Sie können sich wohl denken, wie sehr mich Ihre gestrige Verlobungsanzeige überrascht hat, da ich keine Ahnung davon hatte, daß Sie neben Ihren Handschriften auch mit solchen tief bewegenden Herzensangelegenheiten umgingen. Sie haben einen größeren Entschluß gefaßt, einen wichtigen Schritt für Ihr ganzes Leben gethan! Bei solchem werden wir uns der Abhängigkeit von der Höheren Leitung, unter der wir stehen, mehr als unter gewöhnlichen Verhältnissen bewußt. Denn mehr durch äußere Fügung, durch ein unerklärliches Zusammentreffen von Umständen, durch wunderbare | fremde Führung als durch eigenes Zuthun und beabsichtigte Wohl scheint es zu geschehen, daß ein liebendes Paar sich zum ewigen Bund vereinigt. Wenn man aber dies an sich selbst erfahren hat und je lebendiger das Gefühl davon ist, um so stärker ist auch das Vertrauen zu Gott, und um so gewisser die innere Zuversicht, daß die getroffene Wahl eine glückliche sei und daß Gott den einen Bund, der unser Selbstsein zu einem höheren und vollkommenen Dasein erweitert, indem er die bloße Ichheit auflöst, auch segnen würde. Von ganzem und aufrichtig Theilnehmendem Herzen wünsche ich Ihnen solche Zuversicht und solchen Segen! Auch meine Frau nimmt an diesem Wunsche den herzlichsten Antheil. Bis ich Ihre Fräulein
Braut, die Ihnen vielleicht Ihre frühere, sonst nicht eben angenehme Wohnung durch ihr Gegenüber (wenn unsere bloße Vermuthung nicht irrig ist) verzückt hat, selbst kennen lerne, bitte ich mich ihr freundlichst zu empfehlen. –
Ich bedaure auch heute noch nicht selbst kommen zu können, da ich mich doch nicht, obwohl ich nicht mehr krank bin, so weit gestärkt fühle, um nach einer heute Morgen stattfindenden Disputation heute Nachmittag solche Excursion zu unternehmen. Ich will daher meinen Besuch lieber bis zum Mittwoch aufschieben, und bitte die Herren von
Kern und Kerler einstweilen bestens zu grüßen.
Wegen der Heidelberger
Handschriften ist mir durch unser Ministerium gestern eine von Karlsruhe aus veranlaßte Mahnung zugegangen, weil der erbetene Termin vor drei Monaten längst vorüber sei; ich solle deßhalb entweder die Handschriften zurückliefern oder um Fristverlängerung nach- | suchen. Ich denke daß Sie, wenn nicht die Herzensangelegenheit dazwischen gekommen ist, mit der Collation des Augsburger
Anonymus zu Ende sind und in diesem Fall würde ich Sie ersuchen mir die Handschrift sogleich per Post zuzuschicken, da ich lieber nicht ein neues Gesuch abgeben möchte. Auch dürfte es wohl auf zwei, drei Tage nicht ankommen, wenn Sie die Handschrift noch so langen brauchten.
Doch ich muß zur Disputation eilen. Also unter Wiederholung meiner herzlichen Glückwünsche
Ihr
aufrichtigst ergebener
Carl Hegel.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Lexer, MatthiasMatthias Lexer11905732818301892Lexer, Matthias (1830–1892), in Kärnten geborener Privat- und Gymnasiallehrer, Sprachwissenschaftler und Lexikograph, der 1861 wissenschaftlicher Mitarbeiter Karl Hegels am Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“ der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften wurde und ihm auch nach seinem Ausscheiden verbunden blieb. 1863 wurde er außerordentlicher, 1866 ordentlicher Professor für Deutsche Philologie an der Universität Freiburg im Breisgau und war von 1868 bis 1890 Ordinarius an der Universität Würzburg. Im Jahre 1891 folgte er einem Ruf an die Universität München, verstarb aber ein Jahr später.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Bayerische Staatsbibliothek (BSB), München
: Döllingeriana II.
BSB München
1000
Kreis
, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen, Bristol, CT, USA 2012.
Kreis
, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung
2012
Hackmann, Auguste, verh. Lexer-18451919Hackmann, Auguste (1845–1919), Tochter des Nürnberger Kaufmanns Erich Hackmann und der Louise Racer, heiratete 1864 den Germanisten und Mitarbeiter Karl Hegels Matthias Lexer (1830–1892), mit dem sie zwei Söhne und zwei Töchter hatte.
