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Karl Hegel an Matthias Lexer, Erlangen, 23. November 1862

Lieber Herr Doctor!2

Ihre letzten Mittheilungen vom 21.3 haben mir viel Vergnügen bereitet. Der gute Erfolg, den Sie erzielt haben, ist gewiß der sicherste Beweis von der Zweckmäßigkeit Ihres Operationsplans und ich bin damit vollkommen zufrieden gestellt. Besser konnten wir es uns nach den gegebenen Umständen gar nicht wünschen.

Was nun die Benutzung der Repertorien betrifft, so ist es für jetzt nur um die allgemeine Kenntnißnahme des in dem Archiv Vorhandenen zu thun, damit man übersehen kann, welcher Stoff für die Bearbeitung sich uns bietet. Specieller aber gehen uns gewiß der Anonymus u nd Zink an, welche zuerst vorgenommen werden sollen. Bei der Durchsicht der Verzeichnisse der Chronikenhandschriften fragt es sich also vor Allem: sind etwa noch solche Chroniken oder derartige Denkwürdigkeiten, berichtende Aufzeichnungen etc. vorhanden, welche in den Bereich jener beiden fallen und ihnen zur Ergänzung dienen? Dergleichen Sachen können aber auch unter anderen Titeln als unter dem von Chroniken sich finden, unter Familiengeschichten z. B. Dann ist weiter zu sehen, was uns sonst für die Bearbeitung jener frühesten Chroniken des 14. und 15. Jahrhunderts dienen kann. Sie wissen selbst, von welcher Art dies ist: Rechnungsbücher, Briefbücher und dergleichen. Hier ist wünschenswerth, daß Sie bemerken, von welchem Zeitpunkt diese Schreiben anfangen, und ich möchte auch, daß Sie die ältesten derselben gleich selbst in die Hand nehmen, um zu sehen, wie sie gedruckt und eingerichtet sind.

Wenn freilich Herberger diese Handschriften alle erst numeriren wollte, ehe er sie Ihnen in die Hand drückt, so können wir nicht von der Stelle. Aber auf Citate im Einzelnen sich einzulassen, scheint doch für jetzt kaum nöthig. Denn ich hoffe doch, daß uns die Repertorien künftig ebenso gut, wie jetzt, zugänglich sein werden, und so auch die Handschriften selbst.

Nur auf die allgemeine Orientirung kommt es wie gesagt, für jetzt an. In Ansehung der Urkundenrepertorien ist daher auch uns nöthg, die Titel und Einrichtung dieser Repertorien anzusehen: ob die Urkunden bloß chronologisch oder noch sachlich geordnet sind?

Überhaupt würde es wohl nützlich sein, wenn Sie ein Verzeichniß aller Repertorien (es werden ja wohl nicht viele sein) nach ihren Titeln anlegen werden. Damit man sie künftig nach denselben wieder verlangen kann. Sie verstehen wohl, ich meine nur die Aufschriften, der einzelnen Reperorienbände oder Regest-Abhandlungen als: Urkundenregest, Chronikenregest. usw.

Sollten Sie, um auf die zuerst erwähnten Chronikenhandschriften zurückkommen, unter diesen noch etwas finden, wie gleichzeitige Familiendenkwürdigkeiten oder Beschreibungen einzelner Ereignisse aus der Zeit des 14. oder 1 Hälfte des 15 Jahrhunderts, was für uns von unmittelbarer Wichtigkeit wäre für die Bearbeitung des Anonymus und des Zink, so würde zu erwägen sein, ob es nicht gerathen wäre, wenn nicht sogleich, doch in Bälde – etwa wenn Sie mit dem Schürstab und den andern dringendsten Sachen ganz fertig sind – deren Abschrift zu nehmen. Doch für jetzt will ich Sie nicht länger in Augsburg aufhalten, als zur allgemeinen Recognoscirung nöthig ist. Und damit werden Sie wohl in ein Paar Tagen fertig werden. Gut wird es aber doch sein, wenn Sie mir gleich davon Nachricht geben, wie sich die Sache anläßt, damit ich mich noch bestimmter darüber aussprechen kann.

Nach Nürnberg konnte ich seither nicht wieder kommen.

Herzlichst
der Ihrige
Hegel.