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Susanna Maria Hegel, geb. Tucher, an Karl Hegel, Erlangen, 12. August 1863

Mein Liebster!

Eine freudige Überraschung war mir heute Morgen Dein lieber Brief1, der mir Deine Grüße und gute Nachricht von Dir bringt. Gottlob, es steht auch bei uns gut, die Mädchen haben recht gut geschlafen, Mariechen zwar einige Male durch Husten gestört, aber doch schlief sie viel. So sind auch die Temperaturen heute Morgen sehr gut: Anna 36,52 (sie hat mir selbst aufgetragen es Dir nebst herzlichem Gruß zu schreiben), Luischen 36,0, Mariechen 35,7. Unser armer Bubi hingegen hat mal gejammert über seine geschwollene Lippe, die ganz hoch und gespannt ist, und er hat wohl in Folge der schlechten Nacht die höhere Temperatur 36,9; doch hat er guten Appetit und schläft jetzt seit ein Paar Stunden recht ruhig. Hoffentlich kann ich Dir immer gute und bessre Nachrichten geben, daß Du ohne Sorge an uns zurückdenken kannst, (auch an Vogel, Eipheu3 und Uhr).

Unserm kleinen Sigmundle geht es auch wenigstens nicht schlimmer4, und mit Gottes Hülfe wird er das Übel bald ganz verlieren und die Übersiedlung nach Nürnberg seiner Zeit ertragen.

Meine Frau Zielbauerin wird mir wahrscheinlich heute noch abgefordert und ich bin froh, daß Emilie heute kommt, wir müssen eben sehen, wie wir uns behelfen. Auguste ist gestern gar nicht mehr gekommen, sie hat wohl gemerkt, daß sie (da ich von ihrer Schuld an Rosel sprach) Nichts zu erwarten habe.

Deine Erwähnung des schönen Balkons und des frischen, schattigen Gartens hat mich ordentlich schön sehn- süchtig gemacht, denn es ist heute wieder unerträglich heiß und ich denke mit Bedauern Deiner Fahrt nach Augsburg; bis Du diese Zeilen erhältst ist aber Alles überstanden und fühlst Dich recht wohl und erquickt in der herrlichen Alpenluft. Wann wir an unsre Übersiedlung denken können, weiß ich freilich gar nicht, Ziemssen ist bis jetzt nicht gekommen, doch hoffe ich im Laufe der nächsten Woche.

Der Briefbote hat mir heute die Zeitung nach gebracht, da sie noch nicht überwiesen ist, ich schicke sie Dir mit, soll ich die andern Nummern, die vielleicht noch kommen Dir unter Kreuzband schicken?

Gott befohlen, Liebster, möge es Dir gut gehen und Du recht frisch und kräftig zu uns zurückkehren, dann will ich das Alleinsein gerne ertragen.

Von ganzem Herzen
Deine Susanna.

Ich komme so eben von meinem einsamen Mittags-Mahl. Mimile hat noch geschlafen nach ihrem Bad, das sie heute Morgen mit dem kleinen Bruder genommen; sie ist sehr munter und fröhlich, vermißte Dich heute Morgen beim Frühstück und plauderte in ihrer unverständlichen Sprache von Papa und all‘ den Geschwistern. Die haben eben auch ihre Suppe gegessen und sind verhältnismäßig wohl. Der Bubi ist ruhiger seit seinem Schlaf und Mariechen hat eben um die Fortsetzung der gestern angefangenen Geschichte gebeten; es freut mich so, daß sie Theilnahme zeigt, wenn ihr auch das Sprechen beschwerlich ist.

Adieu! Gott sey mit Dir und uns, Er schütze und begleite Dich und führe Dich glücklich wieder zu uns. Ich umarme Dich im Geiste.