Kern, TheodorTheodor Kern11614072018361873Kern, Theodor (1836–1873) wurde am 5. Mai 1836 in Bruneck in Tirol im Kaisertum Österreich geboren und starb am 18. November 1873 in Veytaux am Genfer See. Theodor Kern stammte aus einer österreichisch-badischen Handwerker- und Beamtenfamilie. Er besuchte das Gymnasium in Innsbruck und studierte seit 1853 zunächst Jura, später Geschichte und Philologie in Innsbruck, Göttingen, Heidelberg und München. Julius Ficker in Innsbruck, Georg Waitz in Göttingen, Ludwig Häusser in Heidelberg sowie Heinrich Sybel in München waren seine akademischen Lehrer. Das Staatsexamen für das Höhere Lehramt hatte er 1857 „mit glänzendem Erfolg“ absolviert. Promoviert worden war er als Schüler Ludwig Häussers im darauffolgenden Jahr 1858 in Heidelberg. 1863 habilitierte er sich über die „Chronik der Stadt Nürnberg vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert“ und wurde im selben Jahr Privatdozent. Er war seit 1859 erster wissenschaftlicher Mitarbeiter Karl Hegels beim Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“, für das er viele Forschungsreisen unternahm. Mit seiner sehr ordentlichen Arbeitsweise war Karl Hegel als Editionsleiter sehr zufrieden. Ab 1866 war Theodor Kern außerordentlicher, 1871 ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Freiburg im Breisgau, wo er einen historischen Verein gründete und die „Zeitschrift für Geschichte des Breisgaus“ herausgab. Auch noch in dieser Zeit blieb er dem Editionsprojekt der „Chroniken der deutschen Städte“ als Mitarbeiter auf Honorarbasis verbunden. 1873 starb der sehr begabte junge Historiker an den Folgen einer schweren Erkrankung.
Kerler, Dietrich
HiKo
11575220X18371907Kerler, Dietrich (1837–1907), Historiker und Bibliothekar, Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek Würzburg, 1883 außerordentliches Mitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Er war Mitarbeiter Karl Hegels (1813–1901) bei seinem großen Editionsunternehmen der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ für die Historische Kommission.
Gärten hinter der Veste49.4625747,11.079149Seit 1825 Stadtteil von Nürnberg, nördlich der Nürnberger Burg.
Karlsruhe49.0068705,8.4034195Im Jahre 1715 als neue Haupt- und Residenzstadt der Markgrafschaft Baden-Durlach angelegte Planstadt, etwa 70 Kilometer nordwestlich von Stuttgart gelegen nahe dem rechten Ufer des Rheines in der Oberrheinischen Tiefebene, östlich der königlich-bayerischen Rheinpfalz, seit 1806 Residenz der Großherzöge von Baden.
Doctor, DoktorDoktor als höchster akademischer Grad und Bezeichnung für jemanden, der einen Doktor-Titel trägt.
Handschrift, HandschriftenIn Handschrift verfasste zumeist ältere historische Quelle(n).
Gott, auch: HerrHier bezogen auf die biblische Schöpfungsgeschichte im Christentum als höchstes gedachtes und verehrtes überirdisches Wesen.
IchheitVon Karl Hegel (1813-1901) gebrauchter Begriff bezogen auf das „Selbstsein“ bzw. Dasein als ‚Single’ vor dem Hintergrund der bewussten Entscheidung, eine Vermählung einzugehen, in der sich dieses „bloße Ichsein auflöst“ und sich „unser Selbstsein auflöst zu einem höheren und vollkommeneren Dasein“ durch diesen Bund, der „durch äußere Fügung, durch ein unerklärliches Zusammentreffen von Umständen, durch wunderbare fremde Führung“ geschehe; sprachgeschichtlich auch Synonym für Egoismus, Selbstbezogenheit, Eigenliebe, Ich- und Selbstsucht.
FräuleinBezeichnung für eine kinderlose, unverheiratete Frau, auch als Anrede für unverheiratete weibliche Personen jeglichen Alters.
DisputationOftmals Synonym für Doktorprüfung in Form eines wissenschaftlichen Streitgesprächs, einer Thesenverteidigung bzw. eines Themas oder Fragenkomplexes, der erörtert wird; auch Vertreten bzw. Verteidigen von wissenschaftlichen Arbeiten zur Erlangung eines akademischen Grades.
ExcursionExkursion als Synonym für Ausflug im Allgemeinen, aber auch Forschungsreise, Studienfahrt, Gruppenfahrt zu wissenschaftlichen und allgemeinen Bildungszwecken.
HeidelbergerZu Heidelberg gehörend, auf Heidelberg bezogen, Heidelberg zuzuordnen.
MinisteriumSeit dem 19. Jahrhundert gebräuchlicher Begriff für die höchste Verwaltungsbehörde eines Landes mit einem bestimmten, ihr zugewiesenen Aufgabenbereich im Sinne von Ressort sowie Dienststelle; darüber hinaus auch die Gesamtheit der Minister, Ministerrat und Regierung bedeutend.
Königliches Staatsministerium (Bayern)Bezug auf eines der königlichen Staatsministerien in Bayern.
CollationKleine Mahlzeit, Imbiß.
AugsburgerZu Augsburg gehörend, Augsburg betreffend, auf Augsburg bezogen; in Augsburg lebender Mensch bzw. lebende Menschen.
AnonymusSynonym für einen unbekannten Verfasser.
Post Gasthaus in Berchtesgaden; Synonym für Postwesen als Überbegriff für die gewerbliche Beförderung und Verteilung schriftlicher Nachrichten durch entsprechende zuständige Institutionen (z. B. privates Unternehmen, staatliche Einrichtung etc.); erste Errichtung von Poststationen bereits in der römischen Antike unter Augustus (63 v. Chr.-14 n. Chr.); im deutschsprachigen Raum wurde der Begriff Post im 16. Jahrhundert geläufig; auch: Postkutsche zum Personentransport.