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Karl Hegel an Matthias Lexer, Erlangen, 7. Dezember 1861

Sehr geehrter Herr Doctor!1

Mit vieler Befriedigung habe ich heute morgen Ihre ersten Nachrichten aus Augsburg erhalten. Sehr leid thut mir nur, daß ich Sie durch den grünen Baum statt Hof in die Irre geführt habe; übrigens werden Sie diesen auch an meiner Beschreibung erkannt haben und wünsche ich nur, daß er noch gut im Stand sein und Ihnen zusagen möge.

Herrn Rector Mezger bin ich sehr dankbar für die Freundlichkeit die er Ihnen erwiesen hat und bitte ich ihn eben so wie Herrn Greiff bestens zu grüßen – Herr Greiff wird mir nicht übel nehmen, daß ich ihn Bibliothekar des Historischen Vereins genannt habe, da er mich selbst zu dem Mißverständniß veranlaßt hat, in dem er sich am Schluß seines Vorworts zu Rem’s Tagebuch nicht Stadtbibliothekar nennt, sondern „Bibliothekar und Secretär des Historischen Vereins“.Über Ihre Entdeckungen bin ich sehr erfreut, da sie gerade für die älteste Augsburger Chronik sogleich noch mehrere Handschriften ergeben haben. Daß der Katalog von Mezger so mangelhaft sei, hätte ich allerdings nicht gedacht; ich bemerkte freilich schon, daß die Nummern desselben nicht mit denen der Bibliothek selbst übereinstimmend waren, sah aber nur was mir in der kurzen Frist von zwei halben Stunden vorgelegt wurde.

Sie fragen mich, wie weit Sie sich auf die Untersuchung der Handschriften Augsburger Chrroniken einlassen sollen? Meiner Meinung nach, sollten Sie sich auf die Aufsuchung des Anonymus und des Zeng beschränken; da es aber für diesen Zweck erforderlich ist, alle älteren Handschrriften Augsburger Chroniken durchzusehen, so würde es freilich recht nützlich sein, wenn Sie Ihre Berichtigungen in den Mezger’schen gedruckten Katalog (etwa auf durchschossenen Blättern) mit kurzen Notizen eintragen wollten, ohne doch auf eine nähre Beschreibung schon jetzt einzugehen, welche der Beurteilung der späteren Chroniken vorbehalten bleiben kann. Ebenso werden dergleichen Notizen über das, was Ihnen im Stadtarchiv vorkommt, sehr erwünscht sein. Von anderen Augsburger Bibliotheken ist mir, ausgenommen von der bischöflichen, in der sich keine Chroniken finden sollen, so gut wie nichts bekannt; hierüber wird Herr Domcapitular Steichele gewiß – am besten Auskunft geben können. Über den früheren Bestand der Augsburger Bibliothek gibt ein Buch von Hirsching, Beschreibung der Bibliotheken etcetera Auskunft; vielleicht können Sie es in der Stadtbibliothek haben.

Wie viel Zeit Sie in Augsburg verwenden wollen, überlasse ich Ihrem Ermessen, und wünsche nur daß Sie in gegenwärtiger Jahreszeit auf Ihre Gesundheit die nöthige Rücksicht nehmen, daß Sie sich nicht in ungeheizten oder schlecht geheizten Localitäten verderben. Mit Archivar Herberger wird einige Vorsicht nöthig sein in Beziehung auf die von Ihnen gemachten Funde; ich bin begierig zu erfahren, wie er sich gegen Sie verhalten wird

Wegen Ablieferung des Merkel’schen Codex von Endres Tucher hätte ich eine Beruhigung von Ihnen zu erhalten gewünscht: Sie haben doch mein letztes Schreiben2 in Nürnberg noch bekommen, worin ich Sie darum bat, weil man den Codex von mir zurückgefordert hat?

Herzlichst
der Ihrige
Carl Hegel.