XML PDF

Karl Hegel an Ferdinand Frensdorff, Erlangen, 25. Juni 1863

Geehrter Herr Doctor!1

Sehr gern habe ich Ihre ferneren Nachrichten2 über den Fortgang Ihrer Arbeiten erhalten. Mit den Rechnungsbüchern, scheint es freilich, geht es viel langsamer vorwärts als Sie sich dachten, und nun kommen erst vermutlich die ergiebigsten Jahre 88 u[nd] 89! Auch Herberger beweist sich sehr zäh und Sie kommen wohl außerhalb des Archivs gar nicht mit ihm zusammen? Haben Sie denn jetzt einen einigermaßen ansprechend[en] Umgang gefunden? Sie schreiben mir ja gar nichts davon wie Sie leben, und es interessirt mich doch davon zu hören, um die Beruhigung zu gewinnen, daß Ihre Existenz in Augsburg, wenn auch nicht eine sehr behagliche, doch wenigstens eine erträgliche sei. -

Sie werden doch gut thun Herbergern etwas mehr zu Leibe zu gehen. Wenn es keine Correspondenzen giebt so giebt es doch ohne Zweifel Urkunden. Sie haben ein reichhaltiges Verzeichniß derselben vor sich, wissen aber nicht wo sich die Originale befinden. Nun da bedarf es ja, so scheint mir, nur der bestimmt gestellten Frage nach dieser u[nd] jener Urkunde die Sie brauchen z. B. Bestände über den Beitritt Augsburgs zum Städtebund (die Sie auch in den Abschriften nicht zu haben scheinen). Sollte dann Herberger das Vorhandensein desselben verneinen, so würden Sie ihm bemerken, daß er sicher nichts darüber haben werde, daß Sie von seiner Aussage in unserer Publication Gebrauch machen oder besser geradewegs, daß Sie dies thun würden; sollte er jedoch die Herausgabe der Urkunde verweigern, so würden Sie sich auf die mir zugestandene Benutzung des Archivs, durch den Stadtmagistrat, beziehen - und gewiß würde ich dann weitere Schritte bei dann dem letzeren thun.3

Die Mülich’sche Chronik wird demnächst Dr. Lexer, sobald er mit den Dingen, die er gegenwärtig unter Händen hat, fertig geworden, zur Textesbearbeitung vornehmen (wie ich ihm schon früher angekündigt habe). Bei der Bearbeitung des Anonymus kann sie jedoch kaum, wie mir scheint, in betracht kommen, da sie nicht, wie Lexer weiß, den Anonymus in sich aufgenommen hat, sondern auch schon für die ältere Zeit eine selbständige Verarbeitung giebt. Daß sie vielleicht Richtigere hat, mag sein, aber zur Berichtigung des Anonymus können wir das doch nicht brauchen, da wir eben nur aus den ersten Quellen wissen können, was das Richtige ist, und davon die Berichtigung auch nur aus diesen schöpfen u[nd] geben dürfen. Nur gelegentlich mögen Sie die spätere Chronik, z. B. zum Zweck der Bestätigung u[nd] einer außerdem nicht zu entscheidenden zweifelhaften Sache, heranziehen. –

Ihre beiden Quittungen werde ich nach München einsenden u[nd] werden Sie das Geld von dorther gegen den 1. des nächsten Monats erhalten.

Kern u[nd] Lexer befinden sich wohl.

Hochachtungsvoll
der Ihrige
Carl Hegel