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Karl Hegel an Karl Halm, Erlangen, 23. Juli 1862

Verehrtester Herr College!

Bei dem lebhaften Interesse, welches ich an der zu erwartenden Bewerbung des Dr. Plath1 um die hiesige Bibliotheksstelle2 nehme, wünsche ich möglichst in den Stand gesetzt zu werden etwaiger Bedenken, die ihm hinderlich sein möchten, mit Erfolg gar entgegenzutreten. Ich selbst habe nach Allem, was ich von seinen bibliothekarischen und sonstigen Leistungen gesehen, eine sehr vortheilhafte Meinung von seiner Qualification für das in Rede stehende Amt, aber ich weiß weder irgend etwas von seinen Antecedentien, noch von seinem persönlichen Charakter, auf welchen besonders was die Uneigennützigkeit, die Bescheidenheit und die Verträglichkeit betrifft, gleichfalls sehr viel ankommt. Über seine Antecedentien wird uns Herr Dr. Plath, wie wir erwarten, selbst benachrichtigen; in Ansehung seiner bibliothekarischen Leistungen und seines persönlichen Charakters aber wünschte ich besonders Ihr persönliches Urtheil zu vernehmen, um darnach die Art und Weise meiner Befürwortung seines Gesuchs einzurichten. Vor Allem bedarf es seiner genügenden Aufklärung darüber, wie es kommt, daß ein Mann von seinen Kenntnissen, den man nach München zur Ausführung einer besonders schwierigen und umfänglichen bibliothekarischen Arbeit berufen hat, ein Mann in vorgerückten Jahren – ich schätze ihn für einen Fünfziger – noch keine bleibende Anstellung gefunden hat. Ich vermuthe, daß der Plath, ein Hamburger so wie ich weiß, auch Protestant ist, doch ist auch das nöthig sicher zu wissen, da unsere Theologen hinsichtlich ihres Fachs darauf Gewicht legen.

Ich bitte Sie mir gefälligst auf meine Fragen baldige Antwort zu geben, damit ich sie hier bei meiner Rückkehr von Schweinfurt am Sonnabend Abend oder Montag früh hier vorfinde. Bei der entscheidenden Senatssitzung hoffe ich jedenfalls hier anwesend zu sein.

Hochachtungsvollst und ergebenst

Carl Hegel.