Obwohl so werthvolle Manuscripte aus der Bibliothek nicht entliehen werden, habe ich in Berücksichtigung des wichtigen wissenschaftlichen Zweckes, das opus postumatum des seligen
Siegfried Hirsch recht sorgfältig und genau herauszugeben und bearbeiten, und um den Kostenaufwand der eigenen Sendung eines Mitarbeiters zu einsparen – gestern ganz Ihrem geehrten Wunsche darauf freundlich entsprechend, den 3 benannten Codices an das Nürnberger
Archiv-Conservatorium unter Angabe Ihres Auftrages abgeschickt und den Recognitionsschein zur Contrasignatur dorthin beigelegt.
Die Betreffenden Notizen sind nur kurz, aber geschichtlich wichtig, und bereits mehrmals wurden diese Data 2mal von Hirsch, 2mal von Giesebrecht und 1mal von Jaffé (die letzteren beiden trafen im August 1859 zusammen auf der Bibliothek ein, Giesebrecht hielt sich behufs Forschung zur Geschichte
Heinrichs 5 Wochen auf) benützt | und abgeschrieben, dem
Jaffé vor dem Abdrucke in den Monumenta Germaniae Historica auch nach Berlin gesendet usw.
Wenn Ew. Wohlgeboren die Collection der Abschrift nach Göttingen an Professor
Waitz senden, bitte ich zugleich mich demselben zu empfehlen, den ich 1850 schon bei einem Besuche auf der Bamberger Bibliothek persönlich kennenlernte und ihm gefälligst zu bemerken, daß ich auch deshalb bereitwilligst die Codices aus Bamberg abgesendet, und die Kosten einer persönlichen Abschrift in Bamberg ersparen wollte, weil ich die Hoffnung hege, derselbe werde mit derselben freundlichen Rücksicht, welche Giesebrecht durch Schenkung seiner Geschichte des deutschen Kaiserthums an die Bibliothek bewiesen nach Herausgabe, Hirschs Monographie über Kaiser Heinrich II – auch dieses Werke der Bamberger Bibliothek als erwünschtes ἀντιδῶρον verehren.
Mit ausgezeichneter Hochachtung und Verehrung
ganz ergebenst
Dr. Michael Stenglein.
Stenglein, MichaelMichael Stenglein11942125918101879Stenglein, Michael (1810–1879), war katholischer Theologe und Bibliothekar in Bamberg, mit dem sich Karl Hegel (1813–1901) im Rahmen seiner Recherchen für die Herausgabe der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München austauschte.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Bamberg49.8916044,10.8868478Alte Bischofsstadt in Franken, etwa 60 Kilometer nördlich von Nürnberg an der Mündung der Regnitz in den Main gelegen.
Archiv der Monumenta Germaniae Historica (MGH), München: 30; 192; 338, Schachtel 39, 1875-1902
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MGH Archiv München
1000
Hirsch, SiegfriedSiegfried Hirsch11690592118161860Hirsch, Siegfried (1816–1860), Historiker, war Professor der Geschichte an der Universität Berlin, der jung, nach mehreren Schicksalsschlägen, an der „Halsbräune“ verstarb; sein literarisches Wirken wurde postum auf Anregung Leopold Rankes (1795–1886) veröffentlicht; seine „Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II.“ erschienen in Form von drei Bänden zwischen 1862 und 1875.
Giesebrecht, Wilhelm FriedrichWilhelm Giesebrecht
HiKo
11871736718141889Giesebrecht, Wilhelm Friedrich (1814–1889), in Berlin geborener Historiker, der 1851 außerordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Königsberg wurde, von 1857 bis 1861 dort Ordinarius und anschließend bis 1889 an der Universität München war. Im Jahre 1858 wurde er Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften und von 1862 bis 1889 deren Sekretär. Im Jahre 1875 wurde er Mitglied der neugeschaffenenen Zentraldirektion der MGH in Berlin und wurde Mitglied des Verwaltungsrates und Gelehrtenausschusses des GNM in Nürnberg.
Jaffé, Philipp 11706057718191870Jaffé, Philipp (1819–1870), war ein Historiker (Ranke-Schüler), Philologe und promovierter Mediziner, der unter Georg Heinrich Pertz (1795–1876), mit dem es später zu schweren Zerwürfnissen kam, seit 1854 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei den MGH war und 1862 als erster Geschichtswissenschaftler jüdischer Abstammung in Preußen außerordentlicher Professor für Geschichte wurde; 1868, zwei Jahre vor seinem Freitod, trat er zum evangelisch-lutherischen Glauben über.
Heinrich II., Römischer König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Heinrich II.https://www.deutsche-biographie.de/sfz53169.html#ndbcontent1185482559731024Heinrich II. (973 oder 978–1024), aus der bayerischen Nebenlinie der Ottonen stammend, von 995 bis 1004 und erneut von 1009 bis 1017 Herzog von Bayern, von 1002/1014 bis 1024 Römischer König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
Waitz, GeorgGeorg Waitz
HiKo
11905914218131886Waitz, Georg (1813–1886), in Flensburg geborener Historiker, der nach einem breiten geisteswissenschaftlichen, juristischen und theologischen Studium an den Universitäten Kiel und Berlin 1836 promoviert wurde. Nach seiner Tätigkeit bei den Monumenta Germaniae Historica wurde er 1842 ordentlicher Professor der Geschichtswissenschaft an der Universität Kiel, wechselte 1848 als Ordinarius an die Universität Göttingen und wurde 1858 Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. Als er 1875 Präsident der Monumenta Germaniae Historica in Berlin wurde, ging er gleichzeitig an die Universität Berlin. Er war in erster Ehe mit Clara Schelling (1818–1857), einer Tochter des Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling (1775–1854), verheiratet, in zweiter Ehe mit Helene Franziska Friederike Hartmann (1831–1915), einer Tochter des Generals Georg Julius Hartmann (1774–1856).
