall, auf ihre bereitwillige und uneigennützige Mitwirkung zählen. Die Herausgabe einer Sammlung von Chroniken deutscher Städte, welche auf Pertz’ Anregung von der Münchener Historischen Commission beschlossen und mir übertragen worden ist, berührt sich sehr nah mit Ihren großartigen Leistungen in dem Bereich deutscher Geschichtsforschung, und ich zweifle nicht, daß Sie dem zu Stande Kommen einer solchen Sammlung, welche sich zum Theil an Ihre Fontes anschließend und die Monumenta Germaniae ergänzen wird, Ihre volle Theilnahme schenken.

Es ist der Plan mit den Chroniken der fränkischen Städtechroniken und zunächst mit denen von Nürnberg zu beginnen. Die Handschriftenuntersuchung hat meine Mitarbeiter3 und mich bis jetzt größten Theils beschäftigt; doch konnte seit kurzem zugleich mit dem Druck des 1. Bandes Nürnberger Chroniken begonnen werden, in welchem das Büchlein von Ulman Stromer (in den Jahren 1360 – 1406 niedergeschrieben und im Original vorhanden), die erste Stelle einnehmen wird. Für die folgenden Chroniken des 15. Jahrhunderts stehen uns nur mangelhafte Handschriften zu Gebote, und immer wieder erneuern wir die leider bis jetzt vergeblichen Versuche die älteren und besseren aufzufinden; so namentlich in Beziehung auf eine kurze Chronik, die mit der Stiftung des Klosters Ebrach beginnt und in der Zeit König Sigismunds, wo sie ausführlich wird, verfaßt worden ist; ferner in Beziehung auf die deutsch geschriebene Nürnberger Chronik von Meisterlin, welche in der lateinischen Abfassung desselben in Ludewigs Reliquiae Band 8 abgedruckt ist.

Ich erlaube mir nun Sie um Ihren gütigen Beistand zu bitten, daß Sie mir gefälligst Nachweisung geben möchten von Chronikenhandschriften, namentlich von Nürnberger und Augsburger Chroniken, oder von Rotenburger und andern fränkischen und schwäbischen Stadtchroniken, welche die Frankfurter Bibliothek oder Sie selbst etwa besitzen; möchten Sie zugleich so viel zur Charakterisierung der Handschriften hinzufügen, als zu ihrer allgemeinsten Beurtheilung dienlich ist!

Wenn aber keine Handschriften der bezeichneten Art weder in Besitz der Frankfurter Bibliothek noch in dem Ihrigen sind, so wäre es mir lieb, auch das zu wissen. Auch jede sonstige Nachweisung, welche Sie mir zukommen lassen mögen, werde ich mit größtem Dank erkennen.

Entschuldigen Sie, hochverehrter Herr, die Dreistigkeit meiner Bitte; ich weiß aber, daß Sie sie mir gern gewähren werden, und ich würde sie gar nicht gewagt haben, wenn ich nicht zu meiner großen Beruhigung und Freude erfahren hätte, daß Sie von Ihrer letzten schweren Krankheit glücklich wieder genesen sind.

Mit dem Ausdruck aufrichtiger Verehrung
ganz ergebenst
Prof. Dr. Hegel