Sie wissen schon, lieber Hegel, wenn ich Ihnen schreibe, so habe ich ein Anliegen. Diesmal betrifft es wenigstens mich nicht direct, sondern meinen Landsmann, Schüler und dereinstigen Neffen Dr. Petersen, der sich als Privatdocent für Philologie und Archäologie in Erlangen habilitiren will. Ich kann ihn trotz aller obigen Titel mit gutem Gewissen empfehlen, denn er ist ein lieber und tätiger Mensch, und ich möchte Sie um so mehr bitten sich seiner freundlich anzunehmen, weil er viel von der Schnödigkeit und Eigenartigkeit norddeutscher Naturen sah, die sich nicht leicht aufschließen und doch nach ihrem innersten Wesen berurtheilt sein wollen. Ich glaube kaum daß es ihm leicht werden wird in fremder Umgebung seinen Platz zu finden, obgleich er das Zeug hat ihn auszufüllen, und daher wünsche ich sehr ihm das soweit ich kann zu erleichtern. Nehmen Sie ihn freundlich und mit gutem Vorurtheil auf, ich habe ihm gesagt daß er sich mit allem Vertrauen an Sie wenden könne. Da er ganz fremd herkommt wird es ihm sehr wichtig sein, über dortige Verhältnisse orientirt und vor manchem falschen Schritt bewahrt zu werden, stehen Sie ihm darin bei. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie dankbar ich Ihnen für alles sein werde, was Sie ihm Freundliches erweisen, da ich ihn und seine Braut sehr lieb habe.
Mit herzlichem Gruß
Ihr
Otto Jahn
Jahn, OttoOtto Jahn11855665718131869Jahn, Otto (1813–1869), in Kiel geborener Altertums- und Musikwissenschaftler, der von 1831 bis 1836 an den Universitäten Kiel, Leipzig und Berlin Archäologie und Klassische Philologie studierte, im Jahre 1836 in Kiel promoviert wurde, dort von 1839 bis 1841 Privatdozent und dann bis 1847 außerordentlicher Professor an der Universität Greifswald war. Von 1847 bis 1850 war er an der Universität Leipzig Ordinarius und dann bis zu seinem Tode an der Universität Bonn; Otto Jahn war mütterlicherseits der Cousin des Jugendfreundes Karl Hegels, Georg Beseler (1809–1888).
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
BonnAuf eine römische Gründung zurückgehende alte kurfürstliche Residenzstadt am Rhein mit menschlichen Besiedlungsspuren, die ca. 14.000 Jahre zurückreichen, nach französischer Herrschaft ab 1815 eine Stadt des Königreiches Preußen, etwa 30 Kilometer nördöstllich von Köln gelegen.
Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz (StBPK), Berlin
NL Hegel 15, Fasz. IV, 3.
SBPK Berlin
1000
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Petersen, Eugen Adolf Hermann11612234X18361919Petersen, Eugen Adolf Hermann (1836–1919), in Holstein geborener Archäologe, der ab 1862 Privatdozent für Klassische Archäologie an der Universität Erlangen war und nach verschiedenen Berufsstationen 1886 Erster Sekretär des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen, von 1887 bis 1905 in Rom wurde.
Michaelis, Ida, verh. Petersen121735292918371915Michaelis, Ida (* 1837), Tochter des Kieler Gynäkologieprofessors Gustav Adolph Michaelis (1798–1848) und der Julie Jahn (1806–1892), war seit 1865 mit dem Klassischen Philologen und Archäologen Eugen Adolf Hermann Petersen (1836–1919) verheiratet, der sich 1862 in Erlangen habilitierte und Privatdozent wurde.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.