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Göttingen51.5328328,9.9351811Circa 100 Kilometer südlich von Hannover und südwestlich des Harzes gelegene Stadt mit einer 1737 eröffneten Universität.
Professor, ProfeßorBerufs- oder Amtsbezeichnung und Anrede für den Inhaber einer Professur an einer Universität oder Hochschule, wobei nicht jeder Professor eine Professur bekleidet; früher auch Bezeichnung für einen Gymnasiallehrer (Gymnasial-Professor) bzw. Lehrer an einer Lateinschule.
Manuscript, ManuskriptManuskript; Manuskript hier auch bezogen auf die Edition von Stadtchroniken Karl Hegels (1813-1901) im Sinne einer Niederschrift des editionsreifen Textes als Vorlage für den Setzer.
opus postumatumPostum, also nach dem Tod des Autors herausgegebenes Werk; siehe auch: Arbeit von Hirsch.
Codex, CodicesKodex, aus dem Lateinischen stammend, Plural Codices, in Bezug auf das Mittelalter bezogen auf eine Sammlung von Handschrift(en), welche zwischen Holzdeckeln zu einer Art Buch zusammengefügt sind; im übertragenen Sinne auch Bezeichnung für eine Sammlung geschriebener oder auch ungeschriebener Verhaltensregeln innerhalb einer Gesellschaft, Menschengruppe, eines Standes etc.
Nürnberger, NürnbergischZu Nürnberg gehörend, Nürnberg betreffend, Nürnberg bezeichnend etc.
Archivconservatorium, Archiv-ConversatoriumDem Königlich Bayerischen Allgemeinen Reichsarchiv untergeordnete, dezentralisierte Archivinstanz.
RecognitionsscheinFormular im Leihverkehr von Bibliotheken (Leihschein).
ContrasignaturGegenzeichnung.
GeschichteGeschichtswissenschaft als Universitätsdisziplin sowie als gymnasiales Unterrichtsfach; auch: historische bzw. gesellschaftswissenschaftliche Abhandlung, Darstellung, Monographie über einen speziellen konkreten oder abstrakten Forschungsgegenstand wie z. B. die Geschichte einer Stadt, Geschichte einer wissenschaftlichen Disziplin etc.
Monumenta Germaniae Historica (MGH)Die im Jahre 1819 auf Anregung Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Steins (1757-1831) gegründete Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde hat die Aufgabe, Geschichtsquellen des Mittelalters durch Editionen der Forschung zu erschließen und mit wissenschaftlichen Abhandlungen zu begleiten. Dem Präsidenten zur Seite gestellt ist eine Zentraldirektion.
Ew./Er./Euer Hochwohlgeboren/Hochwohlgeborener / WohlgeborenAnrede für ein Mitglied des niedrigen Adelsstandes („Hochwohlgeboren“) sowie im 19. Jahrhundert auch zunehmend Anrede für Honoratioren aus dem Bürgertum („Wohlgeboren“).
AbschriftAbgeschriebener Text, Duplikat bzw. Kopie, häufig auch als Hilfsmittel im Rahmen einer historisch-kritischen Edition gebräuchlich bzw. als Textgrundlage einer Edition für die Drucklegung.
Bamberger, BambergischZu Bamberg gehörend, auf Bamberg bezogen, Bamberg zuzuordnen.
Arbeit von Hirsch, Hirschs Monographie über Kaiser Heinrich IISiegfried Hirsch (1816-1860), Historiker, war Professor für Geschichte an der Universität Berlin, der jung, nach mehreren Schicksalsschlägen, an der „Halsbräune“ verstarb; sein literarisches Wirken wurde postum auf Anregung Leopold Rankes (1795-1886) veröffentlicht; seine „Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II.“ erschienen in Form von drei Bänden zwischen 1862 und 1865.
KaiserEines der ältesten germanisch-deutschen Lehnwörter aus dem Lateinischen von „Caesar“ als Beherrscher des römischen Reiches, Träger der höchsten weltlichen Macht; mit Ende des antiken Kaisertums in der westlichen Reichshälfte 476 n. Chr. (im oströmisch-byzantinischen Reich noch bis 1453 bestehend) ging das weströmische Kaisertum zunächst verloren, bis es durch die päpstliche Krönung Karls des Großen im Jahr 800 in erneuerter Form als abendländisches Kaisertum wieder errichtet wurde.
ἀντιδῶρον (: ἀντίδορον)
Das von Stenglein benutzte griechische Wort „ἀντιδῶρον“ heißt umschrieben: antidoron, a)nti/doron also „Gegengeschenk“. Offenbar hat er, was leicht passieren kann, die dritte Silbe dieses Wortes mit Omega, also mit langem o = ῶ geschrieben und auch so akzentuiert, nicht, wie es korrekt wäre, mit einem kurzem o, also mit einem Omikron; richtig lautet das Wort also: „ἀντίδορον“.