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Karl Hegel an Ferdinand Frensdorff, Erlangen, 9. Mai 1863

Geehrter Herr Doctor!

Durch Professor Waitz bin ich benachrichtigt, daß er Sie geneigt gefunden habe, die Aufgabe, welche Herrn Dr. Usinger bestimmt war, zu übernehmen. Ich wünsche uns und der Sache Glück zu Ihrem Entschluß und danke es meinem verehrten Freunde, daß er in einer mir so ganz willkommenen Weise für den Ersatz, den wir brauchten, gesorgt hat; wenn ich es auch in hohem Grade bedauern muß, daß Dr. Usinger durch seinen Gesundheitszustand sich veranlaßt sah, einen ihm lieb gewordenen Plan gänzlich aufzugeben. Ich bitte ihn von mir zu grüßen und in Erwiderung auf seinen letzten Absagebrief1 ihm meine herzliche Theilnahme für sein Leiden und den besten Wünschen für künftige Besserung auszusprechen. | Sie kennen bereits durch Herrn Usingers Mittheilung die Art der Arbeit, welche ich nun ganz in Ihre Hände zu legen wünsche. So wissen Sie auch, was bereits vorbereitend für dieselbe geschehen ist. Die Texte der beiden sehr werthvollen Augsburger Chroniken aus dem 14 und 15 Jahrhundert, des bei Mone abgedruckten Anonymus und des fragmentarisch oder lückenhaft gegebenen Zeng (richtiger Zink) bei Oefele, sind nach den besten Handschriften hergestellt, außerdem noch mehrere kleinere Städte, welche selbständig neben diesen hergehen und noch ungedruckt sind, ebenfalls im Texte fertig. Ferner hat Dr. Lexer eine Concordanz von 6 oder 7 Chroniken von Augsburg angefertigt, welche dem historischen Bearbeiter außerordentlich dienlich sein muß. Eine kurze summarische Übersicht des im Augsburger Stadtarchiv enthaltenen Materials liegt ebenfalls vor. Somit ist Alles gethan, was von andrer Seite gethan werden konnte u[nd] Sie können ohne weitere Umwege, ohne aufhaltendes Suchen ans Werk selbst gehen.2

Sehr erwünscht wäre es mir, wenn Sie sofort hierher | kommen könnten, noch vor Pfingsten3, wenn ich Sie bis Freitag 15 dieses Monats Mittags oder Sonnabend dem 16. schon hier erwarten dürfte – ich schreibe Freitag Mittags, weil der Eilzug hier um 2 Uhr Nachmittags ankommt und ich von da an frei bin, so wie am Sonnabend und Sonntag.

Ich würde mich dann zuerst hier bei mir mit Ihnen besprechen und Sie nach Nürnberg begleiten, um dort mit Dr. Lexer zu conferiren. Sie würden dann allein nach Augsburg gehen, wo ich Sie bei Archivar Herberger anmelden würde, mit dem Sie sich so gut als es geht, zu verständigen hätten. Sollten Sie hierbei auf Schwierigkeiten stoßen, so würde ich dann zu Pfingsten selbst dorthin kommen, um die Wege zu ebnen.

Was die pecuniären Bedingungen angeht, so werden sie dieselben sein, die ich Dr. Usinger angeboten habe: eine monatliche Remuneration, die sich auf das ganze Jahr zu 700 florin berechnet; ferner die Fahrkosten der Reise nach Augsburg und, wenn Sie bis zum Herbst dort bleiben, wie ich natürlich annehme, ebenso nach Göttingen zurück; endlich für den Aufenthalt auf der Reise 2 ₰ Diäten per Tag.

Nun erwarte ich nur, daß Sie mir den Tag Ihrer Ankunft anzeigen, um Sie hier zu empfangen und in Augsburg anzumelden. Zum voraus heiße ich Sie nochmals von ganzem Herzen willkommen. Herrn Prof. Waitz bitte ich bestens zu grüßen; ich behalte mir vor ihm nächstens zu schreiben.

Hochachtungsvollst

Prof. Hegel.