Bei dem lebhaften Interesse, welches ich an der zu erwartenden Bewerbung des Dr. Plath1 um die hiesige Bibliotheksstelle2 nehme, wünsche ich möglichst in den Stand gesetzt zu werden etwaiger Bedenken, die ihm hinderlich sein möchten, mit Erfolg gar entgegenzutreten. Ich selbst habe nach Allem, was ich von seinen bibliothekarischen und sonstigen Leistungen gesehen, eine sehr vortheilhafte Meinung von seiner Qualification für das in Rede stehende Amt, aber ich weiß weder irgend etwas von seinen Antecedentien, noch von seinem persönlichen Charakter, auf welchen besonders was die Uneigennützigkeit, | die Bescheidenheit und die Verträglichkeit betrifft, gleichfalls sehr viel ankommt. Über seine Antecedentien wird uns Herr Dr. Plath, wie wir erwarten, selbst benachrichtigen; in Ansehung seiner bibliothekarischen Leistungen und seines persönlichen Charakters aber wünschte ich besonders Ihr persönliches Urtheil zu vernehmen, um darnach die Art und Weise meiner Befürwortung seines Gesuchs einzurichten. Vor Allem bedarf es seiner genügenden Aufklärung darüber, wie es kommt, daß ein Mann von seinen Kenntnissen, den man nach München zur Ausführung einer besonders schwierigen und umfänglichen bibliothekarischen Arbeit berufen hat, ein Mann in vorgerückten Jahren – ich schätze ihn für einen Fünfziger – noch keine bleibende Anstellung gefunden hat. Ich vermuthe, daß der Plath, ein |Hamburger so wie ich weiß, auch Protestant ist, doch ist auch das nöthig sicher zu wissen, da unsere Theologen hinsichtlich ihres Fachs darauf Gewicht legen.
Ich bitte Sie mir gefälligst auf meine Fragen baldige Antwort zu geben, damit ich sie hier bei meiner Rückkehr von Schweinfurt am Sonnabend Abend oder Montag früh hier vorfinde. Bei der entscheidenden Senatssitzung hoffe ich jedenfalls hier anwesend zu sein.
Hochachtungsvollst und ergebenst
Carl Hegel.
1Der aus einer Hamburger Kaufmannsfamilie stammende Historiker, Sinologe und Bibliothekar Johann Heinrich Plath (1802-1874) wurde 1824 in Göttingen promoviert, fünf Jahre später erfolgte die Habilitation, woraufhin er Privatdozent an der Göttinger Universität wurde. 1836 wurde er dort aufgrund seiner liberalen Haltung und seiner daraus resultierenden politischen Aktivitäten zu einer zwölfjährigen Zuchthausstrafe verurteilt, 1843 vorzeitig entlassen. Nach weiteren Stationen in Hamburg und Frankfurt, wo er auf Anregung der Nationalversammlung als Bibliothekar bei der neugegründeten Reichs- und Parlamentsbibliothek arbeitete, ging er schließlich um 1850 nach München, wo er als Privatgelehrter bis zu seinem Lebensende wirkte und einen Realkatalog der königlichen Bibliothek auszuarbeiten begann. Zu ihm vgl. einführend DB . 2Stelle an der Universitätsbibliothek Erlangen.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Halm, KarlKarl Halm10015846318091882Halm, Karl (1809–1882), war ein in München geborener und gestorbener Klassischer Philologe, der zunächst als Gymnasiallehrer in München wirkte, bevor er 1856 Ordinarius an der Münchener Universität wurde und zugleich zum Direktor der Hof- und Staatsbibliothek, der heutigen Bayerischen Staatsbibliothek in München, avancierte. Karl Hegel (1813–1901) arbeitete mit ihm vornehmlich im Rahmen seines großen Editionsunternehmens der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München eng zusammen.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Bayerische Staatsbibliothek (BSB), München
: Döllingeriana II.
BSB München1000
Plath, Johann Heinrichhttps://www.deutsche-biographie.de/sfz96244.html#ndbcontent11874102018021874Plath, Johann Heinrich (1802–1874), war Historiker, klassischer Philologe, Sinologe, Privatgelehrter und Bibliothekar; von 1860 war er außerordentliches und ab 1865 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Hamburg53.550341,10.000654Alte Hanse- und Hafenstadt an der Elbe, etwa 100 Kilometer vor deren Mündung in die Nordsee.
Schweinfurt50.0499945,10.233302Etwa 130 Kilometer östlich von Frankfurt am Main und etwa 100 Kilometer nordwestlich von Nürnberg am Main zwischen Steigerwald im Osten und Spessart im Westen gelegene ehemalige Reichsstadt des Heiligen Römischen Reiches, die von 1810 bis 1814 zum kurzlebigen Großherzogtum Würzburg gehörte und dann an das Königreich Bayern fiel. Im Jahre 1852 entstand ein Bahnanschluß.
Universitätsbibliothek, Universitäts-Bibliothek ErlangenDie Erlanger Universitätsbibliothek wurde 1743 zusammen mit der Gründung der Universität durch den Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth (1711-1763) gegründet und verfügt heute über mehrere Standorte sowie Teilbibliotheken, die sich teilweise auch aus Fusionierungen der Universität und Neugründungen von Fakultäten im weiteren Verlauf der Universitätsgeschichte ergaben.
Antecedentien (Antezendenzien)Plural von Antecedens/Antezedens (= Vorausgegangenes), hier: Vorleben, frühere Lebensumstände.
SonnabendSynonym für: Samstag.
Senat, akademischer (Universität Erlangen)Akademischer Senat der königlichen Universität Erlangen.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis