Ihren mit Spannung erwarteten Brief vom 21. dieses Monats3 habe ich erst gestern erhalten. Was die Hauptsache betrifft, Ihre Aufnahme im Archiv, so bin ich vorläufig ganz damit zufrieden, daß Sie dort hinlängliche Beschäftigung gefunden; um das Weitere wollen wir noch nicht sorgen. Sie können von Glück sagen, daß Sie beim ersten Schritt schon an dem Punkt sind, den wir in Nürnberg erst nach zwei Jahren erreichen konnten, nämlich die Reihe der Rechnungsbücher zu benutzen, die mir dort so lange vorenthalten wurden. Vor der Masse des Stoffs brauchen Sie nicht zu erschrecken: Sie werden bald die Fertigkeit erlangen, sie zu bezwingen und für’s erste werden Sie ja natürlich in den archivalischen Forschungen nicht über das 14. Jahrh[undert] hinausgehen. Auch werden Sie sich immer gegenwärtig halten, daß Sie nicht eine Geschichte von Augsburg nach allen Richtungen hin aus den ersten Quellen schreiben, sondern nur mit Hülfe von diesen unseren Chroniken erklären, ergänzen, berichten wollen.4 So, um gleich bei dem Zunftaufruhr5 stehen zu bleiben, würde es nicht wohl nicht angehen, alles was Sie hierüber zusammenbringen in Anmerkungen zu geben, sondern dies würde sich nur für einen Excurs eignen: in den Noten hätten Sie sich auf das was zum Verständniß des Textes nöthig ist zu beschränken. Wenn Sie dann zum Städtekrieg übergehen und für die Noten hauptsächlich die gedruckte Literatur über Begriffe und schwäbische Landes- und Städtegeschichte benutzt werden müssen: nur Einzelnheiten werden zur Erläuterung oder Bestätigung die Rechnungsbücher liefern; wenn aber Correspondenzen oder sonst wichtige Urkunden vorhanden wären, so könnten diese ebenfalls nur für eine Beilage dienen.
Auf Herberger’s Gerede ist wenig zu geben, besonders da sich schwer unterscheiden läßt, was daran wahr und was bloß eingebildet oder erdichtet ist. Ebenso wenig muß man sich an seinen Launen kehren, sondern sich das alles gefallen lassen, weil man es nicht mit ihm verderben darf. Doch muß er am letzten Ende doch merken, daß man nicht von seiner Gnade abhängig ist, sondern das Recht hat zu verlangen daß er seine Schuldigkeit thue. Dies habe ich ihm auch in meinem Schreiben6 angedeutet. Nachdem er mein letztes Anerbieten abgelehnt hat wollen wir ihn nun seiner Mitwirkung vorerst gar nicht weiter angehen, sondern ruhig auf unserem Wege fortmachen und abwarten, bis er wieder zu uns kommt. Die wird ohne Zweifel früher oder später geschehen, weil er sich der Angst und Unruhe doch nicht entschlagen kann, daß wir ohne ihn fertig werden. Er ist mir schon einmal mit der Drohung gekommen, daß er den Zink für sich allein herausgeben wolle, will er das wirklich thun, so ist das seine Sache; ich glaube aber nicht, daß er damit zu Rande kommt, selbst nachdem wir ihm den Weg gezeigt haben, wie er zu machen sei; denn wie wollte er z. B. mit dem Text fertig werden? Und wer würde ihm seine Arbeit, selbst ohne Honorar, auch nur drucken? besonders wenn unsere Ausgabe bevorsteht. Höchstens könnte das der Augsb[urger] Historische Verein thun, aber ich glaube nicht dran, daß er es thun wird und noch weniger daß H[erberger] die Arbeit macht oder machen kann. Er hat mir ebenfalls schon vor Jahren, wie Ihnen jetzt wieder gesagt, daß er bereits Vieles gesammelt und vorbereitet habe. Das mag immerhin wahr sein, und ich habe ihm damals, zum Schluß unserer Verhandlung, mich bereit erklärt, seine Arbeiten, falls sie dem Zweck meines Unternehmens entsprechend hierin aufzunehmen und zu honoriren. Herberger hat mir aber weder irgendetwas vorgelegt, noch auch nur auf mein Anerbieten geantwortet. Unter den gegenwärtigen Umständen scheint es mir nun am angenehmsten so zu verfahren. Sie warten ruhig ab, bis er selbst Gelegenheit nimmt wieder auf mein Anerbieten zurückzukommen, oder von den Arbeiten, die er bereits gemacht, zu sprechen. Dann können Sie ihm sagen daß, wenn er selbst die Chroniken bearbeiten und herausgeben wolle, dies natürlich ganz seine Sache sei, wobei er sich die entgegenstehenden Schwierigkeiten, das ohne unsere Hülfe und Unterstützung zu thun, jedoch nicht verhelen würde; vortheilhafter aber würde es gewiß für die Sache selbst, sowie für beide Theile, und für ihn nicht minder ehrenvoll sein, wenn er seine bereits gemachte Sammlung und Vorarbeiten mir überlassen wollte; die ich dann auf angemessene Weise honoriren und unter seinem Namen, so weit wir Gebrauch davon machen können, herausgeben würde. Es wird sich dann bald zeigen, in wie weit es ihm wirklich Ernst mit seinem Vorgeben ist und ob er wirklich schon direct auf die Bearbeitung der Chroniken bezüglichen Vorarbeiten und Sammlungen gemacht hat, was ich selbst noch zu bezweifeln nicht umhin kann. Jedenfalls habe ich mit solchem meinem Anerbieten das Letzte gethan, was ich thun kann und will.7 –
Sie haben von mir Reisekosten und Diäten, worauf ich Ihnen vorschußweise 35 florin gezahlt, zu fordern; außerdem die Remuneration für einen halben Monat, welche Ende Mai fällig ist. Ich ersuche Sie zwei Quittungen hierüber auszustellen, die eine über den Betrag der Fahrkosten nebst den Diäten a 3 ½ florin (2 ₰ ) für so viel Reisetage, die werden über die halbmonatliche Remuneration zu 29 florin 10 Kreuzer über Ihre Auslagen an Porto ersuche ich Sie besondere Rechnung zu führen (das Porto von Augsburg hierher macht 6 Kreuzer, wenn frankirt).
Da ich zum Prüfungscommissär bei dem St. Anna Gymnasium ernannt worden bin, werde ich schon zu Ende Juli nach Augsburg kommen. Herrn von Greiff bitte ich bestens zu grüßen, auch wünsche ich, daß Sie eine passende Wohnung gefunden haben mögen und daß Sie mir recht bald wieder Nachricht von dem Fortgang Ihrer Arbeiten geben.